Einleitung
Bekämpfung des Ehebruchs zu beraten.5 Diese griff bei der inhaltlichen Ausgestaltung nicht nur auf den
Reformationsratschlag von 1524 zurück, sondern auch auf vorreformatorische bischöfliche Mandate des
15. Jahrhunderts sowie einen Hirtenbrief Bischof Hugos von Hohenlandenberg von 1517.58 Bereits drei
Tage, nachdem die Beratungskommission den Auftrag erhalten hatten, legte sie das Edikt vor. Bürger-
meister sowie kleiner und großer Rat als Aussteller forderten darin bei Strafe, dass die Konstanzer Bürger
und Geistlichen ihre Konkubinen binnen vier Wochen wegschicken oder heiraten sollten. Wie die Einträge
in den Ratsbüchern zeigen, verlieh der Rat dem Mandat mit Strafmaßnahmen Nachdruck.59 Über den
Erfolg berichtet Vögeli in seiner Reformationsgeschichte: Disem edict ist allemengklich ghorsam gwesen. Die
laygen [=Laien], die zuen uneren saßent, ewetent [=heirateten] ire concubinen oder thättent sy von inen. Vil
pfaffen handeltent der glichen.60
Lag die Ehegerichtsbarkeit vor der Reformation in den Händen des bischöflichen Offizialats, so nahm
sie der Konstanzer Rat als ain christliche oberkait, die des gottlichen rechten verpflicht und schuldig ist, nun
mehr und mehr selbst in die Hand,61 wobei er jedoch auf die Einrichtung eines eigenständigen Ehegerichts
verzichtete.62
2c. Ordnung der Eheeinsegnungen [vor 8. Nov. 1528] (Text S. 364)
Der Konstanzer Magistrat ging nicht nur gegen die konkubinarischen Verhältnisse in der Bürgerschaft vor,
sondern setzte auch eine Ordnung der Eheeinsegnungen in Kraft. Diese stellt im engeren Sinne eine Agende
dar, die den Wortlaut der Trauzeremonie wiedergibt. Bei der Ausarbeitung des Textes stützte man sich auf
ältere Ordnungen, etwa die Konstanzer Hochzeitsordnung von 1444, die 1515 erneuert worden war, sowie
auf Zürcher Vorlagen.63 Am 8. November 1528 hatte der Konstanzer Rat den Zünften verkünden lassen,
dass die Konstanzer Bürger ausschließlich innerhalb der Stadt die Ehe schließen und die Einsegnung nicht
an fremden Orten vornehmen lassen sollten.64
1531 wurde ein „Register, darinn alle Een, die syth uffgerichter und verkundter Zuchtordnung65 zu
Costantz in angesicht der Kirchen behochzitlichet sind, begriffen stond“, angelegt, in das sämtliche Ehe-
schließungen zwischen dem 18. April 1531 und dem 11. Januar 1547 verzeichnet wurden.66 Dem Rat sollte
56 Zu dieser Kommission gehörten Bürgermeister Hans
Schulthaiß, Reichsvogt Jakob Zeller und die vier Rats-
herren aus dem kleinen Rat: Gorgius Kern, Ruland
Muntprat, Hans Wellenberg und Hans Rütz. Vgl.
Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 149 und
435.
57 Man hatt der hürery halb geredet und daruff beschlossen,
dieselbige ze weren, und sind verordnet die haimlichen ze
ratschlagen, wie das beschehen soll, StadtA Konstanz
Ratsbuch 1527/28, Bl. 70a, zitiert nach Buck/Fabian,
Reformationsgeschichte, S. 149 Anm. 657, ebenso bei
Vögeli, Schriften II/II, S. 1187; Köhler, Ehegericht
II, S. 102. Der Rat beschloss, die offnen hurery und
ebruch abzestellen und deßhalb ain offnes verbott ze thuen,
wie vorhin der taglich rat ouch darvon geredet hat... dann
nun, das man nit in das edict stalt, das sy ire metzen oder
sunst wiber solten rumen. Es wird aber beschlossen, welhe
gaistliche wiber nemmen, die solt man by den pfrunden bli-
ben lassen, zitiert nach Vögeli, Schriften II/II, S. 1187.
Vgl. Rublack, Einführung, S. 65f.; Meisel, Verfas-
sung, S. 115; Hauss, Zuchtordnung, S. 18f.
58 Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 150. Zur
Vorgeschichte vgl. Meisel, Verfassung, S. 114f.
59 Vögeli, Schriften II/II, S. 1187f.; Dobras, Ratsregi-
ment, S. 230; ders., Konstanz, S. 74; Rublack, Einfüh-
rung, S. 66; Köhler, Ehegericht II, S. 102 Anm. 79;
Meisel, Verfassung, S. 115.
60 Vögeli, Schriften I, S. 349.
61 Vgl. Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 74-88.
62 Köhler, Ehegericht II, S. 102, 120.
63 Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 150; Köh-
ler, Ehegericht II, S. 92f., S. 105, bes. Anm. 99. Zur
Konstanzer Hochzeitsordnung von 1444 siehe Rup-
pert, Hochzeitsordnungen.
64 StadtA Konstanz A III 9, fol. 36; vgl. unten, S. 400.
65 Die Konstanzer Zuchtordnung vom 5. April 1531, siehe
unten, Nr. 8.
