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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0216
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

Von vergebung der sünden und, wie der mensch
vor Gott gerecht werde umb des herrn Christi
willen durch61 glauben.
Wie erlangt der mensch vergebung der sünden?
Antwort:
Allein durch den glauben an den son Gottes Je-
sum Christum, aus gnaden, gratis, nicht von wegen
unsrer eignen werck oder verdienst, sonder von
wegen des einigen mitlers Jesu Christi, der für uns
ein opfer worden ist und ist der versüner, empfahen
wir gewislich vergebung der sünden. Und spricht
der son Gottes selbs disen trost in unsere hertzen
durch das evangelium, so wir glauben, reißt uns aus
der angst und helle und gibt uns seinen heiligen geist,
das das hertz freud hat an Gott, und wirdt uns des
herrn Christi gerechtigkeit zugerechnet, das wir
Gott gefellig sind, darumb das sein gehorsam und
leiden für uns die bezalung ist und er der versüner
ist, umb welches willen wir gerecht und erben ewiger
seeligkeit sind, so wir an in glauben.
Dise haubtleere ist oft klar ausgedruckt in gött-
licher schrift. Joh. 3. [16] spricht der son Gottes
selbs: Also hat Gott die welt geliebet, das er seinen
eingebornen son gegeben hat, das alle, die an in
glauben, nicht verloren werden, sonder haben das
ewig leben. Act. 10. [43]: Disem herrn Christo geben
alle propheten zeugknus, vergebung der sünden zu
empfahen durch seinen namen alle, die an in glau-
ben. ßom. 3. [24-25]: Wir werden gerecht on unser
verdienst, durch seine gnad, durch die erlösung,
welche ist in Christo Jesu, den Gott fürgestellet hat
zum gnadenstul durch glauben in seinem blut etc.
Dise und etlich dergleichen haubtsprüch sollen
alle menschen wissen, das sie rechten verstand und
trost von disem hochwichtigen artickel haben, wie
die menschen vergebung der sünden erlangen und
Gott gefellig und erben ewiger seligkeit sind, und wie
wir von sünd, tod und hell erlediget werden und wi-
derumb zum ewigen leben und ewiger gerechtigkeit
kommen. Denn dises ist der gnedige trost, der in den
ersten verheissungen und im evangelio besonder ge-
offenbart ist.
Und sollen die leut wol underricht werden, das

61 Neuburg 1554: + den.

diser trost nicht redet von sichern leuten, die in sün-
den wissentlich fortfaren, sonder, so das hertz war-
haftigklich vor Gottes zorn wider die sünd er-
schrocken ist, soltu zum herrn Christo zuflucht ha-
ben und in diser angst glauben und vertrauen, das
dir gewißlich umb des herrn Christi willen, on deine
verdienst deine sünd vergeben werden. Und diser
glaub soll den herrn Christum, Gott und menschen,
der für dich ein opfer und versüner worden ist, an-
schauen.
So du nun also das evangelium hörest und dich
mit glauben an den herrn Christum sterckest, spricht
er selbs disen trost in dein hertz, das dir Gott gnedig
sey, wie er oft spricht im evangelio: Deine sünd sind
dir vergeben [Mt. 9, 2 u. ö.] Und ist in dir und lasst
dich nicht in die helle versincken, gibt auch den hei-
ligen geist, das du freude an Gott hast. Und also er-
khennet deinhertz Gottesgegenwertigkeit und gnade
durch den son, der durchs evangelium dir Gottes
gnad im hertzen zeigt und durch den heiligen geist
dir freude gibt an Gott und dich treibt zur anrüfung
und zu gehorsam gegen Gott.
Also leeren dise sprüche, l.Joh. 5. [12]: Wer den
son hat, der hat das leben. Und also hast du den son
Gottes, so du an in glaubest und durch das evange-
lium trost empfahest. Item l.Joh. 5. [4, 13]: Darbey
erkhennen wir, das wir in im bleiben und er in uns,
denn er gibt uns von seinem geist. Gal. 3. [14]: Das
wir die verheissung des geistes empfahen durch den
glauben.
Und ist die regel Athanasii seer wol zu mercken
und zu betrachten, die lautet also: Wo geschriben
ist, das der heilige geist in jemand sey, soltu wissen,
das er durch das wort in im ist und redet vom son
Gottes, der das hertz erleuchtet und wirdt also
Gottes erkhentnus, lieb und freude an Gott in uns
durch den son und heiligen geist. Und diß geschicht,
so man in warhaftigem schrecken das evangelium
mit glauben annimpt. Also geschicht in uns die wi-
dergeburt und wirdt das hertz Gottes wonung, wie
Joh. 14. [23] geschriben ist: Wer mich liebet, der
wirdt meine rede bewaren und mein vater wirdt in
lieben, und wir wöllen zu im kommen und wonung
bey im machen. Und Ephe. 1. [22-23]: Er ist das

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