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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0263
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Superintendentenbedenken 1556

unwirdigen ohne underschaid mitgethailt, die gro-
ben, feindseligen laster so unverschambt begangen
und ungestraft bleiben, abzusundern.
Demnach haben die superattendenten, solchen
beschwerlichen secten zu begegnen, uf volgende
mittl und wege, doch uf unsers gnedigisten chur-
furstene und herrns verbesserung, underteniglich
bedacht:
Nemlich, das furnemlich an denen orten, da die
oftbemelten secten eingerissen, die pastores oder
prediger sich mit allem ernst vleissigen, die irrigen
articul der secten zu erkennen und dieselben uf der
cantzle nit mit ungeschigktem poldern noch mit
schmelichen worten und zur ungelegenhait, sonder
mit sanftmuet, erberkait, underschidlich und ge-
burlich widerlege und ableine, das daraus das pfar-
volgkh und predigkinder offentlich spüren mögen,
man suech und brauch hiemit weder neid noch haß
zu der widersacher nachtail, sonder allain christliche
ordenungf der kirchen und ewigsghail der irrenden,
wie auch sanct Paulus die pastores lernet: stude,
inquiensh, te ipsum probatum exhibere Deo opera-
rium non erubescendumi *, recte secantem sermonem
veritatis [2.Tim. 2, 15]; itemk, servum domini non
oportet pugnare, sed placidum esse erga omnes,
propensuml ad docendum, tolerantem malos cum
mansuetudine, erudientem eos, qui obsistuntm.
[2.Tim. 2, 24-25]n
Das auch den ambtleuten auferlegt werde, die
landtsordnung, bevorab in den articuln, die christ-
lich disciplin von besuchung der predig gotlichs
worts, von der fullerei, schweren, fluchen und an-
dere laster belangent3, ernstlich handtzuhaben und
die ubertretenden geburlich zu strafen, damit die
gros, beschwerlieh ergernuß, so hiemit nit allain den

e Neuburger Reinschrift: fursten.
f Neuburger Reinschrift: erbauung.
g Neuburger Reinschrift: ewig.
h Neuburger Reinschrift: iuvens.
i Neuburger Reinschrift: erubiscendum.
k Neuburger Reinschrift: Et iterum.
l Neuburger Reinschrift: proxensum.
m Neuburger Reinschrift: obsistitur.
n Neuburger Reinschrift: + Bevhleissige dich, Gott
zu erzaigen einen rechtgeschaffhen und unstref-
lichen arbaiter, der da recht taile das wort der war-
hait; und ein knecht aber des herrn soll nicht
zenckhisch sein, sonder freuntlich gegen yderman,

Schwengkfeldianern, widertaufern und den andern
widersachern des heiligen evangeliums, sonder auch
den schwachglaubigen zu schmach des gotlichen
namens und zu zeitlicher und ewiger verderbnuß
der land und leut gegeben, ufgehaben werde.
Darneben, das die haimlichen conventicula in den
heusern oder wäldern, darin zu verachtung gemei-
ner christlichen kirchenämpteren von den personen,
so zum lehr- oder predigambt nit ordenlich berufen,
predig gehalten, kainswegs weder feiertags odero
wergkhtagsp gestattet, sonder mit allem fleis er-
kundiget und mit ernst geweret werden. Dann solche
unordenliche conventicula, man lese oder predige
darin, so gut es an ime selbs sein mag, haben nit
ainen speciem schismatis in der kirchen, sonder auch
ain speciem seditionis in der policey und geben zu
allem ungehorsam und unzucht ursach. Darumb sy
allerdings unleidlich seind und möcht hierauf unser
gnedigister churfurstq und herr an ir churf.[urst-
liche]r g.[naden] ambtleut furnemlich der orten N.
und N., da verdachte conventicula sein sollen,
ernstlich gelangen lassen, das sie vleissig kundt-
schaft uf die conventicula machen und denen, wie
sich geburt, begegnen.
Und nachdem in der Israhelitischen policey, so
von Gott verordnet war, niemants geduldt ist wor-
den, er machte sich dann derselben sacramenta
thailhaftig und erzaigte sich im jar etlich mal als
ain glid derselben kirchen, wiewol nun die christen
der policey Mosy, als die ainem sonderlichen volgkh
gegeben, nicht verbunden, so wirdt doch daraus den
christen beed, weltlicher oberkait und prediger des
evangelions, der will Gottes etlichermaß zu ver-
steen geben und die hend geboten, wass sy sich auf
ir weiß in anrichtung und erhaltung christlicher
leerhaftig, der die bösen tragen khan mit sanft-
muet und straft die widerspenstigen.
o Neuburger Reinschrift: noch.
p Neuburger Reinschrift: + weder tags noch nachts.
q Neuburger Reinschrift: furst.
r Neuburger Reinschrift: furstlich.
s Neuburger Reinschrift: weß.
t Neuburger Reinschrift: gebrauchten.
3 Aus den aufgezählten Artikeln geht eindeutig hervor,
daß mit der Landsordnung die Polizeiordnung von
1546, oben Nr. 4, gemeint ist.

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