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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (14. Band): Kurpfalz — Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.30629#0605
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Kirchenordnung 1601

sum Christum am jüngsten tag unsern leib auß der
erden wider auferwecken, mit seiner seel wider ver-
einigen und seinem verklerten leibe gleichförmig
machen94 und uns, als die durch in gesegnete, in das
himlische erbe zu einer solchen seligkeit einführen,
die kein auge gesehen, kein ohr gehöret und die in
keines menschen hertz kommen ist [1.Kor. 2, 9], wie
er uns solches denn auch versiegelt und versichert
durch den rechten gebrauch der heiligen sacramen-
ten.
[Versicherung der vergebung der sünden durch
den tauf.] Dann so gewiß alß wir und unsere kinder
mit wasser, welches die leibliche unreinigkeit pfieget
abzuwaschen95, getauft sein, so gewiß sind wir auch
gewaschen, gereiniget, geheiliget durch das blut und
geist Christi von unserer innerlichen unreinigkeit,
das ist, Gott hat uns umb des blutvergiessens Jesu
Christi willen alle unsere sünde verziehen und heili-
get uns durch seinen heiligen geist zum ewigen le-
ben.
[Durch das heilige abendmal] Und so gewiß, als
wir im heiligen abendmal mit unsern augen sehen,
daß das brodt deß herren uns gebrochen und uns der
kelch mitgetheilet wird und wir vom brodt und
kelch deß herren zu seiner gedächtnuß essen und
trincken, so gewiß ist auch der leib unsers heilands
Jesu Christi am creutz für uns geopfert und gebro-
chen und sein blut für uns vergossen96 und also uns
worden das ware himmelbrod, die rechte speise und
tranck unserer seelen zum ewigen leben.
Sollen derhalben auß der verheissung der gnaden
Gottes, welche uns im evangelio fürgetragen und in
den heiligen sacramenten bestetiget wird, gewiß
schliessen, [Rom. 5, V. 20] das keine sünde so groß
und schwer sey, die da hindern könte, daß uns Gott
nicht solte gnedig sein umb Christi willen, woferne
wir uns nur mit wahrem glauben des verdiensts sei-
nes leidens und sterbens trösten und dasselbe mit
hertzlicher zuversicht fassen und annehmen.
Zum dritten, so sollen wir unseren willen in den
gütigen und ewig gerechten willen unsers getreuen

94 Vgl. Frage 57 des Heidelberger Katechismus,
oben S. 354.
95 Vgl. Frage 73 des Heidelberger Katechismus.
oben S. 356.

himlischen vaters gantz und gar ergeben, uns für dem
tod nicht entsetzen noch fürchten, weil wir wissen,
daß der zeitliche tod den glaubigen kein tod, son-
dern ein schlaf, ja ein end deß jammers und elends
dieses sündlichen lebens und ein eingang ist in das
ewige leben97, auch [Im fall der krancke derer hat]
weib und kind, vater, mutter, freunde und, was uns
lieb ist, in dieser welt nicht lassen anfechten, weil
wir sie hinder uns lassen und von ihnen scheiden
müssen, sintemal alles, was wir hier verlassen, nichts
ist zu rechnen gegen demjenigen, daß wir dort fin-
den. Und unser himlischer vater, welcher uns in die-
sem leben bißhero erhalten, auch ein vater ist der
unserigen, die wir hinter uns lassen, wird sich der-
selben auch annehmen und für sie sorgen, wie er biß
daher für uns gesorget hat.
Darumb, lieber freund, solt ihr euere seel mit ge-
dult fassen und euch gantz und gar, euer leib und
seel, dem getreuen himlischen vater und euerm hey-
land Jesu Christo, der sie erlöset hat, befehlen und
nicht zweifeln, er werde euch uber euer vermögen
nichts auflegen, sondern euch helfen tragen und es
dahin richten, das es einen solchen außgang mit euer
kranckheit gewinne, daß ihrs nit allein werdet ertra-
gen können, sondern das sie auch zu seiner ehre und
zu euer ewigen wolfarth und seligkeit gereichen wer-
de. Ihr solt williglich jederman, so euch beleidiget
haben, auch euern feinden verzeihen und mit ge-
dult auf euer erlösung warten. Wo es aber Gottes
wille were, daß ihr von diesem euerem läger aufste-
hen und wider gesund soltet werden, solt ihr euch
desto mehr rechtschaffener und wahrer buß und ei-
nes gottseligen wandels befleissigen und euch stets
deß befelchs Christi erinnern [Joh. 5, V. 14]: Sihe zu,
du bist gesund worden, sündige fort nicht mehr, daß
dir nicht etwas ergers wiederfahre.
98Und nachdem die kirchendiener die krancken
nicht allein einmahl, sondern zum oftermal, auch
unerfordert besuchen sollen, damit solches nicht
ohne frucht abgehe, sollen sie, wenn es anders dem
krancken schwachheit halben zu hören nicht be-
96 Vgl. Frage 75 des Heidelberger Katechismus,
oben S. 357.
97 Vgl. Frage 42 des Heidelberger Katechismus,
oben S. 351.
98-98 Wörtlich aus 1563, vgl. oben S. 403.

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