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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0442
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Isny

zahlreiche Dokumente zur frühen Stadtgeschichte verloren. Die Isnyer Reformationsgeschichte muss daher
in weiten Teilen lückenhaft bleiben.12

2. Die Einführung der Reformation 1525-1531

Wie in anderen Reichsstädten war auch in Isny das Predigtamt die zentrale Institution, von der aus die
Reformation in der Stadt Verbreitung fand. Seit 1518 war Konrad Frick13 als Prädikant in Isny tätig. Seine
Einzeichnungen in den Büchern der Prädikantenbibliothek14 legen den Schluss nahe, dass er bereits in den
frühen 1520er Jahren mit den Schriften Luthers, Zwinglis, Oekolampads, Capitos und anderer evangelischer
Theologen vertraut war. Seit dem Frühjahr 1525 predigte Frick im reformatorischen Sinne und an Ostern
desselben Jahres teilte der Vikar Wilhelm Steudlin15 das Abendmahl erstmals unter beiderlei Gestalt
aus.16 Der Isnyer Rat zeigte sich der evangelischen Lehre gegenüber aufgeschlossen, nicht zuletzt deshalb,
weil er hierdurch den seit jeher bestehenden Streit mit dem Kloster um die Besetzung der Isnyer Pfarrkir-
che zu seinen Gunsten entscheiden wollte.17 Als Wilhelm Steudlin am 24. Juli 1525 starb und Abt Philipp
von Stein die Neubesetzung der Nikolaikirche hinauszögerte, bat der Isnyer Rat, Konrad Frick und dessen
Helfer Wolfgang Gasser die Stelle für ein halbes Jahr versehen zu lassen. Der Abt lehnte diese Bitte jedoch
ab und setzte wenig später den altgläubigen Hans Waldvogel ein. Dieser blieb jedoch nur 16 Wochen im
Amt, da er der stark anwachsenden Zahl Evangelischer sowie der argumentativen Übermacht Fricks und
seines Helfers nicht gewachsen war. Alle Versuche des Isnyer Abtes, den altgläubigen Kultus in der Pfarr-
kirche aufrecht zu erhalten, scheiterten am wachsenden Widerstand der evangelischen Geistlichen in der
Stadt.18 Dennoch behielt der Abt die mit der Inkorporation verbundenen Rechte an der Pfarrkirche weiter
in Händen.
1529 schloss sich Isny auf dem Reichstag in Speyer den protestierenden Reichsständen an. Auf dem
Augsburger Reichstag 1530 unterschrieb der Magistrat jedoch weder die Confessio Augustana noch die
Tetrapolitana.19 Der Rat blieb bei dieser zweideutigen Haltung: 1531 trat er einerseits dem Schmalkaldi-
schen Bund mit seinen hauptsächlich der Confessio Augustana verpflichteten Mitgliedern bei,20 versicherte
sich jedoch andererseits auf dem Memminger Städtetag21 desselben Jahres des Einvernehmens der mehr-
heitlich der Confessio Tetrapolitana anhängenden oberländischen Städte.22
Die Ausformung der Reformation in Isny war - nicht zuletzt durch die prägenden Nachbarstädte
Konstanz, Lindau und Memmingen - zunächst stärker von Zwingli als von Luther beeinflusst. So las Paul

12 Hauptmeyer, Verfassung, S. 5 Anm. 14; Köhler,
Eherecht II, S. 208; Eisele, Isny, S. 686.
13 Zu Konrad Frick siehe Rauscher, Prädikaturen,
S. 190, 200; Kammerer, Reformation, S. 4-7; Eisele,
Isny, S. 686; Warmbrunn, Reformatoren, S. 173-175.
14 Zu der nahezu vollständig überlieferten Isnyer Prädikan-
tenbibliothek siehe Kammerer/Weible, Bibliothek;
Schmid, Liberey; Leuze, Reformations-Drucke.
15 Magister Wilhelm Steudlin war der Neffe des Isnyer
Abts Georg Steudlin (1475-1501). Zur umstrittenen Per-
sönlichkeit Wilhelm Steudlins siehe Kammerer,
Geschichte, S. 86-88; Köhler, Ehegericht II, S. 208.
16 Kammerer, Reformation, S. 7.

17 Ebd., S. 13.
18 Ebd., S. 9. Ob Frick und sein Helfer auch eine Kirchen-
ordnung einführten, wie Köhler, Ehegericht II, S. 208
und Anm. 29 unter Verweis auf Scharff, Reformation,
S. 29 vermutet, ist fraglich, vgl. unten, S. 427.
19 Kammerer, Reformation, S. 14; Warmbrunn, Refor-
matoren, S. 175.
20 Köhler, Ehegericht II, S. 209; Kammerer, Refor-
mation, S. 16-21.
21 Vgl. Sehling, EKO XII, S. 11.
22 Tüchle, Reichsstädte, S. 62; Kammerer, Reforma-
tion, S. 20.

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