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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0266
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Regierungszeit Ottheinrichs 1556-1559

gkenhait auch mit andern mengln und lastern als
mit unkunst, unfleis, lesterung gotlichs namens,
spileya, katzbalgarei und dergleichen untugent be-
haft, dann wo solche boseb leut in ministerio eccle-
siae befunden, ist es der best und bequemest weg,
sie von dem ministerio alßbaldt ohne verzug abzu-
schaffen, sonder wir reden von solchen ministris,
diec sonst nit ungelert, nicht unfleissig, nicht uner-
bar, nicht ergerlich und iren kirchendienst nicht un-
annemlich, allein aber zu zeiten durch geselschaft
oder andern ungefarlichen ursachen in trungkenhait
fallen.
Hierauf damit dieser untugent begegnet und die
kirch der ergernus entledigt werde, haben die ver-
ordneten und generales superattendenten under-
theniglich bedacht: So der spetialis superattendens
die bemelte untugent an ainem ministro befindet,
soll er denselben mit ernst zum zuchtigen und nuch-
teren leben privatim ermanen mit anzeigung der
schwere und grösse der sunden, auch was mergkh-
liche ergernus und nachtail nit allain seiner lehr und
ambt bey der kirchen, sonder auch ime und seinen
haußgenossen zeitlich und ewiglich daraus entstee,
bevorab dieweil sanct Paulus ainen weinsuchtigen
zu dem kirchendienst unbequemaußtrugklich achtet
[1.Tim. 3, 3 u.ö.], wie dann hierin ain jetzlicher spe-
tialis superattendens sich wol soll wissen zu halten.
So aber diese prima admonitio gegen dem wein-
suchtigen nicht verfenglich sein wurde und befind
sich, das der weinsuchtig uber die gethanen erst-
lichend warnung in seiner untugendt furtfure, als-
dan soll er fur den generalem neben und mit dem
speciali superattendenti erfordert und vor den bee-
den superattendentibus obgeschribnermaß abermals
auf das ernstlichst von dem laster abzusteen er-
manet und im nach gestalt der sachen und gelegen-
hait der ort die wirtzheuser und offentliche zech
verboten werden.
Wo nun die ander vermanung an dem weinsuch-
tigen auch nit erschiessen wurde, soll er vor die
kirchenräte beschigkht und, dieweil er biß anher die

a Neuburger Reinschrift: spilen.
b Neuburger Reinschrift: lose.
c Neuburger Reinschrift: so.
d Neuburger Reinschrift: + manung oder.

wortstraf veracht und uber die ander ernstlich ver-
manunge mit der weinsucht behaft ist blieben, soll
er furohin von den kirchenräten mit ainer andern
straf gezuchtiget werden. Welcher gestalt aber diese
straf gescheen soll, ist auf unsers gnedigistenf hern
verbesserung volgende weis bedacht.
Dann sollt der weinsuchtig minister ecclesiae, so
sonst kain andere sondere untugent an ime hett, mit
gelt gestraft werden, so wurden hiemit vil mer die
unschuldigen weib und kinder dann er, der schuldig,
gestraft, bevorab so derselben etlich ain geringe
underhaltung haben.
Sollt er aber mit erlassung oder absetzung des
ministerii gestraft werden, so wirdt die straf am
furnemlichsten uf die kirch, die sonst mit ime wol
zufriden und so baldt in mergklichen mangl der
fleissigen kirchendiener, so sich teglich zutregt, nicht
fuglich versehen werden möcht, geraten.
Solt er aber mit der gemainen offentlichen gefengk-
nuß (wie er doch wol verdient) gestraft werden, so
würdt es seinem ministerio und der gantzen ler bey
jung und alt seiner kirchen nachtailig und schmelich
sein.
Wiewol nun die kirchenräte und superattendenten
nit gern zu neuerung raten und vil liber wollten, das
sich die kirchendiener mit worten dann mit stögkhen
und blögkhen zum nüchtern und zuchtigen leben
ziehen liessen, jedoch nachdem die ministri dises
landts in zimlicher anzal und allerlei ungelegenhait
in so grosser menge erfunden würdt, auch in der
ersten kirchen von alters her die ubertretenden
clerici (wie die ministri ecclesiae datzumal genant
worden) in die closter als in ain gefengnus verwisen,
unde et monasteria dicta sunt ergastula clericorum,
hierauf wer der verordneten underthenig beden-
gkhen, ob es unserm gnedigisteng herrn fur nutzlich
ansehe, das sein churf.[urstliche]h g.[naden] ainen
aignen, sonderlichen carcerem an ainem gelegenen
stillen ort verordnen ließ, darin die unzuchtigen
ministri, an denen die wortstraf unbehulflich, etlich
tag mit wasser und brot von wegen der trungkhen-
e Neuburger Reinschrift: ermanung.
f Neuburger Reinschrift: gnedigen f.[ursten] und.
g Neuburger Reinschrift: gnedigen f.[ursten] und.
h Neuburger Reinschrift: f.[urstliche].

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