Schwäbisch Hall
Wie, zum zehenden, uber diß noch weitter zu-
wissen, daß, welche deß Ehebruchs willen erstge-
setzter massen oder ander verüebter unzucht wegen
mit dem Nachrichter16 gestraffet, daß dieselben alle,
der Ehren unfähig, hinfüro zu keinen ehrlichen
Ämptern gezogen, zu keiner ehrlichen Ladschafften,
Hochzeitten und was dergleichen gelassen, sondern
als undüchtige, verrichtigte17' |102r| Personen ge-
eussert sein und werden sollen bei ernstlicher straff,
der obrigkeit vorbehaltten.
Zum fall auch, endtlich und zum beschluß, ein
oder mehr Personen, welche deß Ehebruchs halben
ainmal gestrafft, so verrucht weren, daß sie, aller
außgestandner straff und schand vergessen, zum an-
dern mal ehebrüchig erfunden werden, solle es mit
inen, wie hieroben bei dem sibenden articul under-
schiedlich statuiert, auch gehallten unnd darunder
niemandts verschonet unnd also solch vor Gott ab-
schewlich, alles gueten verderblich ubel, wo es je mit
satzungen und ordnungen, mit Lehren und verwar-
nen nicht zuhindern, jedoch mit der thatt ernstli-
cher straffen abgeschaffen und hierdurch Statt und
Landt, sovil müglich, gereiniget, darzu vor grösserm
unheil (welches unß sonsten ja von vilen seidten her
heuffig angetrowet wirdt) verwahrt werden möge.
|102v|
Und seithemalen all solch ubel und unwesen ai-
nig auß dem gottlosen leben, dasselb aber daher ent-
springet, daß man ohne gebührende christliche
Zucht nach aignem willen sicher dahin gehet, auß
trib desselben, so wol alß dannenher wachsender ge-
lusten frey unnd frech lebet, derowegen dann Got-
tes, seines wortts unnd darinnen verfaster ernstli-
cher gepotten und verpotten so gar vergessen, daß
man ime bei dem grössesten hauffen nichts oder gar
wenig mehr nachfraget, die so heuffig und täglich
mit allen trewen gehalttene Predigten mit verach-
tung viler so vätterlicher zum besten hail meniglichs
angesehener vom Rhathauß und Cantzeln besche-
hener vermahnungen also gar nicht besucht, das
auch von etlich tausendten inn der Statt wesennder
16 Der Nachrichter ist derjenige, der nach dem Richter-
spruch das Urteil vollstreckt, Grimm, DWb 13,
Sp. 103.
so wol müessiger alß schaffender Menschen beson-
ders inn wochenpredigten und zum gemeinen ge-
bettstag auß jungen und alten kaum dreissig oder
viertzig Personen beim Gottsdienst befunden, I103r|
welches ja wol mit verwunderung zubeclagen, aber
darauß als einem unfehlbarn Zeugnus offentlich ab-
zunemen, das neben hunger und durst zur seeligkeit
und höchstem guett zumahl fast aller warhaffter
glaub und gottsforcht verschwunden, allweil derge-
stalt weder so ernstliche, trewhertzige, so offt wi-
derhohlte erinderung der diener ahm wortt Gottes
noch so vätterlicher Zuspruch und gepott der obrig-
keit so gar nichts verfangen will, das man auch ahm
schuldigen gehorsamb gegen Gott schier je lenger, je
nachlässiger inn allem muetwillen, yppigkeit und
frechheit [bleibe]. Dem allem nach, so ist abermalen
unser widerhohlet ernstlicher bevelch und gepott ge-
gen meniglichem, so unß zuversprechen stehn, daß
die unsere Noth halb angestellte Satzungen anders
und besser, dann laider bißher von dem mehrer theil
geschehen, inn aehtung genommen, denselben fleis-
siger nachgesetzt und gelebt werde.
Und weil je uber alle bemüehung bei dem grös-
sern hauffen so gar kein volg I103v | zu erheben, das
man auß lieb mit lust Gott, dem herrn (von wel-
chem ja alle menschen iren seegen zu empfangen),
seinen schuldigen dienst mit pitten und bethen, lo-
ben und danckhen laisten thette, eines jeden unserer
Burger und anderer Innwohner sachen dahin ange-
stellet, daß die Sonn- und Feyrtägliche Predigten,
Morgens und abendts, wie zugleich inn der wochen,
zum wenigsten die Predigt ahm gemeinen Bettag,
aintweders durch sich selber oder doch die seinen,
von einer, zwo, drey oder nach gelegenheit viler oder
weniger seiner haußverwandten, von khind und ge-
sind unfehlbar besucht, aber benebens der andern,
sovil mit fuegen sein khan, auch nit (wie von etli-
chen bekandten guethertzigen Burgern mit lob und
irem grossen nutzen geschihet) vergessen, sondern
auß aller erzeigung, sovil inn der thatt vermerckhet
werde, das ja alle Zucht und verbesserung noch so
gar nit verloren, sondern man sich dermalen einest
17 Verrechten = vor Gericht bringen, vgl. Grimm, DWb
25, Sp. 997.
