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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0206
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

deines leibs und seelen halb in solcher zeit gehen
würde? Jetzundt aber wirdestu durch den todt
nur gefürdert, das du desto ehe von allem un-
glück hie entledigt und dort zu den ewigen gütern
kompst. Dann das ist dein hoffnung, darauf du
getauft bist, das du durch den todt Christi solt
zum ewigen leben kommen. Das ist dein hoff-
nung, welche dir durch die empfahung deß heili-
gen sacraments ist vergewisset, das du ja nit
zweifelst, der leib Christi, der dir im brot geben,
seye für dich hingegeben, und sein blut, welches
du im wein druncken, seye für deine sünde ver-
gossen worden [vgl. Lk. 22, 19—20]. Wie köndte
man dir das ewig leben immer mehr gewisser
machen und neher bringen ? Darumb lasse dich
den zeitlichen todt nit erschrecken, sonder tröste
dein hertz mit dem ewigen leben, welches dir ge-
wiß von Christo erworben und in der niessung deß
hochwirdigen sacraments ist zugesagt. Disen todt
aber lerne erkennen als ein solches werck, durch
welches du der sünden gar absterbest, welche dir
durch Christum vergeben ist.
Ja, sprichstu, es ist aber schendtlich, also umb
der sünde willen sterben vor jederman. Wolan, du
hast kein andern todt verdienet. Darumb trage
ihn, wie es deine sünde dir auflegen und mit sich
bringen. Darneben vergiß dannocht auch nit der
ehre, so an solchem schmehelichen todt, wie du
leidest, hanget, das du am ersten nit allein stirbst
wie ein dieb oder mörder. Sonder, ob du schon ein
dieb oder mörder bist, stirbst du dannocht auch
als ein christ, der du baides, vor Gott und der welt,
bekennest deine sünde, damit du solchen todt ver-
dienet hast und darnach das leiden und verdienst
Christi, durch welches du glaubest vergebung der
sünden und das ewige leben. Solches heißt ein
christenglauben und christlich bekantnuß, wel-
ches vor Gott mehr und höher zieret, dann solche
weltliche schmach für der welt immer mehr schen-
den kan.
Zum andern ist diß auch ein ehr, welche du in
deinem sterben solt erkennen lernen, das eben
diser todt (weil er aus Gottes ordnung umb deiner
sünden willen dir ist auferlegt) ein werck ist, in
welchem du Gott als deinem herrn den letzten
gehorsam leisten solt. Dann weil du Gott in dem
bist ungehorsam gewesen, das du die sünde nit
geflohen hast, soltu jetzt im in dem gehorsam
sein, das du solche verdiente straf willig und gern
leidest, niemandt darumb feindt seyest, jeder-
man, auch denen, so dich darzu zum theil verur-
sacht oder am ersten einbracht haben, gern und
willig vergebest. Wann du solches thust und dich
also in dein sterben schickest, soltu wissen, das es
Gott gedienet und rechten gehorsam geleistet
seye. Nun weistu je selbs, das Gott dienen nit
schmehelich, sonder ehrlich und gottwolgefellig
seye. Weil nun diß Gottes will ist, das du deiner
sünden halben also offentlich solt gerichtet wer-
den, so dencke, das du solchen letzten gehorsam
Gott gern leißtest, weil es dir doch ohne das leid

ist, das du in deinem leben so oft wider Gott ge-
handelt und im so wenig gevolgt hast. Solcher
gehorsam (weil es ein recht, gut werck ist) wirdt
auch seine frucht mit sich bringen, nemlich das,
gleich wie du andere durch deine sünde geärgert
hast, etliche jetzund durch dein sterben wider
bessern würdest, welche in dergleichen sünde auch
fallen möchten, nun aber sich an deinem exempel
stossen, Gott förchten und vom bösen werden ab-
lassen.
Darumb, weil solche stück alle an deinem todt
hangen, ein christlich erkantnuß der sünden,
bekantnuß deß glaubens, ein williger gehorsam,
ein grosse frucht, so aus solchem gehorsam her-
wächst etc., so lasse dir die schand nit so nahe zu
hertzen gehen, bey welcher schand so ein herr-
licher christenschmuck stehet.
Achtet die welt und du solches schmehlich und
unehrlich, so achtet dagegen Gott und alle seine
engel solchen gehorsame, bekantnuß und besse-
rung ehrlich und löblich. Darumb sey getrost, die
schandt soll sich in einem augenblick wandeln.
Wann der cörper in unehren dahangt oder -ligt,
werden die engel Gottes deine seel in allen ehren
Gott entgegentragen, wie der herr Christus sagt
[Luce 16. [22]] von dem armen Lazaro. Solchen
trost halte vest und gewiß und lasse todt,
schmach, schand und welt bleiben, wie es bleibt, du
aber lobe und dancke Gott erstlich für solche gnad,
das er dich zu solchem glauben und erkantnuß
berufen hat. Darnach bleibe vest an solcher hoff-
nung, welche durch den herrn Christum dir und
uns allen verdienet ist. Dein glaub an Christum
wirdt dir nit liegen, wie du jetzo hie glaubst,
solle dir geschehen dort in jhener welt. Bevelhe
dein seel deinem treuen hirten Christo Jhesu und
fahre hin mit freuden, Amen.
Im fall, das der gefangen nit verzeihen wolt.
Wann einer dermassen wider seinen gegentheil
erbittert ist, das er nit vergeben noch vergessen
will und dannoch begeret deß heiligen sacraments
etc., da muß man also mit im handlen: Erstlich
in erinnern, ob er auch begere, das im Gott gnedig
sein und vergeben wölle, was er sein leben lang
ubels gethan hat. Antwortet er auf dise frag, wie
freche, wohnsinnige oder behafte leuth bißweilen
thun, so gelte im gleich, Gott seye gnedig oder
ungnedig, da soll man in mit ernst (wie oben auch
gemeldet) erinnern, er möge bedencken, wie es
seiner seel in ewigkeit gehn werde. Aber das
sacrament soll man im in keinen weg reichen,
weil er also gesinnet ist.
Wo er aber beantwortet, er begere und bedörfe,
das im Gott gnedig seye, da ist noth, das man in
erinnere, wie Gott gnad und vergebung uns habe
verheissen, nemlich wie im vaterunser stehet, das
er uns heißt beten: Vergib uns unser schuld, und
heist uns von hertzen das erbitten, das wir auch
vergeben wöllen unsern schuldigern [Mt. 6, 12].

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