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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (10. Band = Hessen, 3): Die Grafschaften Nassau, Hanau-Münzenberg und Ysenburg — Tübingen: Mohr Siebeck, 2012

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https://doi.org/10.11588/diglit.30290#0710
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Ysenburg-Birstein

Darbei nichts da weniger dieß geschehen könte,
daß, wo ettwa ein oder der ander flecken ihre armen
nicht nach erforderter notturfft zu be-I steuren ver-
möchte, daß denselben ein zeugnüß ihres zustandtß
von obberührtten personen gegeben, sie daruf dem
almosen alhie in der stadt inscribirt und ihnen son-
derlich von dem, daß albereit von der herrschafft
darzu miltiglich gewilligt und verordnet, wochent-
lich oder monatlich etwas gehandtreicht würde, dar-
zu dan die verordnete zeichen gebraucht werden
möchtenM'.
Vorß letzt, die landtbetler anlangendt, hat man bis-
her verspührt, daß derselben etliche in theilß flecken
ihre niederlag19 haben und daraus dem armen hauß-
man teglich uf dem halß liegen. Solche weren aller-
dingß außzuschaffen und die vorige befelch, daß
kein underthan solche und dergleichen landtfah-
rendt gesindlein lenger alß über nacht behalten sol-
le, mit geschärpffter straff zu repetiren“, dan man
exempel, daß etwan dergleichen | leuthe todtß ver-
fahren oder wohl heimlich darvon gesthollen und die
bei sich habende weib und kinder dem landt mit
mercklicher beschwehrung zu underhalten und zu-
erziehen hinderlaßena.
Wen aber dieselben im durchreissen die
stadt20 oder auch die flecken betreffen, solte ihnen
kein umbbetteln von hauß zu hauß, bevorab den
starcken landröcken21, leyern22 und was deß gesindt-
leinß mehr, alhie bei der gräfflichen residentz23, in
erwegung allerhandt unglück, so von denselben an-
gebracht werden kan, gestattet, sondern an den

v Placet.
“ Placet.
a Uff dieses ist whol achtung zuhaben. Sonnderlich solte
mann keine solchen landfharenden bettler inn die statt
lassen, dann vill büberey offt durch dergleichen personen
vorgenommen worden.
ß Placet. Bene.
7 Bene.
b b Am Rand ergänzt. Gestrichen: alle ankommende landt-
bettler von andern pfortten zugewiesen.

pfortten sie abzuhalten bestelt werden oder die ver-
ordnung zuthuen, daß die ankommende von einem
auß den pförtnern, zu welchem bsie von den andern
pforten abzuweisenß b, zu den almosenpflegern ge-
führt und ihnen von denselben nach gelegenheit ett-
was an brott oder, wen es ihre gebrechlichkeit zu-
erfordern er- | scheinet, nach erkandtnuß der pfar-
rern an gelt gesteuert und sie damit weiter und, da
sie die nacht uberfelt, die herberg in den nechsten
dorffen zu suchen, vortgewiesen werden sollen.
Was dan uber diese alle andere ankommende
dürfftige, alß arme, dienstlose pfarrer, schuelmei-
ster, wander[n]de handtwerckß leuthe, item brandt-
bescheddigtte und dergleichen betrifft, denen kan
nach gelegenheit einem oder dem andern umb ein
zehr- und steuerpfennig anzusprechen gegönnet,
auch auß dem almosen gesteuret, wie auch in specie
den sondersiechen alhie vor der stadt und nicht an-
dern frembden, wie itzo geschicht, ihr gewönliche
umbgänge gestattet werdeny Im übrigen aber, da-
mit alles bettlen so wohl in der stadt alß vor dem
schloß allerdings abgeschaffet sein muste und da-
runder menniglich wie mit dem almosen gehauset
wißenschafft24 haben und dannenhero zu desto
reichlicher steuer oder auch in andere wege die ar-
men zu bedencken ursach und anlaß haben möge, so
solten die almosenrechnung alle quartal offentlich in
der kirchen abgehört werden und jederman dersel-
ben beizuwohnen unverwehrt sein etc.
Signatum den 18. Januarii anno 1611

19 Ihren Aufenthalt, Grimm, DWb 13, Sp. 769.
20 Stadt Büdingen.
21 Landstreichern, Nichtsesshaften.
22 Leierkastenmännern, Spielleuten, Grimm, DWb 12,
Sp.685.
23 Schloss Büdingen.
24 Kenntnis.

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