Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

Schwäbisch Hall

K. Mt. kein ungehorsam oder verachtung wollen
furnemen, sonder einer freyen, von K. Mt. unbe-
stetigten gewonhait zu Nutz irer Stata und under-
thon dem Evangelio gemeß gebrauchen.
Nemlich unnd furderlich der ursach halb, die-
weyl vor wenig Jarn zu Nurmberg auff dem Reichs-
tag ein kaiserlich Mandat außgangen, darin das
rein, lauter, clar evangelion onvermischt mit unap-
probierter geschrifft zupredigen bevolhen und ge-
botten18, so hat demnach ein oberkait der Statb ge-
meß wollen leben und das Evangelion nit allein ein
ploß wort sein laßen, sonder ime auchc nach seiner
lere und ermanungen in den kirchendiensten stat
und raum geben, auff das die gewissen der under-
thon nit irriger wurden, so man in der kirchen ein
anders ließd predigen und darneben wider die predig
andere gotzdienst oder that gestatten.
Es ist auch in dene Mandaten vil vonf Conciliis,
sog zukunfftig solten gehalten werden, benent. Die-
weylh I129r | aber solcheni niej volstreckung gesche-
hen, hat die not erhaischt, ergersk zuvermeyden, ein
kirchenordnung nach dem Evangelio von K.l Man-
daten clar zupredigen, gebotten anzurichtenm, auff
das nit das Evangelion fur ein luge geachtet wurde,
wan man in der kirchen gotzdienst dem selben un-
gemeß in die lenge geduldet het.

a E: Stat, land.
b B: Stat disem. E: Stat unnd landtschafft.
c Fehlt E.
d Fehlt C.
e Fehlt E.
f B, C, D: von den.
g B: so die.
h E: die.
i B, E: solchem.
j B, D: nit.
k E: Ergernus.
l B, C, D: K. Mt.
m E: uffzurichten.
n Fehlt E.
o Fehlt B. Stattdessen wurde eine Lücke gelassen.
p Fehlt B, D.
q E: furnemen soll.
r-r Fehlt B.
s Fehlt E.
t E: gezeugnus.
u E: irs.

Und wiewol auff dem Reichstag zu Wormbs19 ain
Mandat von K. Mt. außgangen ist20, das vileicht
mochtn scheinlich angezogen werden, als were es ein
bestettigung aller und yder Stifftung oder auffsat-
zung in der kirchen, bißhieher gebraucht, so ist doch
iderman wol wussend, das K. Mandato als ein cris-
tenlichen glids nichtzp furnemenq rwider das wort
gottesr Darzu haben hochtreffenliche Stend des
Reichs, mit inen die erbern frey unds Reichstet, das-
selbig zu Wurmbs außgangen Mandat auff dem
Reichstag zu Nurmberg21 nit anders dan mit vor-
gender protestation angenomen, das demnach hirin
kein ungehorsam erzaigt wurt.
Und zu merer Zeugknust desu gehorsams seyv
oberkait und underthon der Statw urbutig22, wan
K. Mt. in gotsdiensten der kirchen etwas cristenli-
chers und gotlichers auffricht, setze und ordnetex,
wollen I129v | sie als gehorsam kinder gottes und
K. Mt. underthon erfunden werden.
Wie die Meß oder das nachtmal
Cristi ynach seiner und der
ersten kirchen ufsatzung gehalten werden soly
Dieweyl Cristus ernstlich bevolhen hat, das man
byz der Meß oder nachtmal seins todts gedencken
unnd voma selbigen predigen sol23, auch lert Pau-

v B, D: seind. E: seyen.
w E: Stat und der landtschafft.
x E: ordinire.
y-y E: nach der auffsatzung Cristi und nach der ersten kir-
chen gebruch gehalten soll werden.
z E: in.
a E: von dem.

18 Abschied des Reichstags in Nürnberg vom 18. April
1524, DRTA.JR IV, Nr. 149 S. 605; vgl. Kohnle,
Reichstag, S. 217-219.
19 Wormser Reichstag 1521, vgl. Kohnle, Reichstag,
S. 85-104; TRE 28, S. 457f. und S. 468 mit weiterführen-
der Literatur.
20 Wormser Edikt, DRTA.JR III, Nr. 92 S. 640-659; vgl.
Kohnle, Reichstag, S. 99-104.
21 Reichstag Nürnberg 1524, DRTA.JR IV, S. 160, 469,
506-508; vgl. Kohnle, Reichstag, S. 213-216.
22 Erbietig.
23 Vgl. 1Kor 11,26.

48