Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Arend, Sabine [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0421
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
8. Zuchtordnung 1531

der mann noch frowen, jung noch alt, zu kainer zit
von der Statt uß anderßwohin zu kirchenn gon söll,
dann welches das ubersehenn, den wurde ain ersa-
mer Rat darumb strafenn.
Nachmals am 4. tag Septembris Anno 1530 hat
ain ersamer Rat die gmainden in Zunfften gütigk-
lich gepetten, das sy alle hie zu den predigen gon
und die selbigen hören sölten. |143r |
Befelch des Clainen unnd grossenn Rats den
Zuchtherren der Toufer halb gegebenn
unnd gegen den Bäpstleren
Ob sy frömbd gest oder bywoner in der Statt Cos-
tantz oberkait erkundigent, die dem widertouff
unnd derselbigen Sect Irttungen anhengig oder fur-
derlich werind, die sollend sy hinweg triben.
Unnd ob irenn ettlich ir Irttung ander lut leren
oder Rottierung unnd Conventicula anrichten wur-
den, darinnen sy ir Irttumb und lere ußgiessen
möchtenn oder ander luth toufften, die sollennd sy
dem täglichenn Rat anzöugen, unnd derselb dann
inen die statt unnd deren Oberkait verpietenn soll.
Es möchte ouch etwar in diser sach so ungepür-
lichenn sich haltenn unnd under dem schyn des wi-
dertoufs ander unrüw unnd empörung stifftenn, der
rat solte gegen demselben als gegen aim Rottierer
unnd uffrurer vermög der Kayserlichen recht86 mit
ruhe unnd strenckhait nach maß sins verschuldens
handlenn.
Item, ob ainicher, der ain burger zu Costantz ist,
dermaßen wie obenn beschribenn ist, handlen wurd,
so soll er dem Rat angezögt unnd vom selbenn erst-
lich am gut, nachmals mit dem thurn unnd zum
drittenn mal (ob er nit abstünd) mit verwysung der
statt gestrafft werdenn, Doch ouch dem Rat wy-
there straf, ob er Rottierung unnd empörung zestiff-
tenn vorhette, vorbehalten. Glicherwyß soll gegen
den jhenen, die den bäpstlich globen hie lerenn unnd
die andern underrichten wurden, gehandelt werden.
86 Vgl. Carolina, Art. 127.
87 Verbotenes nächtliches Gelage, vgl. DRW 9, Sp. 1304.
88 Nacht-Ürte = abendlicher bzw. nächtlicher Wirtshaus-
besuch, vgl. Grimm, DWb 21, Sp. 86 zur Tagürte.

Item, es ist wyther den Zuchtherren befolhen, ob
sie etwarn fur sy gepietent und derselbig nit käm,
den sollennd sy umb i ßd von sins ußplibens wegen
strafen unnd so offt die straf nemmen, biß er kumpt.
Item, es ist ouch inen befolhen, das sy die jhe-
nen, die etwa hin zu ainer meß oder derglichen gond,
um 2 ßd strafen sollind.
Item, inen ist befolhen, welche tanzend, das sy
dieselben umb i ßd strafen sollind. |143v |
Item, nachdem ain ersamer Rat deß swerens,
spilens, zutrinckens, füllens, nachttrinckens87 und
der nachürten88 ordnungen gmachet89, ob welhen,
das man den gelebe, die Zuchtherren bißdaher ge-
halten habent und noch halten sollend.
Und aber in den tagürten vil unzucht bschicht,
hatt darumb der rat deß tagzechens halb wyther
verordnet, das nun fürohin in wurts-, ouch win-
schencken husern und anderßwo die tagürt uff die
zit uß solle sin wie in zunfften, und das man (nach-
dem es viere ist) niemands mer, der vorhin da oder
anderßwo gezechet hat, soll lassen trincken, es wäre
dann, das wandlend oder ander frömbd oder
haimsch lüt, die sunst zeschaffen ghept und vorhin
kain urten gethon hetten, zetrincken begerten, de-
nen mag man ain zimlichen trunck geben, es syg
welher zit im tag es welle. Item, die würt und win-
schencken sollend in iren hüsern nicht juchtzen noch
jölen oder mit unzucht singen oder ander unzucht
verhandlen lassen. Sy sollend ouch die gemainen
diernen nit uffenthalten. Darzü sollend sy sunder-
bare gschirr in iren husern haben und iren trinckern
allweg sagen, das sy in die selbigen gschier das was-
ser abschlahint |144r | und nit an der gassen. Ouch
sollend sys vor unzüchtigen wesen und trincken
warnen und inen sagen, welher von völle wegen uff
der gassen nit wurde gon können oder den win wi-
dergäbe oder sich unschickerlichen emplotzte90, den
werde man gfengklich annemmen unnd in turn biß
an den rat legen. Item und ob ettlichen offnen dier-
nen, die von anderßwo harkumment, ir unwesen hie
ze triben, durch die Zuchtherren würd ußgebotten
89 Siehe oben, S. 386-388.
90 Entblößte.

401
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften