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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0401
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6. Almosenordnung 1545

6. Almosenordnunga
28./30. März 1545
Ordnung, betreffend das almusen

Wiewol die ordnungen des almüsens ußwysent, das
niemands hie uff der gassen bettlen soll1, so ist doch
dasselbig ettliche jar har abgangen und von wegen
der türen ziten zügsehen worden, das man uff den
gassen gebettelt hat. Es ist aber dardurch das bett-
len gar gmain worden, das vil lüt, ouch die sich mit
arbaiten wol erneren möchtint, uff den battel sich
legent, der fulhait sich ergebent, nitt arbaiten wel-
lent, aber im spil und hinderm win sitzent und ir
maisterloßkait mit dem bättel hinus bringent. Zu
denen kumment ouch die landstricher von allen or-
ten hiehar, durch welhe, ouch von den andern mais-
terlosen, den rechten, waren armen ir hilf und al-
müsen, das inen sunst zükeme, underloffen und nun
uff die unnützen, welhe dem nachloufen und sich
übel gheben könnent, verwennt2 und den rechten
armen wenig gegeben würt. Söllichs abzestellen hat
ein ersamer rat verordnet, das die raytepfleger irer
vorigen ordnungen fürohin geleben und das almüsen
getruwlichen under die notturfftigen ußthailen söl-
lent. Doch wie vorhin den frömbden iren almüsen
am suntag zu Sant Steffan3 ußgethailt, ouch gepre-
diget worden ist, allso soll dasselbig furohin zu Sant
Jos4 in der kirchen beschehen.
Item, es söllent ouch die burger fürohin das al-
müsen für die hüser an die gassen nit mer geben,
sunder was sy den armen geben wellent, in das
säckli deß almüsens legen oder den klinglern, so die
in der wochen härumb gond und das almusen sam-
lent, geben, damit die raytepfleger das den armen
ußthailen mögint.

a Textvorlage (Handschrift): StadtA Konstanz AIII
Bd. 8, fol. 587r-588v. Abdruck: Feger, Statutensamm-
lung, S. 241f.

1 Vgl. Konstanzer Almosenordnung von 1527, siehe oben,
S. 372, Nr. 4.

Oder, so ettliche ir almüsen den rayte pflegern, das
| 587v | uß zethailen, nit geben wellend, so söllent sy
es selbs oder durch andere am suntag nach den zech-
nen in Sant Jos kirchen bringen und daselbsten irs
gfallens den armen ußthailen und nit vor den husern
uff der gassen.
Doch soll hiemit niemands abgestrickt sin, die
armen lüt zu im in sin hus zeberüfen, inen essen und
trincken zegeben und andere hilf mit gelt und sunst,
wo sy achtent wol angelegt sin, zebewysen, doch nit
uff der gassen vor den husern, uff das das gassen
bettlen vermitten pliben und der ordnung deß al-
müsens gelebt werden mög.
Item die torhüter söllent kaine landtstricher
oder bettler, die von bettlens wegen harkumment, in
die statt lassen, Es syge dann der rayte knecht ainer
darby, mit dem sy harin gangint. Derhalben söllent
die rayte pfleger knecht haben, die am morgen vor
imbis zit zway, drü oder mer mal zu allen thoren
gangent unnd die armen lüt, die da wartent, harin in
das selhus5 fürint. Da soll inen der imbiß und darzu
gelt gegeben werden, wie die ordnung ußwyßt. Nach
dem imbiß söllent die knecht die selbigen armen, die
den imbiß genommen habent, zum thor hinus für die
statt füren.
So dann die armen abgevertigt sind, söllent die
knecht abermals biß abent ain mal, zway oder mer,
und besunder, so es spat würt, under die thor gon
und die armen in das selhus füren, da man sy uber

2 Verwendet.
3 Pfarrkirche St. Stephan.
4 Kapelle St. Jodok/St. Jos in der südlichen Vorstadt Sta-
delhofen.
5 Seelhaus, Armenhaus.

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