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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0200
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

storbenen christen, welche wir nit als menschen-
treum, sonder als das recht, warhaftig wort Got-
tes aufnehmen und halten sollen (wie er spricht:
Das sagen wir euch als ein wort deß herren
[l.Thess. 4, 15]) und dardurch nit allein in unse-
rer guten freunde absterben trost erholen, sonder
auch uns selbst auf den todt rüsten znd zuberei-
ten.
Und obwol der todt ist der sünden besoldung
[Röm. 6,23] und, wie auch Moses spricht [Psal. 90.
[7]]: Gottes gerechter zorn uber die sünde macht,
das wir vergehen, und sein grimm, das wir so
plötzlich dahin müssen etc., so soll uns doch sol-
ches wissen nicht zu verzweiflung, sonder viel-
mehr an unserm herrn und heyland Jhesum Chri-
stum zu glauben und an ihn uns zu halten treiben
und tringen, welcher für unser sünde dahin-
gegeben [Röm. 4, 25] und dieselbige allzumal mit
seinem leiden und sterben gar reichlich und voll-
kömlich gebüsset, bezalet und gnug darfür ge-
than hat, das uns Gott, der himmelisch vater,
umb Christi willen keine sünde will zurechnen,
sonder sollen uns alle geschenckt und ubergeben
sein und bleiben und unser leiden und sterben ge-
heiligt, das es uns nit schaden kan, sonder zum
besten dienen muß [vgl. Röm. 8, 28]. Und hat
Jhesum Christum auferwecket umb unser gerech-
tigkeit wegen [Röm. 4, 25], das alle, die wir an
Christum glauben, auch seiner auferstehung war-
haftig geniessen sollen, das, so wir schon sterben
und begraben werden, verwesen oder verfaulen,
wir dannoch in Christo leben und durch die auf-
erstehung herfürgebracht, in grosser klarheit leibs
und seele mit Christo und allen außerwelten die
ewige seligkeit haben und besitzen werden. Dar-
umb sanct Paulus auch hie spricht: So wir glau-
ben, das Jhesus gestorben und auferstanden ist,
so wirdt Gott auch, die da entschlafen sein,
durch Jhesum mit im füren etc. [l.Thess. 4, 14]
und darnach: Wir werden bey im sein allezeit etc.
[l.Thess. 4, 17].
Nachdem nun unser bruder (oder schwester) mit
deß (oder deren) leich wir gangen sein, in Jhesum
Christum getauft, das hochwirdige sacrament deß
leibs und bluts Christi empfangen, in der christ-
lichen bekantnuß seinen (oder ihren) abschied ge-
nommen, so sein wir tröstlicher hoffnung, Gott
habe ihn (oder ihr) von Christi wegen alle seine
(oder ihre) sünde vergeben, zu gnaden aufgenom-
men und in seines lieben sohns Jhesu Christi todt
und auferstehung eingewickelt, das er (oder sie)
werde, wann nun die posaun deß ertzengels klin-
gen wirdt, gar frölich in einem augenblick auß der
gruben Christo entgegen fahren [vgl. l.Thess. 4,
16-17], auch mit allen heiligen, frommen christen
das himmelreich einnemen und ewige seligkeit
haben.
Darumb sollen wir von seinet- (oder irent-)we-
gen unserm herrn und Gott fleissig dancken und
bitten, das er ihne (oder sie) mit uns an jehnem
tage in klarheit zum ewigen leben wölle aufer-

wecken und uns mittlerweil auch in rechter er-
kantnuß Jhesu Christi erhalten, damit wir den
todt uberwinden und zum ewigen leben behalten
werden, durch Jhesum Christum, unsern herrn,
Amen.
Darauf sprecht mit andacht ein vaterunser
etc.64.
Nach dem gebet sage er:
Nachdem wir gebeten haben umb gnade Gottes
durch Jhesum Christum, unsern herrn, darumb,
das er uns zu beten bevohlen und erhörung zu-
gesagt hat, wöllen wir diß liebes christliches mit-
gliede bevehlen in die bannhertzigkeit und gnade
Gottes, deß vaters, der wölle uns hie seinen gött-
lichen frieden und dort nach disem leben das ewig
leben und seligkeit mit einer frölichen auferste-
hung sampt allen verschiedenen lieben christen
gnediglich verleihen, durch Jhesum Christum,
unsern herrn, Amen. Reliqua ut infra.
Ein ander kurtze vermahnung beim begrebnuß
eines alten.
Nachdem der allmechtige Gott abereinmal unser
lieben mitchristen einen mit gnaden auß diser
welt erfordert und zu sich genommen hat, wir
auch zu desselben begrebnuß in Gottes namen
aus christlicher liebe versamlet seindt, so wollen
wir zu unserm trost und heil daß evangelium vom
Lazaro, den Christus von den todten hat aufer-
weckt, hören. Und schreibt der heilige evangelist
Joannes am 11. eap. [21-27] also:
Martha sprach zu Jhesu: Herr, werestu hie ge-
wesen, mein bruder were nit gestorben. Aber ich
waiß auch noch, das, was du bittest von Gott, das
wirdt er dir geben. Jhesus spricht zu ihr: Dein
bruder soll auferstehen. Martha spricht zu ihme:
Ich weiß wol, das er auferstehen wirdt in der auf-
erstehung am jüngsten tage. Jhesus sprach zu
ihr: Ich bin die auferstehung und das leben, wer
an mich glaubt, der wirdt leben, ob er gleich
stürbe, und, wer da lebt und glaubt an mich, der
wirdt nimmermehr sterben. Glaubstu das? Sie
sprach zu ime: Herre, ja, ich glaube, das du bist
Christus, der sohn Gottes, der in die welt kommen
ist etc.
In diesem evangelio verheist Christus Marthae,
ihr bruder Lazarus soll widerumb vom todt er-
stehn, und hat ihn auch hernacher, als er bereit
vier tage im grab gelegen, vom todt auferweckt.
Es hat aber Christus mit diesem herrlichen wun-
derwerck nit wöllen anzeigen, das ein jeder ver-
storbener nach vier tagen seines todts soll wider-
umb in diß zeitlich leben auferstehn, sonder hat
hiemit wöllen bestetigen und versicheren die war-
heit seines evangelii, nemlich das, wer an in
glaubt, soll gewißlichen haben vergebung der sün-
den und, ob er gleich stirbt, in ime, in Christo,
leben [Joh. 11, 25] und endtlich in grosser klar-
heit am jüngsten tage auferstehen und mit leib
und seele eingenommen werden zum ewigen le-
 
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