Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

17. Kirchenordnung 1598

Gebet bey den sterbenden129
Almechtiger, barmhertziger Gott und vatter, der du
todt und leben in deinen henden hast und fur unß
alß fur deine aigene kinder sorgest im leben und im
sterben, demnach du deinen eingebornen sohn fur
unß in todt gegeben hast, auf daß wir ewig durch |
ihn leben, und unß durch ihn verheißen hast, daß,
wer an ihn glaubet, der hat daß ewige leben und
kompt nicht in daß gericht, sondern sey vom todt
zum leben hindurchgedrungen130, und daß seine
schaff auß deiner und auß seiner handt niemandt
könne reißen131, wir bitten dich, du wollest unß, wie
du unß verheißen hast, nimmermehr laßenn versu-
chet werden uber unser vermögen, sonder machen,
daß die versuchung also ein ende gewinne, daß wir
es können ertragenn132, sonderlich aber zu der zeit,
da dein vätterlicher will ist, unß auß diesem jam-
merthal zu dir in dein ewiges reich zu nehmen. So
wollest du unß die schmertzen und schreckenn deß
leiblichen todts gnediglich lindern und benehmen,
unß fur allen anfechtungen behüten, die blödig-
keit133 unsers fleisches stercken mit der krafft deß h.
geistes und in wahrem, bestendigem vertrawen auf
deine barmhertzigkeit, die du unß in Christo Jesu
erzeigt hast, in rechter anruffung deines nahmens
und friedt unsers hertzens unsern geist in deine
händt nehmen und | unsere verstorbene leibe am
jüngsten tage in selbiger auferstehung wiederumb
erwecken, auf daß wir dich in dem ewigen leben mit
allen deinen engeln und außerwelten preißen, durch
unsern herrn Jesum Christum, welcher unß also hat
gelehret zu betten: Unser vatter etc.,134 Wollest unß
auch stanthafftigkeit verleihen und täglichs zuneh-
men geben in dem alten, wahren und ungezweifel-
tenn christlichen glauben: Ich glaub in Gott135 etc.

g Fehlt B.
h Fehlt A, ergänzt aus B.

129 Das gesamte Kapitel stammt wörtlich aus der kurpfäl-
zischen Kirchenordnung von 1563, Sehling,
EKO XIV, S. 404f.
130 Joh 5,24.
131 Joh 10,27-28.
132 1Kor 10,13.

Von begräbnußen
Mit den begräbnußen der verstorbenen christenn
soll es christlich und ehrlich gehalten werden. Und
do ein person verstorben, welche der heiligen com-
munion gebraucht hat, und ihr ein leichtpredigt zu-
thun ist, soll es dem pfarher bei zeitten angezeigt
werdenn, darmit er sich hierzu gefast machen und
neben den gewöhnlichen gesengen und gebetten ei-
nen solchen textum pro concione kürtzlich ercleren
könne, so sich hierzu bequemet, alß da ist vom
elendt, vergenglichkeit, kranckheit und sterben der
menschen und deßen ursachen, vom verdienst und
wolthaten unsers erlößers Jesu Christi, von wahrem |
glauben, buß und bekehrung, von der auferstehung
und ewigen leben und dergleichen. Damit auch die
freunde und nachbarn zur christlichen beleitung der
leiche und zur predigt sich desto baß versamblen
und einstellen mögen, sollen die zeichen mit demg
glockenlauten zu gebürlicher zeit angestellet und ge-
geben werden.
Gebet bey der begräbnüß136
Almechtiger, ewiger, barmhertziger Gott und vat-
ter, wir dancken dir, daß du uns nicht allein daß
leibliche, zeitliche leben hast gegeben und bißher er-
halten, sonder auch daß geistliche und ewige leben
in unß angefangen, nachdem du unß also geliebet,
daß du deinen eingebornen sohn fur unß in todt ge-
geben, auf daß wir alle, die wir in ihnh glauben,
nicht verlohren werden, sonder daß ewig leben het-
ten137, und unß zu der seligen gemeinschafft deines
lieben sohns Jesu Christi durch dein wort und hei-
ligen geist beruffen138, auch unß bißhero gnediglich
wieder allen gewalt und biß deß bösen feindts darin

133 Schwachheit.
134 Mt 6,9-13.
135 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
136 Das gesamte Kapitel stammt wörtlich aus der kurpfäl-
zischen Kirchenordnung von 1563, Sehling,
EKO XIV, , S. 407f.
137 Joh 3,16.
138 1Kor 1,9.

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