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Arens, Fritz [Bearb.]; Bauer, Konrad Friedrich [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 2 : Heidelberger Reihe ; Band 2): Die Inschriften der Stadt Mainz von frühmittelalterlicher Zeit bis 1650: auf Grund der Vorarbeiten von Konrad F. Bauer — Stuttgart: Druckenmueller, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.52057#0043
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Füßen von Heiligen der verstorbene Stifter kniete. Was davon bei einer Neuverglasung des
Domes im Jahre 1757 1 übrigblieb, das beseitigten die Brände von 1767 und 1793 und die
folgenden Kriegsjahre. Was etwa im 19. Jahrhundert in den Mainzer Kirchen St. Quintin2
und St. Stephan3 erhalten war, das wurde durch die Explosion des Pulverturms 1857 ver-
nichtet4.
Die Stiftung eines Ausstattungsstückes, also beispielsweise eines Wandgemäldes, war aber
wohl doch nur auf bestimmte Domherren beschränkt, die dazu das Geld opfern konnten,
das Interesse aufbrachten und denen die Stiftung vom Domkapitel abgenommen wurde. Die
Aufhängung eines Totenschildes scheint dagegen gewissermaßen Ehrensache oder Ehren-
pflicht eines jeden Stiftsherrn gewesen zu sein. Wir finden diese in solchen Massen, daß wir
annehmen können, ursprünglich sei für jeden verstorbenen adligen Domherrn ein solcher
Totenschild dagewesen. Der Totenschild ist also das an der Wand hängende Grabmal des
mittelalterlichen Domherrn.
T otenschilde
Der Totenschild entstand aus der Sitte, über dem Grab des Kriegers dessen Schild aufzu-
hängen. Die frühen Marburger Totenschilde sind offenbar ursprünglich noch Kampfschilde
gewesen, später werden eigene Schilde für die Aufhängung in der Kirche angefertigt5.
Dann wird es üblich, den Schild mit Helm und Helmzier zu versehen und das Ganze
auf eine kreisrunde Scheibe plastisch oder in Malerei aufzusetzen, die Inschrift lief dann am
Rande des Kreises um. Der Totenschild wurde nun nicht mehr allein für Krieger, sondern
für alle Adligen, auch für die im geistlichen Stande, schließlich auch für Patrizier und Bürger
verwandt. In Mainz kommt auch der Fall vor, daß die Totenschilde im Dom aufvehänm wur-
den. das Grab der Domherrn sich aber auswärts befand. Man wollte eben in der Reihe der
Schilde auch vertreten sein und so das Gedächtnis lebendig erhalten6.
In früherer Zeit hingen 148 Totenschilde in der Memorie, der Nikolauskapelle und einige im
Kreuzgang. Wenn man den verhältnismäßig kleinen Raum der Memorie berücksichtigt, deren
Wände von dem Chörchen, von 4 Portalen, einer Tür und drei Grabmälern eingenommen
werden, dann müssen die Totenschilde schon sehr dicht gehangen haben, um hier alle Platz zu
finden. Von der großen Zahl der Schilde im Dom und den vielen, die in den Kirchen vor-
handen waren, ist kein einziger übriggeblieben. so daß wir keinerlei Vorstellung haben, wie
die Totenschilde in Mainz aussahen. Es ist jedoch anzunehmen, daß sie die Größe, die kreis-
runde Form mit am Rande umlaufender Inschrift und das plastisch angeführte Wappen
hatten, wie wir es in der Nachbarschaft (Frankfurt! und sonst überall finden. Die Sitte der
Anfertigung der Totenschilde wurde zäh bis in die Neuzeit hinein beibehalten. Zwar hat das
18. Jahrhundert nur noch ein Beispiel, doch im 17. Tahrhundert findet sich noch eine beacht-
liche Anzahl. Man kann den Rückgang vielleicht wirklich so deuten, daß das Wandepiranh
den Totenschild, der ja dessen Vertreter im Mittelalter war, verdrängt hat. — Von allen
Holzarbeiten im Dom war das Schicksal der ausschließlichen Vernichtung den Totensch’lden
beschieden. Es blieb in Mainz kein einziges Stück übrig, ia wir können nicht einmal ein
solches, das nach auswärts verschleppt wurde, nachweisen! Bodmann berichtet uns. wie die
Schilde zugrunde gingen7: „diese sämtliche Scuta nebst allen im Dom befindlichen Kirchen-
und Sacristey-mobilien wurden im I. 1801 den 13. febr. und folgg. von der französ. ,Inspec-
torie des domaines Nationaux‘ öffentl. versteigert und um einige Livres und sols. ver-
kauft: ich habe solche gerettet und gekauft sub conditione, daß sie dort in loco verbleiben
könnten. Sed eheu fatum! Der Herr Bischof von Mainz wußte nicht, daß sie mein Eigen-
thum waren, ließ sie A. 1805 abnehmen, schenkte sie seinem Schwager, der die Dom-Sur-
veillance hat, welcher sie in diesem Winter 1805 —1806 zum Ofenheizen verbraucht hat. Hoc
fatum demum comperi A. 1809 9. Septembr. Bn..«

1 Schaab II S. 74. —
2 Forschner, St Quintin S. 19. —
3 Festschrift St. Stephanskirche zu Mainz. 1938 S. 38. —
4 Kdm. Dom S. 167. —
5 F. Warnecke, Die mittelalterlichen heraldischen Kampfschildc in der St. Elisabethkirche zu Marburg. Berlin 1884. — (Falk?)
Totenschilde in mittelalterlichen Kirchen. Gesch. Bl. I, 1883 S. 114. —
6 Vergl. z. B. Martin Truchses v. Pommersfelden t 1538 (Nr. 382), der im Speyrer Domkreuzgang begraben wurde.
1 Bodmann im Gudenusexemplar der Stadtbibliothek II S. 861, danach Kdm. Dom S. 393. —

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