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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0208
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Schwäbisch Hall

barn Raths Eheordnung, darnach sich die Eherichter in ih-
rem Sententz richten sollen.
Wir, Stättmeister und Rath deß H. Röm. Reichsstatt
Schwäbischen Hall, fügen allen und jeden unsern Burgern,
Underthanen, Verwandten und Zugehörigen, auch allen de-
nen, so Uns oder den Unsern zuversprechen stehen, wie die
genannt werden mögen, hiemit zuvernemmen. Nach dem
Wir in krafft unsers von Gott, dem HERRN, befohlenen
Ampts der Obrigkeit unsere Christliche und Erbare Ehe-
ordnung vor etlichen Jahren offentlich außgehen und ver-
künden lassen [vgl. unten, Nr. 14 und 15], aber leyder im
Werck befunden, daß derselben nicht, wie billich, nachge-
setzt, sondern zuwider gelebt und viel böser Exempel sich
widerumb erzaigen wöllen, Werden Wir auß Ehehafften Ur-
sachen getrungen, solcher unser Eheordnung Euch sampt
unnd sonders abermals zuerinnern, Ernstlich gebiettende,
derselben Gott, dem Allmächtigen, zu Ehren unnd zu schul-
digem Gehorsam, auch zu erhaltung gemeines Fridens und
zu befürderung Christlichs, Erbars Lebens mit allem fleiß
und trewen nachzukommen. Damit aber der Innhalt dieser
unser Ordnung von meniglich desto leichter gefaßt und in
stäter Gedächtnuß möge behalten werden, haben Wir einen
kurtzen Außzug derselben begriffen, den Wir Euch hiemit
offentlich verkünden lassen.
Und Erstlich ordnen, setzen und gebietten Wir, daß hinfüro
kein Kind, so noch under seiner Eltern Gewalt ist, sich ohne
Rath, Vorwissen und Willen derselben seiner Eltern Ehelich
verpflichten soll. Wo aber ein Kind, so noch in der Eltern
Gewalt, ohne bewilligung seiner Eltern sich würde Ehelich
einlassen, alßdann sollen dieselben Personen, im Fall, wo die
Eltern darein nit verwilligen wolten, von den Pfarrern in der
Kirchen nicht außgeruffen noch eingesegnet, sondern für un-
ser Eherichter, hierinn ordentlichen, rechtmäßigen Be-
scheydt zuerholen, gewisen werden. Und so sich befinden
wurde, daß das Kind unbedächtlich oder ohne alle rechtmä-
ßige, billiche Ursachen, allein auß mutwilligem Ungehorsam
unnd Hinderlistigkeit vermeindtlich sich Ehelich verspro-
chen hat, so wöllen Wir dieselbige beyde ungehorsame und
mutwillige Manns- und Frawenpersonen nach gestalt der Sa-
chen ernstlich straffen, sonderlich aber, wofern neben sol-
chem Ungehorsam auch das Beyschlaffen, Schwächen [= ent-
ehren] oder Schwängern gefolgt wäre, solche Straff umb so
vil mehr schärpffen.
Zum andern, die Kuppler und Kupplerin und alle, so zu der
Kinder heimblichen, unrechtmäßigen Eheverlobung hinder
den Eltern gerathen und sie also verkuppelt hetten oder ver-
kuppeln helffen, wöllen Wir dermassen straffen, daß sie un-
sern Ernst hierinnen spüren sollen.
Doch wöllen Wir darbey, zum dritten, die Eltern ihres be-
fohlenen Ampts Gewissen und der Seelen Heyl von Obrigkeit
wegen hiemit auch fleißig erinnert haben, daß sie selbs mit
Verehelichung ihrer Kinder die Erbar- unnd Billigkeit be-
dencken, kein eygennutzige Verlängerung mit Gefahr etwa
ihrer Kinder suchen, sondern sich selbs der Gebür erzeigen,
Dann ohnedas haben unsere Eherichter Befelch, sich inn Er-
kandtnussen dem Rechten und der Billigkeit nach zu urthey-
len [Entwurf 1614: verhalten].
Zum vierdten, was Wir dann von der Kinder Ungehorsam
gegen den Eltern in Eheverpflichtung ordnen unnd befehlen,
das wöllen Wir auch von den Waysen gegen ihren ordentli-
chen Vormundern und nächstgesipten Verwandten, doch mit

