12. Sittenzuchtordnung 1584
12. Sittenzuchtordnunga
24. Juli 1584
Mandata und neue ordnungen, in der herschafft Ysenburgk allenthalben publicirt und angeschlagen
Wir, Ludwig vonn Isenburg, grave zu Budingenn
etc., empiethenn allen und jeglichen unnsernn ambt-
leuthenn, hofgesindt, thienern, kellernn, schult-
eßenn, burgermeisternn, richternn, geschwornen,
burgernn, gemainden, gaistlichenn unnd weltlichenn
angehörigen unnd verwanthen unnserer graf- und
herrschafft unnsernn gruß und fugenn euch hiemit
zuwißenn.
Ob wir wol durch ein außgangen offenn und pu-
blicirt edict1 2 die greuliche, hochverdambte sündenn
unnd laster der blutschandt3, notzucht4, raub und
entfürung, deßgleichenn ehebruch, unehelich be-
schlafen und hurerey, gantz höchlich unnd bey gro-
ser, schwerer straf verbottenn, wie es dann ohne daß
verdamlich unnd sündlich ist, so vermercken wir
doch teglich mit schmertzlichem gemut und sonder-
barem5 mißfallen, daß daselbig, ungeachtet der teg-
lychenn predigten unnd vermanungen aus Gottes
wortt, auch der ervolgten strafungen, wenig ge-
früchtet, sondernn auch uber dießelbe andere mehr
ärgerliche laster einreißen unnd im schwangk ge-
henn, dahero erfolgt, daß solcher uppigkeitt6 wegen
der allmechtig Gott oftmalß ein gantz landt mit un-
glück uberstürtzet7 und gestraft hat | unnd, da dar-
vonn nit abgestanden, noth thunn mögte, demsel-
ben nun zuvorkomenn unnd mit rechtem, geburen-
dem aifer, so viel ahnn uns, abzuweren, so wöllenn
wir obgedachts edict mit allenn puncten und clau-
a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 15/87. Weitere Abschriften: FYBA Büdingen
Kulturwesen Fasz. 15/86a.
1 Ludwig III. von Ysenburg-Birstein (1529-1588), siehe
oben, S. 556.
2 Edikt der Grafen Philipp II. und Ludwig von Ysenburg-
Birstein sowie Wolfgang und Heinrich von Ysenburg-
Ronneburg gegen Unzucht und Ehebruch vom 20. Mai
1584, siehe unten, Nr. 29.
suln in optima forma anhero repetirt, reaßumirt,
widerholet und erneuert habenn, nemlichenn daß
die verbrechende manß- und weibßpersonen mit
dem schwert und waßer vom lebenn zum todt oder
sonsten irem verschuldenn nach ahnn leib, leben,
ehr, gut, mit verweißung deß landts unndt thür-
nen8 nach gestalt und befindung deß ubertretenß
hingericht und gestrafft werdenn sollenn.
Furß ander, ob wir wol hiebevor daß unzüchtig,
haidnisch und leichtfertig sontäglich tantzenn pri-
vatim verbotenn, so ist doch daßelbig allgemechlich
widerumb eingeschlichenn. Wöllen derwegenn daß-
elbig hiemit abermalß austrücklich abgeschaft ha-
benn derogestalt, daß durchauß, weder heimlich
noch offentlich (es sey dann bey einer erbarnn
unndt christlichenn hochzeit mit maß unndt zucht)
kein tantzens mehr nicht gestatett, gelittenn oder
geduldet werdenn soll.
Zum drittenn, alß in etlichenn besonderba-
ren9 unnsernn fleckenn und dorfschafftenn | schend-
licher unnd unchristlicher gebrauch vorhandenn,
daß inn der nacht Philippi und Jacobi10 die lehenn,
wie mans zunennenn pflegt, außgerufen wer-
denn11, darauf ervolgt, daß den volgendenn tag daß
gotlose gesindt, weill sie die ganze nacht allerley bu-
berrey, mutwillen, ungeburlich geschrey unnd sau-
fen treibenn, die predigt verseumenn unnd ver-
schlafen, so soll derselb unbrauch ebenmeßig hiemit
3 Inzest.
4 Vergewaltigung.
5 Besonderem.
6 Leichtfertigkeit.
7 Überzogen.
8 Turmstrafe, Gefängnis.
9 Besonderen, einzelnen, FWb 3, Sp. 1879.
10 1. Mai.
