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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0395
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4. Almosenordnung 1527

Doch soll hiemit nit sin abgestrickt, besun-
der18 zugelassen, das die Inwoner zu Costantz arm
lut, die syen siech oder gsünd, in ire huser laden,
essen und trincken inen geben, ouch andere hilf und
trostung bewysen oder sy sunst, das almusen by
inen zeholen, bschaiden mögent. Hierumb, welhe ar-
men insunderhait rvon jemandsr allso geladen oder
bschaiden werdent, ders mogent wol in die huser gon
und das almusen nemmen, doch nit, sy werdint
dann, als jetz gemelt, darzu beschaiden. |27r |
Von den krancken
Und ob der armen personen ettliche in zufallig
kranckhaiten fielent, welhe unlangwirig geachtet
wurdint, denen soll uß dem gmainen almüsen (ob es
das ertragen mag) durch leb oder wund artzet19,
ouch uß der appotegk, fursehung bschehen, damit
inen, obs moglich, zu gsundthait geholfen werd.
Wurde aber die kranckhait sich lengern odert als
ain langtägige bettlegerung geachtet, so soll man sy,
ob sys begerent (doch mit verwilligung deß rats),
mit allem, das sy habent, in spittal nemmen, ir pfleg
und artzny mit artzten und uß der appotegk thün,
ob inen villichter mocht geholfen werden. Doch soll
man der selbigen personen güt so lang verkoufen, bis
das die schulden bezalt, und was uber plibt, mit der
armen krancken person in spittal genommen wer-
den. Ob sy dann im spittal stirbt, soll das selbig gut
dem spittal pliben, der wurt wyther niemands ant-
wort darumb geben. Gnyßt sy aber, so soll man sy
uß dem spittal thun und |27v | ir alles, das sy hinin
gebracht hat oder so vil wert, doch nur am haupt-
gut, widerumb geben.
Von den Waysen
Item die waysen, welhe gar nichtz aiges oder aber so
vil nit haben, das sy durch ir verordnete vögt usser
r-r Fehlt B.
s B: die.
t B: unnd.
u B: schulden.
v Fehlt B.
18 Sondern.

irem aignen güt mögent erhalten werden, soll man
mit allem, das sy habent (doch mit abbezalung vor-
hin der schuldu), in spittal nemmen, erberlich fur-
sechen und erziehen, biß das sy tougenlich zu der
lere, zün handtwercken oder zedienen werdent. Als-
dann söllen die spittalpfleger sy zuo der lere oder er-
lichen handtwercken oder diensten, je nachdem je-
des gschickt sin geachtet würt, verdingen.
Und so sy darnach sich selbs ze erneren touglich
und alt gnüg sind, soll inen, was sy in spittal
gbracht habent oder so vil wert, one ainichen abzug
am houptgüt wider geben werden. Aber by uffghap-
ter nutzung soll das spittal inen nichtz schuldig sin.
Welhe ouch in der spittal pfleger willen hir-
rent20 oder sunst farent, denen soll man alles, das
inen vom allmüsen in die lad, wie dann das |28r|
selbig almüsen im brauch ist (obberürts gmains al-
müsen nichtz belangend), wöchigklichen gfallen und
uber das, dasv an schüch21 und häß22, altem bruch
nach, gelegt und verbrucht, ist oberpliben, zusampt
dem iren, das sy in spittal gebracht habent, ouch
geben werden.
Die aber unerberlich handlent und wider wissen
und willen der pfleger hirrent oder sunst ubel farent,
denen soll man nit mer dann ir hinin gebracht gut,
als obstat, geben, und berürts wochen almüsen dem
spittal pliben.
Belangend arbaitend lut, die nit bettlend
Item wo arbaitend lut sind, die zewercken nichtz
habent und doch gern wercken welten, denen söllend
die pfleger deß almüsens uß dem gmainen almüsen,
ob es das ertragen mag, mit lyhen uff widerzalung
zu zimlichen zilen oder aber sunst nach irem gut be-
dencken zehilf kummen, damit sy by dem iren pli-
ben und nit von gebrust23 wegen der arbeit, das ir
allengklich anzegryfen und darnach das almüsen ze-
begeren, getrungen werdent. |28v |
19 Leib- oder Wundärzte.
20 Sich verheiraten.
21 Schuhen, vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 1823. Vgl.
Schultze-Gallera, Fuss- und Schuh-Symbolik.
22 Häß = Kleidungsstück, vgl. Grimm, DWb 10, Sp. 555.
23 Mangel, vgl. Grimm, DWb 4, Sp. 1877.

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