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Seeliger-Zeiss, Anneliese; Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste [Contr.]; Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin [Contr.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Bayerische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Sächsische Akademie der Wissenschaften zu Leipzig [Contr.]; Österreichische Akademie der Wissenschaften [Contr.]; Akademie der Wissenschaften in Göttingen [Contr.]; Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [Contr.]
Die deutschen Inschriften: DI (Band 47 = Heidelberger Reihe, 13. Band): Die Inschriften des Landkreises Böblingen — Wiesbaden: Dr. Ludwig Reichert Verlag, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.57659#0019
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Das Interim 1548-1552 und die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges brachten nur kurzlebige
Versuche einer Rekatholisierung des Landes mit sich.
Auch wenn der Dreißigjährige Krieg die konfessionelle Einheit nicht zu durchbrechen vermochte18 19,
gehörte das Herzogtum Württemberg zu den Gebieten des Reiches, die besonders hart durch Zer-
störung und wirtschaftlichen Niedergang getroffen wurden. Anfänglich war das Bearbeitungsgebiet
durch Truppendurchzüge, Hungersnöte, Plünderungen und Seuchen nur örtlich betroffen. Doch
nach der Schlacht bei Nördlingen 1634, bei der Württemberg als Verbündeter der Schweden eine ver-
nichtende Niederlage erlitt, war das Land den kaiserlichen Truppen schutzlos ausgehefert. Der Sieger
von Nördlingen, General Gallas, bezog im Leonberger Schloß von 1634 bis 1638 sein Hauptquartier.
Im Gefolge der Kriegswirren wütete die Pest und raffte ein Drittel der Bevölkerung hinweg. Allein in
Leonberg starben 635 Personen, wie ein Gedenkstein aus dem Jahr 1663 meldet10. Zahlreiche In-
schriftendenkmäler dieser Zeit um 1650 erwähnen die Not jener Jahre. Mit dem Jahr 1650 ist dem
vorliegenden Band eine Zeitgrenze gesetzt, ehe eine Reihe von Inschriften einen neuen Aufschwung
ahnen lassen, so die Bau- und Gedenkinschrift des nach dem Stadtbrand 1648 erneuerten Rathauses in
Weil der Stadt (Anhl6 c).
3. Die wichtigsten Standorte
Der Landkreis Böblingen ist verhältnismäßig reich an Inschriften, wenn man berücksichtigt, daß
sowohl klösterliche Ansiedlungen von überregionalem Rang, größere städtische Zentren und be-
deutsame Grablegen des Adels fehlen. Dafür fällt die von jeher außerordentlich dichte Besiedlung des
Kreisgebietes ins Gewicht. Der vorliegende Band umfaßt 422 Katalognummern (420 gezählte Num-
mern und zwei nachträglich im Anhänge eingefügte Nummern 232 a und 367a). Von diesen sind 281
im Original erhalten; dies entspricht einem Anteil von 67 %. Damit liegt das Bearbeitungsgebiet im
Vergleich mit den angrenzenden württembergischen Landkreisen zwischen dem Landkreis Calw20
mit 372 Inschriften und einem Anteil von 65 % erhaltener Stücke und dem Landkreis Ludwigsburg21
mit 680 Inschriften und 76 % erhaltenen Materials. Diese Prozentzahlen sind typisch für ein Bear-
beitungsgebiet ohne Kopialüberlieferung von Inschriften, d. h. ein Gebiet, in dem Persönlichkeiten
die Ausnahme waren, die historische Denkmäler aufzeichneten und Inschriften abschrieben, um sie
der Nachwelt zu überliefern. Nicht hinzugezählt wurden rund 35 Inschriften-Denkmäler, deren
Vorhandensein bezeugt ist, ohne daß der Wortlaut der Inschriften überliefert ist. Diese Inschriften
sind im Anhang im Anschluß an den Katalog erfaßt; im Katalogteil wurde in den Anmerkungen auf
sie ebenso wie auf isoliert stehende Bauzahlen verwiesen. Im Anhang fanden der Vollständigkeit
halber auch einige nach 1650 entstandene Inschriften Aufnahme, weil auf sie in den Texten Bezug
genommen wird.
Der Anteil der Erstveröffentlichungen soll hier nicht näher beziffert werden. Denn genau genommen
sind alle hier publizierten Inschriften Neu Veröffentlichungen, da sie erstmals systematisch nach dem
Standard und dem Selbstverständnis des Deutschen Inschriftenwerks bearbeitet und der Öffent-
lichkeit vorgelegt werden22. Die Erwähnung in der landesgeschichtlichen Literatur ist zwar stets als
wertvoller Hinweis aufgenommen worden, jedoch handelt es sich in den wenigsten Fällen um eine
Veröffentlichung im eigentlichen Sinne, weil die Beigabe einer Abbildung oder die vollständige und
exakte Wiedergabe des Textes der Inschrift als ein Mindesterfordernis fehlen.
Württemberg war das städtereichste Territorium in Südwestdeutschland23. Auch für das Bearbei-
tungsgebiet ist die Dichte zahlreicher kleiner Städte auf engem Raum typisch. Da sie meist nut Burg-

18 Als Beispiel für die einheitlich evangelische Bevölkerung kann angeführt werden, daß die Katholiken in Stuttgart
1808/10 mit der Kirche St. Eberhard erstmals seit der Reformation wieder eine eigene Pfarrkirche erlangten.
19 Abbildung in: Seeliger-Zeiss, A., Die Werkstatt Leonberg II. In: Ein seliges end 1998, 142 — 147; hier 146.
20 Vgl. DI 30 (Lkr. Calw) Einleitung S. XV.
21 Vgl. DI 25 (Lkr. Ludwigsburg) Einleitung S. XIX.
22 Bedauerlicherweise verzichten auch neuere Veröffentlichungen der historischen, kunsthistorischen und landesge-
schichtlichen Forschung zu Inschriften-Denkmälern in schon epigraphisch erforschten Gebieten und Städten gele-
gentlich noch immer darauf, die entsprechenden Dl-Bände zu konsultieren.
23 Dazu grundlegend Trugenberger, V, Ob den portten drey hirschhorn in gelbem veld - Die württembergische Amts-
stadt im 15. und 16. Jahrhundert. In: Landesherrliche Städte in Südwestdeutschland. Hg. v. Treffeisen, J. u. Ander-
mann, K. (Oberrheinische Studien 12). Sigmaringen 1994, 131 — 156.

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