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Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]; Arens, Fritz [Bearb.]; Bauer, Konrad Friedrich [Bearb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 2 : Heidelberger Reihe ; Band 2): Die Inschriften der Stadt Mainz von frühmittelalterlicher Zeit bis 1650: auf Grund der Vorarbeiten von Konrad F. Bauer — Stuttgart: Druckenmueller, 1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.52057#0089
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Eine weitere Differenz besteht in der Datierung: Die Urkunde bringt: imperii vero III,
die Tür: imperii vero secundo. Da alle übrigen Daten übereinstimmen, ist wohl ein
Irrtum anzunehmen. Die Angabe der Indiktion und Regierungszeit des Kaisers Lothar
in der Urkunde und auf der Tür passen allerdings eher auf das Jahr 1134, doch scheint
diese Datumsberechnung nicht genau vorgenommen worden zu sein.
Den Anlaß zur Eingravierung der Inschrift in die Türflügel kann man in zwei einander
entgegenstehenden Gründen suchen. Es wäre denkbar, daß die Bürgerschaft das
wertvolle Dokument öffentlich und gleichsam unzerstörbar angebracht wissen wollte.
In diesem Falle wäre eine ursprüngliche Anbringung der Tür an der Liebfrauenkirche
für möglich zu halten. Wahrscheinlicher aber ist, daß der Erzbischof das Privileg in
die Türen eingraben ließ. Er folgte hier dem Beispiel König Heinrich V., der am
Speyrer Dom 1111 ein Privileg mit goldenen Lettern unter seinem Bildnis in der Vor-
halle anbringen ließ. Auch von Kaiser Friedrich I. war ein solches von 1184 einst
über dem Nordportal des Domes zu Worms angebracht2. Schließlich ist der Erz-
bischof der Aussteller der Urkunde und wird wohl auch diese monumentale Urkunde
veranlaßt haben.
Nun noch zur Schrift3. Es sind 41 Zeilen von je 2 Meter Länge. Alle möglichen
Majuskelformen der gleichen Buchstaben werden verwandt. Das A kommt in 16 ver-
schiedenen Formen vor. Neben den unzialen Buchstaben findet man auch noch das
eckige C, das im 11. Jahrhundert üblich ist. Auch in den Ligaturen herrscht die gleiche
Freude an der Mannigfaltigkeit der Formen. Eingestellte, an vorhergehende und noch
folgende Buchstaben angehängte Buchstaben wechseln, sodaß das Lesen recht schwierig
ist. Offenbar merkte der Schreiber auch selbst, daß er unklar wurde, zum Beispiel in
Zeile 7, wo er in ROMANE das A erst vor das M, dann vor das N nochmals setzte,
um sich so klarer auszudrücken.
Die Kürzungszeichen sind im Wesentlichen aus der Schreibschrift entnommen.
Die Fülle der lebhaft geschwungenen Buchstaben und der unzialen Formen veranlaßt
Bauer, die Entstehung der Türinschrift in das 6. Jahrzehnt des 12. Jahrhunderts zu
verlegen. Dann müßte man allerdings annehmen, daß die Bürgerschaft der wahr-
scheinlichere Urheber der Inschrift ist, denn man kann sich schwer vorstellen, daß
noch ein Nachfolger Adalberts an dieser monumentalen Form der Urkunde Interesse
gehabt hätte.
Das Gesamtbild der Inschrift zeigt die Schwierigkeiten, die der Gravierer durch ihre
Länge und vielleicht auch durch das ungewohnte Material überwinden mußte. Die erste
Zeile ist tiefer graviert, sie hat breitere und weitspationierte Buchstaben. Nur eine
Ligatur kommt hier vor. In der zweiten wird die Gravierung flacher, die Buchstaben
schmäler und die Ligaturen zahlreicher (3). In Zeile 6 und 7 sind es schon je 13 Ligaturen.
Die große Schrift der ersten Zeile wird aufgegeben, sie wird immer kleiner. Auf dem
linken Türflügel wurden Linien angebracht. Offenbar erkannte sie der Künstler als
störend und ließ sie später weg. Von der Mitte der Inschrift ab werden die Buch-
staben wieder größer, um dann gegen Ende zu nochmals kleiner zu werden. Unter
dem Text bleibt in den oberen Türfüllungen noch Platz für einige Zeilen. — Aus den
vielen Unstimmigkeiten kann man entnehmen, daß der Gravierer sich keine Vorzeich-
nung machte, sondern daß er ohne Vorbereitung die Buchstaben eingrub.
Wir haben in dem Adalbertschen Privileg nicht nur die längste Inschrift des Mittel-
alters in Mainz, sondern auch die an Formen und Ligajuren reichhaltigste. Zudem
steht sie unter allen mittelalterlichen Inschriften ganz einzigartig da.
Die Größe der Felder, auf denen der Text steht, ist licht: 161,5:72 cm. Die Inschriften
selbst haben nur eine Höhe von 147 und 150 cm. Die Buchstabengröße wechselt, sie
ist oben geringer als unten. Im Durchschnitt 2,5 bis 3 cm. Die Inschrift muß durch-
laufend über beide Flügel gelesen werden. (Der lateinische Text wird angesichts der
Beigabe einer Abklatschreproduktion auf Seite 14 und 15 aufgelöst wiedergegeben.
Vergleiche auch die photographische Wiedergabe eines Teiles der Inschrift des
rechten Flügels auf Seite 6).
Berichtigung des Abklatsches (Seite 12 und 13) : In Zeile 11 der rechten Hälfte fehlt
außerhalb des Zeilenendes V = videlicet, in Zeile 20 des linken Flügels muß es IVRE
statt IVRI heißen.

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