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Niederquell, Theodor [Bearb.]; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Mitarb.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Mitarb.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Mitarb.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Mitarb.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Mitarb.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 14 : Heidelberger Reihe ; Band 5): Die Inschriften der Stadt Fritzlar — München: Druckenmüller, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.53159#0029
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gegeben. Teilweise handelt es sich bei den Blättern um „Collagen“, d.h. es sind aus Kupferstichen ausge-
schnitteneWappenschablonen und andere Darstellungen aufgeklebt und durch einfache Federzeichnungen
ergänzt.
Ein Auswahlprinzip für die Inschriften aus der Stiftskirche ist nicht feststellbar. Weder Alter, historischer
Gehalt noch die „Merkwürdigkeit“ haben den Ausschlag gegeben, eher noch mangelhafte Lesbarkeit
oder schlechte Lichtverhältnisse am Aufstellungsort.
Neben den Grabschriften bedeutender Personen des Fritzlarer Bereichs aus dem 14.-16. Jahrhundert,
den Inschriften am Wigbertgrab und der Ablaßtafel im Kreuzgang erfaßt das Material relativ belanglose
Grabschriften der Neuzeit, selbst solche von Kanonikern, die kaum verstorben waren.
Die Wappenbestimmungen sind erstaunlich exakt; sie sind von einem Fachmann gemacht, der dem
ganzen Konvolut eine kurze heraldische Abhandlung und einen Index der vorkommendenWappen bei-
gefügt hat. Der historisch interessierte Stiftsscholaster Speckmann ist es nicht gewesen, er hat nur die
Übersendung an den ihm persönlich bekannten Dekan Würdtwein vorgenommen und in lateinischer
Sprache die Ortsangaben innerhalb der Kirche hinzugeschrieben.
Gelegentlich müht sich der mit der Aufzeichnung Beauftragte mit geringen Schriftresten abgetretener
Grabplatten ab, während er wichtige, heute noch unversehrt erhaltene Denkmäler außer acht läßt. Das
wird so zu erklären sein, daß zu seiner Zeit wohlerhaltene Grabsteine unerreichbar unter dem Gestühl
verborgen lagen, die in den Gängen aber kaum noch entziffert werden konnten.
Von den Nonnengrabsteinen der Ursulinenkirche sind zwei, von den Grabdenkmälern der Hospitals-
kapelle nur fünf verzeichnet. Die Kirche der Minoriten ist mit sechs Inschriften, das Kloster mit einer ver-
treten, sie liegen in sehr exakten, technisch gekonnten, grau lavierten Federzeichnungen vor, gehören
aber alle in die Zeit nach 1650. Die bürgerlichen Epitaphien des angrenzenden Friedhofs sind ebensowenig
berücksichtigt wie die der anderen Friedhöfe der Stadt.
Zu den 101 Inschriften, die im Würdtweinschen Nachlaß aus Fritzlar überliefert sind, existieren noch
48 Originale, einige aber in sehr schlechtem Erhaltungszustand, so daß die Lesungen mehr oder weniger
weitgehend ergänzt werden konnten. 53 der Inschriften und 31 der erhaltenen Denkmäler gehören der
Zeit vor 1650 an. Der theoretische Zuwachs der vorliegenden Sammlung aus dem beschriebenen Material
beträgt also 22 Inschriften, praktisch waren es jedoch nur 19, da mehrere Stücke aus anderweitiger literari-
scher Überlieferung bekannt waren.
Der Fritzlarer Stiftsscholaster Johann Philipp von Speckmann, der sich im 18. Jahrhundert mit der
Geschichte von Stift und Stadt beschäftigt hat1), bringt zwar in seinen nur handschriftlich überlieferten,
annalistischen Aufzeichnungen wiederholt Inschriften als Quellenhinweis, jedoch scheint er sie aus der
Literatur entnommen zu haben. Die zahlreich vorhandenen Grabinschriften, die ihm bei der Abfassung
seiner „Series Canonicorum etc.“ hätten nützlich sein können, läßt er außer acht, obwohl er während
seiner langen Fritzlarer Jahre täglich mehrmals über sie hinweggegangen sein muß. Von Nr. 85 sagt er,
sie sei „ex toto non legibilis“, wobei noch heute das Entscheidende bei einigem Zeitaufwand durchaus zu
lesen ist.
Die sogenannten Weberschen Kollektaneen, deren Benutzung sich an zwei Stellen der Fritzlarer
Literatur nachweisen läßt, befanden sich im Besitz des Vereins für hessische Geschichte in Kassel und sind
im letzten Kriege verbrannt. Sie stammen von dem Fritzlarer Landrat Christian Ludwig Weber, der sich
um die Mitte des vorigen Jahrhunderts um die Geschichte und die historischen Denkmäler seiner Amts-
stadt wohl verdient gemacht hat. Sie enthielten nachweislich auch Inschriften, wie sich aus dem ausge-
dehnten Anmerkungsapparat zu seinem Aufsatz über die „Kurie auf dem Friedhof“ entnehmen läßt.
Ob allerdings Inschriften darunter gew'esen sind, die heute im Original nicht mehr vorliegen, läßt sich
schwer sagen, jedenfalls hätte man gewiß Lesarten, die heute durch die Verwitterung unsicher sind, nach
diesen Kollektaneen emendieren können.
Hingewiesen sei hier noch auf einen Fritzlarer Inschriftensammler im ursprünglicheren Sinne des
Wortes. Der Historiker Rudolf von Buttlar-Elberberg, der die vielbenutzten Stammtafeln der hessischen
Ritterschaft zusammengestellt und gemeinsam mit Julius von Oynhausen die Speckmannsche Kapitularen-
liste überarbeitet und ergänzt hat, bewies auch sonst Interesse an historischen Denkmälern aller Art.
So hat er von zu seiner Zeit abgebrochenen Gebäuden Wappensteine (Nr. 80, 101, 176 und 194) und nach
mißbräuchlicher Zweitverwendung zu Tage gekommene Grabsteine (Nr. 92, 106 und 190) erworben
und auf der Innenseite der Straßenmauer und in Nebengebäude seines Anwesens, das heute die Wigbert-
schule beherbergt, einmauern lassen. Die genannten und einige weitere Denkmäler aus der Zeit nach 1650
Wären ohne die Aufmerksamkeit Buttlars mit großer Wahrscheinlichkeit verlorengegangen.

Ö Vgl. Niederquell, Theodor: Aus dem Briefwechsel Stephan Alexander Wiirdtweins, in: Archiv f. hess. Geschichte u.
Altertumskunde N.F. 30. Bd. (1969/70), Heft 3/4, S. 246fr, S. 2yof.

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