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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0050
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Schwäbisch Hall

gischen Kirchenordnung von 1536 erscheint,117 als für den Haller Gottesdienst, wie er in der gedruckten
Kirchenordnung von 1543 (Nr. 10) formuliert ist. Offen bleibt, ob die Gottesdienstordnung tatsächlich in
der Landgemeinde eingeführt wurde, zumal der Bibersfelder Pfarrer Leonhard Heuser nicht bereit war, sich
auf die neue Lehre einzulassen.118 Fest steht hingegen, dass die Haller Kirchenordnung von 1543 (Nr. 10) an
vielen Stellen auf die speziellen Verhältnisse in den Landpfarreien eingeht. Gesonderte Kirchenordnungen
für einzelne Landgemeinden wurden damit spätestens ab Mitte der 1540er Jahre obsolet.
9. Agende für das Krankenabendmahl 23. Juni 1537 (Text S. 103)
Dem kleinen transportablen Hostien- und Gerätebehältnis (Versehkästchen), das Johannes Brenz bei seinen
Krankenbesuchen mitnahm,119 ist am vorderen Deckel ein kleines Heft beigebunden. Dieses enthält zwei
Ordnungen für das Krankenabendmahl, von denen sich die eine ausführlich, die andere knapp an den
Kranken wendet. Die Belehrungen im Frage- und Antwortstil folgen dem Inhalt des Katechismus; sie
betreffen die Zehn Gebote, das Glaubensbekenntnis, das Vaterunser, die Taufe sowie Absolution und
Abendmahl. Die andere Ordnung richtet lediglich vier längere in lateinischer Sprache abgefasste Fragen an
den Kranken.

10. Kirchenordnung 20. Januar 1543 / März 1615 (Text S. 111)
Das evangelische Kirchenwesen in Schwäbisch Hall war zwar seit Ende der 1520er Jahre durch einzelne
Verordnungen und Mandate befestigt, eine umfassende Kirchenordnung gab es jedoch bis 1543 nicht.120
Noch in den frühen 1540er Jahren betonte die Reichsstadt immer wieder ihre Treue zu Kaiser und Reich
und vermied es, mit dem Erlass einer offiziellen Kirchenordnung eindeutig Stellung zu beziehen.121 Dabei
hatte man bereits in den 1530er Jahren erste Bemühungen um eine Kirchenordnung unternommen. Johan-
nes Brenz war 1531 auf Kosten des Haller Rates nach Ansbach gereist, wo er sechs Wochen lang mit den
dortigen Theologen über eine Kirchenordnung für Hall beriet. Der Haller Rat hatte Boten nach Nürnberg
zu Lazarus Spengler gesandt, der kirchen gebrewch und ander ding halb, sowie nach Ansbach, der Kirchenord-
nung halb. Nach seiner Rückkehr forderte Brenz Abschriften der beratenen Kirchenordnung für die Haller
Ratsherren an, da sie selbe ordnung von hertzen gern sehen und lesen wollten.122 Trotz der frühen Versuche
konnte Brenz den Haller Rat erst 1543 zur Veröffentlichung einer Kirchenordnung bewegen.
Hauptziel dieser ersten obrigkeitlich erlassenen Haller Kirchenordnung war es, die bis dahin erschie-
nenen einzelnen Regelungen des kirchlichen Lebens in der Stadt und auf dem Land zusammenzufassen
sowie dessen Inhalte und Formen einheitlich zu gestalten. In der Vorrede stellt Brenz die Ordnung auf die

117 Sehling, EKOXVI, S. 106-109; vgl. auch die würt-
tembergische Kirchenordnung von 1553, ebd., S. 251-
255.
118 Vgl. Weismann, Gottesdienstordnung, S. 13; Maisch,
Krise, S. 87f.
119 Das Versehkästchen ist abgebildet in: Martin Luther
und die Reformation, Ausstellungskatalog 1983, S. 405;
Maurer/Ulshöfer, Brenz, S. 53; Maisch, Ordnung,
S. 63.
120 Vgl. Maisch, Ordnung, S. 82.
121 Ebd., S. 81.
122 Brenz schrieb am 29. März 1531 an den brandenburg-
ansbachischen Kanzler Georg Vogler: nach dem ich zum
nechsten aus Onoltzbach [Ansbach] anheimisch kommen,
hab ich meinen herrn alhie zu Hall ein wenig von der kyr-

chenordnung, so mein gnediger herr und die von Nürnberg
sambtlich begriffen und von den versamleten zu Onoltzbach
zum nechsten wieder übersehen ist worden, gesat und inen
ein solchs verlangen damit eingeworffen, das sie selben ord-
nung von hertzen gern sehen und lesen wollten. Haben mir
darauff bevolhen, euch, meinem insonders günstigen Herrn,
dienstlichs fleyss anzusuchen, ob ich der selben ordnung
abschrifft erlangen möcht,... und bitt euch gantz fleissig, Ir
wellendt die vill genant ordnung in ewer Cantzley oder sonst
lassen abgeschriben, zuschicken, auch darbey das schreiben
verzeichnen, Pressel, Anecdota, Nr. XXIX; Ulshö-
fer, Politik, S. 71. Ebd., S. 82 Anm. 17 verweist Uls-
höfer auf StadtA Schwäbisch Hall 4/a 21 1531 Nr. 419:
dem kanzler zu Onspach für die Kirchenordnung, die er
dem prediger geschickt hat, geschenkt 8 fl.

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