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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Contr.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Contr.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Contr.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Contr.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Contr.]; Arens, Fritz [Oth.]; Bauer, Konrad Friedrich [Oth.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 2 : Heidelberger Reihe ; Band 2): Die Inschriften der Stadt Mainz von frühmittelalterlicher Zeit bis 1650: auf Grund der Vorarbeiten von Konrad F. Bauer — Stuttgart: Druckenmueller, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.52057#0050
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Dieses lange wüste Daliegen der Kirche wird wohl auch den Untergang vieler Denkmäler
schon im Mittelalter zur Folge gehabt haben, so daß es fraglich ist, ob in dem neuen Chor von
1491 —1494 noch eine nennenswerte Anzahl von Inschriften war. Vielleicht entstand in diesen
Jahren zur Ausschmückung des Chores auch jene spätgotisch-humanistische Nachbildung der
Grabinschrift der Königin Fastrada, die sich seit 1577 im Dome findet (Nr. 1). 1552 wurde das
Stift bei der Besetzung der Stadt durch den Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-
Kulmbach niedergebrannt. Es erholte sich nicht mehr von diesem Schlag. Zwar gelang es
nochmals, dem Chor 1604/05 ein neues Dach aufzusetzen. Vom dreißigjährigen Krieg ab
diente die Kirche aber als Steinbruch. Die Stiftsherren hielten ihren Gottesdienst seit 1552 in
der Stadt, zuerst bei den Dominikanern, vom 25. Juli 1682 ab, zusammen mit den ebenfalls
heimatlos gewordenen Stiftsherren von St. Ferrutius in Bleidenstadt in der 1666 erbauten Se-
bastianskapelle auf dem Höfchen (die damals auch Albanskirche genannt wurde). Mit der
Säkularisation verschwand auch das Albansstift. Von seinen Bauten ist heute nichts vorhanden.
An der Albanskirche wirkten offenbar schon in früher Zeit Mönche. Der Grabstein des Abtes
Pertram aus dem Ende des 7. Jahrh. könnte zusammen mit dem des Priesters Badegisel (Abb.
S. [42]) auf eine solche klösterliche Gemeinschaft hinweisen. Erst mit der Gründung durch Erz-
bischof Richulph angeblich 796 und der Weihe der Kirche 805 (Nr. 648,649) erfahren wir von
einer Niederlassung der Benediktiner an dieser Stelle1. Das Kloster wurde auch von König Karl
sehr gefördert, der seine 794 gestorbene Gemahlin Fastrada hier beisetzen ließ (Nr. 1).
Die Benediktinerabtei war wie viele Reichsklöster der Karolingerzeit schon lange ausschließ-
lich von Adligen besetzt2. Die offizielle Umwandlung in ein Ritterstift wurde 1419 vorgenom-
men. Die statutenmäßige Zahl der Stiftsangehörigen betrug 16 Kapitulare (darunter als Prä-
laten Scholaster und Kustos), 4 Domizellare und 12 Vikare. Der Propst war meist kein Mit-
glied des Kapitels, er wurde fast immer aus dem Domkapitel gewählt. Seit 1605 gab es keinen
Dekan mehr, ebenso fehlte seit 1571 der Kantor. Der Vorstand des Kapitels war seit 1605 der
Scholaster 3.
Aus der bewegten Geschichte erklärt sich auch die reiche Fülle verschiedenartiger Inschriften,
die in dem Gebiet von St. Alban gefunden wurden oder nur schriftlich überliefert sind. Auf die
heidnisch — römischen Grabinschriften folgen die frühchristlichen, die hier in größter Fülle zu
Tage gekommen sind. Leider fand sich keine einzige mehr an alter Stelle, da durch die Er-
bauung des die Kirche umschließenden Forts Karl die Steine meist als Baumaterial verwandt
wurden. Dabei wurden sie häufig zerschlagen, so daß wir nur wenige gut erhaltene Grabsteine
haben. Trotzdem ist der frühchristliche Friedhof von St. Alban und die Baugeschichte der
Kirche durch die Ausgrabungen besser als die anderen frühchristlichen Gründungen in Mainz
bekannt.
Seit der Erbauung der karolingischen Kirche sind uns kaum mehr Inschriften im Original er-
halten. Die Bau- und Weihinschriften sind ebenso verschwunden wie die Originalsteine vom
Grab der Königin Fastrada. Bei den vielen Denkmälern der Erzbischöfe von dem Neugrün-
der Richulph bis zu Hatto II. mit ihren langen Gedichten4 scheint es teilweise fraglich, ob
sie jemals ausgeführt waren. Einige davon könnte man für dichterische Versuche halten, die
besonders Hrabanus Maurus (t 856) verfaßt hat und die nie auf Stein übertragen wurden5.

1 Wagner=Schneider II S. 334. —
2 L. Baur, Hessische Urkunden. Darmstadt 1873, V S. 222 Nr. 249. —
3 Severus, Mog. eccl. S. 26. - Die Reihe der Äbte von St. Alban findet sich bei Joannis II S. 734 verzeichnet, ebenso daselbst
S. 790 die Prälaten des Ritterstifts. — Frdl. Mitt, von Dr. H. Hartmann.
4 Solche langen Texte gibt es gleichzeitig auch in Frankreich, Spanien, Nordafrika und Italien, z. B. in Pavia, Montecassino und
S. Ambrogio in Mailand. — E. Diehl, Inscriptiones latinae christianae Veteres. Berlin 1925, I S. 190 f. — Abb. in M. G. Poet,
lat. IV. — F. de Dartein, Etüde sur l'architecture lombarde. Paris 1865—82. S. 71 mit Grabstein des Erzbischofs Anspert
(868-882).
5 Die auf dem Petersberge bei Fulda gefundenen Altarinschriften aus karolingischer Zeit bringen in knappster sachlicher Form
Angaben über Patron und Reliquien der betr. Altäre. Die Tituli des Hrabanus Maurus, die diesen Altären in Versform
gewidmet sind und inhaltlich das Gleiche besagen, sind in völlig anderem Wortlaut abgefaßt. Man könnte also daraus
schließen, daß die Verse des Rabanus niemals angebracht und eine rein literarische Angelegenheit waren. —
Diese Feststellung vom Petersberg sei nur angeführt, weil sie als einziges Beispiel von erhaltenen Inschriften und über-
lieferten Versen des Hrabanus dienen können. (G. Richter, Altertumsfunde auf dem Petersberg bei Fulda, in: Fuldaer Ge-
Schichtsblätter VI, 1907 S. 133 u. A. Schmitt, Die Fuldaer Wandmalerei des frühen Mittelalters. Fulda 1949. S. 20 f.) Prof. Dr.
W. Meyer=Barkhausen, Gießen, der über die Tituli des Hrabanus einen noch unveröffentlichten Aufsatz schrieb, teilt mir mit,
daß er glaubt, daß in den Fuldaer Kirchen doch manche Altartituli des Hrabanus als wirkliche Inschriften angebracht waren.

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