11 Zum Lehenausrufen siehe oben, S. 128 Anm. 69.
615
12. Sittenzuchtordnunga
24. Juli 1584
Mandata und neue ordnungen, in der herschafft Ysenburgk allenthalben publicirt und angeschlagen
Wir, Ludwig vonn Isenburg, grave zu Budingenn
etc., empiethenn allen und jeglichen unnsernn ambt-
leuthenn, hofgesindt, thienern, kellernn, schult-
eßenn, burgermeisternn, richternn, geschwornen,
burgernn, gemainden, gaistlichenn unnd weltlichenn
angehörigen unnd verwanthen unnserer graf- und
herrschafft unnsernn gruß und fugenn euch hiemit
zuwißenn.
Ob wir wol durch ein außgangen offenn und pu-
blicirt edict1 2 die greuliche, hochverdambte sündenn
unnd laster der blutschandt3, notzucht4, raub und
entfürung, deßgleichenn ehebruch, unehelich be-
schlafen und hurerey, gantz höchlich unnd bey gro-
ser, schwerer straf verbottenn, wie es dann ohne daß
verdamlich unnd sündlich ist, so vermercken wir
doch teglich mit schmertzlichem gemut und sonder-
barem5 mißfallen, daß daselbig, ungeachtet der teg-
lychenn predigten unnd vermanungen aus Gottes
wortt, auch der ervolgten strafungen, wenig ge-
früchtet, sondernn auch uber dießelbe andere mehr
ärgerliche laster einreißen unnd im schwangk ge-
henn, dahero erfolgt, daß solcher uppigkeitt6 wegen
der allmechtig Gott oftmalß ein gantz landt mit un-
glück uberstürtzet7 und gestraft hat | unnd, da dar-
vonn nit abgestanden, noth thunn mögte, demsel-
ben nun zuvorkomenn unnd mit rechtem, geburen-
dem aifer, so viel ahnn uns, abzuweren, so wöllenn
wir obgedachts edict mit allenn puncten und clau-
a Textvorlage (Handschrift): FYBA Büdingen Kulturwe-
sen Fasz. 15/87. Weitere Abschriften: FYBA Büdingen
Kulturwesen Fasz. 15/86a.
1 Ludwig III. von Ysenburg-Birstein (1529-1588), siehe
oben, S. 556.
2 Edikt der Grafen Philipp II. und Ludwig von Ysenburg-
Birstein sowie Wolfgang und Heinrich von Ysenburg-
Ronneburg gegen Unzucht und Ehebruch vom 20. Mai
1584, siehe unten, Nr. 29.
suln in optima forma anhero repetirt, reaßumirt,
widerholet und erneuert habenn, nemlichenn daß
die verbrechende manß- und weibßpersonen mit
dem schwert und waßer vom lebenn zum todt oder
sonsten irem verschuldenn nach ahnn leib, leben,
ehr, gut, mit verweißung deß landts unndt thür-
nen8 nach gestalt und befindung deß ubertretenß
hingericht und gestrafft werdenn sollenn.
Furß ander, ob wir wol hiebevor daß unzüchtig,
haidnisch und leichtfertig sontäglich tantzenn pri-
vatim verbotenn, so ist doch daßelbig allgemechlich
widerumb eingeschlichenn. Wöllen derwegenn daß-
elbig hiemit abermalß austrücklich abgeschaft ha-
benn derogestalt, daß durchauß, weder heimlich
noch offentlich (es sey dann bey einer erbarnn
unndt christlichenn hochzeit mit maß unndt zucht)
kein tantzens mehr nicht gestatett, gelittenn oder
geduldet werdenn soll.
Zum drittenn, alß in etlichenn besonderba-
ren9 unnsernn fleckenn und dorfschafftenn | schend-
licher unnd unchristlicher gebrauch vorhandenn,
daß inn der nacht Philippi und Jacobi10 die lehenn,
wie mans zunennenn pflegt, außgerufen wer-
denn11, darauf ervolgt, daß den volgendenn tag daß
gotlose gesindt, weill sie die ganze nacht allerley bu-
berrey, mutwillen, ungeburlich geschrey unnd sau-
fen treibenn, die predigt verseumenn unnd ver-
schlafen, so soll derselb unbrauch ebenmeßig hiemit
3 Inzest.
4 Vergewaltigung.
5 Besonderem.
6 Leichtfertigkeit.
7 Überzogen.
8 Turmstrafe, Gefängnis.
9 Besonderen, einzelnen, FWb 3, Sp. 1879.
10 1. Mai.
11 Zum Lehenausrufen siehe oben, S. 128 Anm. 69.
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