66 StadtA Konstanz A VI, Bd. 3.
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Bekämpfung des Ehebruchs zu beraten.5 Diese griff bei der inhaltlichen Ausgestaltung nicht nur auf den
Reformationsratschlag von 1524 zurück, sondern auch auf vorreformatorische bischöfliche Mandate des
15. Jahrhunderts sowie einen Hirtenbrief Bischof Hugos von Hohenlandenberg von 1517.58 Bereits drei
Tage, nachdem die Beratungskommission den Auftrag erhalten hatten, legte sie das Edikt vor. Bürger-
meister sowie kleiner und großer Rat als Aussteller forderten darin bei Strafe, dass die Konstanzer Bürger
und Geistlichen ihre Konkubinen binnen vier Wochen wegschicken oder heiraten sollten. Wie die Einträge
in den Ratsbüchern zeigen, verlieh der Rat dem Mandat mit Strafmaßnahmen Nachdruck.59 Über den
Erfolg berichtet Vögeli in seiner Reformationsgeschichte: Disem edict ist allemengklich ghorsam gwesen. Die
laygen [=Laien], die zuen uneren saßent, ewetent [=heirateten] ire concubinen oder thättent sy von inen. Vil
pfaffen handeltent der glichen.60
Lag die Ehegerichtsbarkeit vor der Reformation in den Händen des bischöflichen Offizialats, so nahm
sie der Konstanzer Rat als ain christliche oberkait, die des gottlichen rechten verpflicht und schuldig ist, nun
mehr und mehr selbst in die Hand,61 wobei er jedoch auf die Einrichtung eines eigenständigen Ehegerichts
verzichtete.62
2c. Ordnung der Eheeinsegnungen [vor 8. Nov. 1528] (Text S. 364)
Der Konstanzer Magistrat ging nicht nur gegen die konkubinarischen Verhältnisse in der Bürgerschaft vor,
sondern setzte auch eine Ordnung der Eheeinsegnungen in Kraft. Diese stellt im engeren Sinne eine Agende
dar, die den Wortlaut der Trauzeremonie wiedergibt. Bei der Ausarbeitung des Textes stützte man sich auf
ältere Ordnungen, etwa die Konstanzer Hochzeitsordnung von 1444, die 1515 erneuert worden war, sowie
auf Zürcher Vorlagen.63 Am 8. November 1528 hatte der Konstanzer Rat den Zünften verkünden lassen,
dass die Konstanzer Bürger ausschließlich innerhalb der Stadt die Ehe schließen und die Einsegnung nicht
an fremden Orten vornehmen lassen sollten.64
1531 wurde ein „Register, darinn alle Een, die syth uffgerichter und verkundter Zuchtordnung65 zu
Costantz in angesicht der Kirchen behochzitlichet sind, begriffen stond“, angelegt, in das sämtliche Ehe-
schließungen zwischen dem 18. April 1531 und dem 11. Januar 1547 verzeichnet wurden.66 Dem Rat sollte
56 Zu dieser Kommission gehörten Bürgermeister Hans
Schulthaiß, Reichsvogt Jakob Zeller und die vier Rats-
herren aus dem kleinen Rat: Gorgius Kern, Ruland
Muntprat, Hans Wellenberg und Hans Rütz. Vgl.
Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 149 und
435.
57 Man hatt der hürery halb geredet und daruff beschlossen,
dieselbige ze weren, und sind verordnet die haimlichen ze
ratschlagen, wie das beschehen soll, StadtA Konstanz
Ratsbuch 1527/28, Bl. 70a, zitiert nach Buck/Fabian,
Reformationsgeschichte, S. 149 Anm. 657, ebenso bei
Vögeli, Schriften II/II, S. 1187; Köhler, Ehegericht
II, S. 102. Der Rat beschloss, die offnen hurery und
ebruch abzestellen und deßhalb ain offnes verbott ze thuen,
wie vorhin der taglich rat ouch darvon geredet hat... dann
nun, das man nit in das edict stalt, das sy ire metzen oder
sunst wiber solten rumen. Es wird aber beschlossen, welhe
gaistliche wiber nemmen, die solt man by den pfrunden bli-
ben lassen, zitiert nach Vögeli, Schriften II/II, S. 1187.
Vgl. Rublack, Einführung, S. 65f.; Meisel, Verfas-
sung, S. 115; Hauss, Zuchtordnung, S. 18f.
58 Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 150. Zur
Vorgeschichte vgl. Meisel, Verfassung, S. 114f.
59 Vögeli, Schriften II/II, S. 1187f.; Dobras, Ratsregi-
ment, S. 230; ders., Konstanz, S. 74; Rublack, Einfüh-
rung, S. 66; Köhler, Ehegericht II, S. 102 Anm. 79;
Meisel, Verfassung, S. 115.
60 Vögeli, Schriften I, S. 349.
61 Vgl. Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 74-88.
62 Köhler, Ehegericht II, S. 102, 120.
63 Buck/Fabian, Reformationsgeschichte, S. 150; Köh-
ler, Ehegericht II, S. 92f., S. 105, bes. Anm. 99. Zur
Konstanzer Hochzeitsordnung von 1444 siehe Rup-
pert, Hochzeitsordnungen.
64 StadtA Konstanz A III 9, fol. 36; vgl. unten, S. 400.
65 Die Konstanzer Zuchtordnung vom 5. April 1531, siehe
unten, Nr. 8.
66 StadtA Konstanz A VI, Bd. 3.
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