216
Wie, zum zehenden, uber diß noch weitter zu-
wissen, daß, welche deß Ehebruchs willen erstge-
setzter massen oder ander verüebter unzucht wegen
mit dem Nachrichter16 gestraffet, daß dieselben alle,
der Ehren unfähig, hinfüro zu keinen ehrlichen
Ämptern gezogen, zu keiner ehrlichen Ladschafften,
Hochzeitten und was dergleichen gelassen, sondern
als undüchtige, verrichtigte17' |102r| Personen ge-
eussert sein und werden sollen bei ernstlicher straff,
der obrigkeit vorbehaltten.
Zum fall auch, endtlich und zum beschluß, ein
oder mehr Personen, welche deß Ehebruchs halben
ainmal gestrafft, so verrucht weren, daß sie, aller
außgestandner straff und schand vergessen, zum an-
dern mal ehebrüchig erfunden werden, solle es mit
inen, wie hieroben bei dem sibenden articul under-
schiedlich statuiert, auch gehallten unnd darunder
niemandts verschonet unnd also solch vor Gott ab-
schewlich, alles gueten verderblich ubel, wo es je mit
satzungen und ordnungen, mit Lehren und verwar-
nen nicht zuhindern, jedoch mit der thatt ernstli-
cher straffen abgeschaffen und hierdurch Statt und
Landt, sovil müglich, gereiniget, darzu vor grösserm
unheil (welches unß sonsten ja von vilen seidten her
heuffig angetrowet wirdt) verwahrt werden möge.
|102v|
Und seithemalen all solch ubel und unwesen ai-
nig auß dem gottlosen leben, dasselb aber daher ent-
springet, daß man ohne gebührende christliche
Zucht nach aignem willen sicher dahin gehet, auß
trib desselben, so wol alß dannenher wachsender ge-
lusten frey unnd frech lebet, derowegen dann Got-
tes, seines wortts unnd darinnen verfaster ernstli-
cher gepotten und verpotten so gar vergessen, daß
man ime bei dem grössesten hauffen nichts oder gar
wenig mehr nachfraget, die so heuffig und täglich
mit allen trewen gehalttene Predigten mit verach-
tung viler so vätterlicher zum besten hail meniglichs
angesehener vom Rhathauß und Cantzeln besche-
hener vermahnungen also gar nicht besucht, das
auch von etlich tausendten inn der Statt wesennder
16 Der Nachrichter ist derjenige, der nach dem Richter-
spruch das Urteil vollstreckt, Grimm, DWb 13,
Sp. 103.
so wol müessiger alß schaffender Menschen beson-
ders inn wochenpredigten und zum gemeinen ge-
bettstag auß jungen und alten kaum dreissig oder
viertzig Personen beim Gottsdienst befunden, I103r|
welches ja wol mit verwunderung zubeclagen, aber
darauß als einem unfehlbarn Zeugnus offentlich ab-
zunemen, das neben hunger und durst zur seeligkeit
und höchstem guett zumahl fast aller warhaffter
glaub und gottsforcht verschwunden, allweil derge-
stalt weder so ernstliche, trewhertzige, so offt wi-
derhohlte erinderung der diener ahm wortt Gottes
noch so vätterlicher Zuspruch und gepott der obrig-
keit so gar nichts verfangen will, das man auch ahm
schuldigen gehorsamb gegen Gott schier je lenger, je
nachlässiger inn allem muetwillen, yppigkeit und
frechheit [bleibe]. Dem allem nach, so ist abermalen
unser widerhohlet ernstlicher bevelch und gepott ge-
gen meniglichem, so unß zuversprechen stehn, daß
die unsere Noth halb angestellte Satzungen anders
und besser, dann laider bißher von dem mehrer theil
geschehen, inn aehtung genommen, denselben fleis-
siger nachgesetzt und gelebt werde.
Und weil je uber alle bemüehung bei dem grös-
sern hauffen so gar kein volg I103v | zu erheben, das
man auß lieb mit lust Gott, dem herrn (von wel-
chem ja alle menschen iren seegen zu empfangen),
seinen schuldigen dienst mit pitten und bethen, lo-
ben und danckhen laisten thette, eines jeden unserer
Burger und anderer Innwohner sachen dahin ange-
stellet, daß die Sonn- und Feyrtägliche Predigten,
Morgens und abendts, wie zugleich inn der wochen,
zum wenigsten die Predigt ahm gemeinen Bettag,
aintweders durch sich selber oder doch die seinen,
von einer, zwo, drey oder nach gelegenheit viler oder
weniger seiner haußverwandten, von khind und ge-
sind unfehlbar besucht, aber benebens der andern,
sovil mit fuegen sein khan, auch nit (wie von etli-
chen bekandten guethertzigen Burgern mit lob und
irem grossen nutzen geschihet) vergessen, sondern
auß aller erzeigung, sovil inn der thatt vermerckhet
werde, das ja alle Zucht und verbesserung noch so
gar nit verloren, sondern man sich dermalen einest
17 Verrechten = vor Gericht bringen, vgl. Grimm, DWb
25, Sp. 997.
216