der Maß, wie es von gemeinen Keyserlichen beschribenen
Rechten in L. in copulandis 8. Et in L. in coniunctione, So
dann in L. Viduae 18. in fine C. de nuptiis bedacht, verstan-
den haben [Cod. Just. V, 4: 8,18,20 = ClCiv II, S. 195f.].
Zum fünfften, wann die Personen, so nicht under der Eltern
oder Vormunder Gewalt seind, sich mit einander Ehelichen
verheyrathen wöllen, setzen und ordnen Wir, daß sie allein
unnd heimblich einander die Ehe nicht verloben, sondern zu
Ihrer Eheverlobung zum wenigsten zwo Erbare, Redliche,
Unpartheyische Personen nemmen sollen, damit im Fall der
Notturfft solche Eheverpflichtung ohne verzügligkeit zube-
weysen. Dann wo es nit geschehe unnd Eins das Ander umb
die Ehe ansprechen und nicht Beweysung thun würde, Der-
owegen dann das Ander der Ehe halben ledig erkennt, so
wöllen Wir die Manns- oder Weibsperson, so im Rechten ver-
lustiget, nach gelegenheit der Person unnd anderer Umb-
stände gebürlich straffen.
Zum sechsten, wo auch in eyniger obgemeldeten strittigen
Ehesachen die Eheverlobung und darzu Schwängerung oder
zum wenigsten Beyschlaffen oder Schwächung vor dem
Kirchgang bekennt oder sonsten bewiesen, es wurde hernach
solche angezogene Ehe auß seinen Ursachen zugelassen oder
nicht, sollen sie doch auff beyde Weg nach erkandtnuß der
Gelegenheit ihre Straffen tragen.
Zum sibendten, was die Blutsverwandtnuß und Schwager-
schafften belangt, ist Unser ernstlicher Befelch, daß, welche
inn den nachbemeldten gradibus oder Glidern einander ver-
wandt seind, keines Wegs bey vermeydung Unser ernstlichen
Straff sich zusammen verpflichten understehen sollen, Als
nemblich Die Jenigen, so in auff- und absteigender Linien,
als die gegen einander für Vatter, Mutter und Kinder, Alt-
vatter, Altmutter und Kinds Kinder und so fortan, gehalten
werden. Deßgleichen, welche biß in das dritte Glied, es sey
gleich der Blutsfreundtschafft oder Schwägerschafft, einan-
der verwandt sein. Welche aber under disen Personen sich
mit der That zu verachtung diser unser Ordnung zusammen
verheyrathen würden, Wöllen Wir dieselbigen mit vernich-
tigung solcher in den nechsten durch alle Rechten verbotte-
nen Fällen vermeindten Ehe am Leben, Leib oder mit ver-
weysung deß Landts nach gelegenheit der Sipschafft unab-
läßlich straffen, vorderst aber umb so viel ernstlicher und
härter, wo auch der Beyschlaff darauff erfolgt wäre. Zum
Fall aber, dergleichen Verlöbnussen unwissent je vorgangen,
so behalten Wir uns auff anbringen unserer Eherichter im
dritten Grad der Blutsfreundtschafft unnd Schwägerschafft,
auß seinen befundenen Ursachen gebettene dispensationes
zugestatten oder abzuschlagen, hiemit bevor.
Zum achten. Es soll auch keinem zugelassen sein, sein Pfleg-
oder Vormundtkind, so lang dieselb Pfleg- oder Vormundt-
schafft wehret, Ihme selbs oder seinen Kindern ohne Unser
oder unserer Eherichter vorwissen zu verheyrathen.
Wir wöllen auch, zum neundten, alle unordentliche Beywoh-
nung, Beyschlaff oder Schwängerung den Neuwen Eheleu-
then vor dem offentlichen Kirchgang oder Einsegnen ernst-
lich verbotten und den Ubertrettern dises Falls unvermeyd-
liche Straff verkündiget haben.
Zum zehendten Soll kein Ehegemächt, von dem sein Ehege-
mahel gezogen oder geloffen, und. der grundt seines Abster-
bens nicht so lauter als die Mittag Sonne, sich anderwerts
verheyrathen, sondern zuvor vor unsern Eherichtern gebür-
lichen Bescheyd erholen. Welches aber ohne zulassung unse-

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