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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0540
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Regierungszeit Johann Casimirs 1583-1592

lichen vereynigung auß dem wort Gottes und ur-
alten symbolis mit der gantzen christgläubigen kir-
chen wider die erdichte allenthalbenheit des leibs
Christi lehren, behaupten und verfechten, nicht
weniger calumnien und falsche irrige lehr ange-
schmitzet13 und sie bei dem gemeinen mann mit
ungrund beschuldiget wollen werden, als ob sie lehre-
ten, Christus seye nicht ein allmächtiger Christus
und wer also ihre lehr dem arianismo nahe verwandt.
Item, die menschliche natur habe nichts durch die
persönliche vereinigung empfangen als titel und
blosse namen. Item, daß sie die person Christi mit
Nestorio trennen und ein halben Christum, nit ein
gantzen allhie auf erden erkennen. Item, daß sie
unsern Emanuelem, Christum, nit gantz in beyden
naturen unzertrennet anbeten und, was dergleichen
falsche bezüchtigungen mehr den leuthen einge-
bleuet worden.
Hierauf befehlen wir den pfarherrn und kirchen-
dienern, daß sie von solchem geheimnuß der person
Christi schriftmeßig, einfältig und sobrie nach
Gottes wort, Ephesini Concilii determination14 und
symbolo Chalcedonensi15 lehren und predigen, aller
spitzfindigen, unerbaulichen fragen, die der gemeyne
mann nit fassen kan und die wahre eigentschaften
des menschlichen leibs aufheben, sonder dadurch nur
irr und zweyfelig gemacht, wie auch jetzo angereg-
ter und anderer calumnien und erdichten zulagen,
so in unserer kirchen catechismo, bekantnüssen und
schriften, hiebevor außgangen, stattlich widerlegt,
bey ernstlicher straf und ungnad gäntzlich enthalten
und oberstehen.
Und dieweil die erfahrung bißhero geben, daß
mehrertheyl der prediger solche calumnien von
hörensagen auf die cantzel bringen, die unserer und
anderer gelehrten leuth bücher, wie auch die Augs-
purgische Confession16 und derselben Apologiam17
nicht gelesen, ist unser befelch, will und meinung,
daß kirchen- und schuldiener, so von diesem handel
lehren und predigen, unser und anderer leuth auß-
gangene bücher fleissig selbst lesen, erwegen, brüfen,

o-o Fehlt Zürich.
p Fehlt Zürich.
q Zürich: streit.
r Zürich: sehen.
s Zürich: wohnen.

gegen Gottes wort, Augspurgischer Confession und
Apologiam halten, da sie etwas, das sie nit genugsam
fassen onoch versteheno können, finden solten, sich
mit unsern theologis und kirchendienern durch
freundtliche und christliche gespräch underreden
und berichten lassen, damit aller mißverstand, auch
unzeitige unbefugte verdammungen und ärgerliche
lästerungen vermiten bleiben.
Ferner, nachdem fast mehrtheils die religions-
irrungen auß den streit- und zweifelhaftigen schrif-
ten, glossen und außlegungen der menschen her-
fliessen und alle rechtgläubigen christen, wie auch
unsere liebep vorfahrn und wir uns allein zum wort
Gottes, die uhralte bewerte symbola christlicher
kirchen wie auch der Augspurgischen Confession und
derselben Apologi als demselbigen alleyn gemeß be-
rufen, so befehlen wir unsern kirchen- und schuldie-
nern, daß sie die lieben underthanen wie auch die
jugend allein auf solche allgemeine, bekante, appro-
birte und nit auf die streitschriften und andere
gründ und fundamenta, sie haben gleich namen, wie
sie wollen, die heutigs tags zwischen den ständen
Augspurgischer Confession strittig und in keiner all-
gemeinen versamlung angenommen und bestetiget,
gewisen werden, biß der liebe Gott einmal gnad gibt,
daß die eingerissene mißverstände in obigen puncten
in einem freyen gemeinen synodo mögen erörtert
werden und das hiezwischen solches mißverstands
und strittsq von h.feiligen] abendtmal keyn theyl
das ander antasten, lästern, schmähen oder belästi-
gen wölle, sonder vielmehr alle ihre predigten dahin
richten, daß die underthanen und zuhörer in eynfalt
unsers christlichen glaubens erbauet, zur buß und
verbesserung ihres lebens wie auch zu brüderlicher
lieb und einigkeit, bevorab in disen gefährlichen,
betrübten zeiten angewisen und vermahnet, auch sie
selbsten einer dem andern mit christlicher sanftmut
und gedult under augen gehenr, mit der that bewei-
sen und andern dessen gute exempla geben, das sie
glider Jesu Christi seyen und denselben in ihren
hertzen wohnends haben.
13 Beschimpfen, vgl. DW I, 446.
14 Denzinger, Nr. 111a, S. 56-57.
15 Denzinger, Nr. 148, S. 70-71.
16 Bekenntnisschriften, 31-137.
17 Bekenntnisschriften, 139-404.

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