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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0453
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1. Zuchtherrenordnung [1533]

von forchten oder zeitlichen schadens wegen diß
versenung thue, die er doch auß rewigen hertzen
unnd mit warhafftem ernst verhandlen solt.
Alle dieweil aber, wer mit der kirchen nit ains
ist, auch von irer gaistenlichen speiß des leibs unnd
bluts Cristi dhain gemainschafft haben mag, so sol-
lend auch dieselbigen, die oberzelter maßen durch
uns oder im teglichen Rath gestrafft sind, aufge-
zaichnet unnd zum tisch des herren nit gelasen wer-
den, biß die versennung, wie vorstat, beschehen ist.
Doch ob sich begebe, das ettwar nach erlithner
straff lannge Zeit die versenung nit begerte, auch
dern |101 v | als ain Rewloser nit achtete, unnd aber
die cristenlich lieb in allweg vleysig ist unnd sorg-
veltig, yederman dem herren zugwinen, so sollen die
verordneten unnd gwalthabern der kirchen densel-
bigen beschicken, ime die verderbliche gevarlichait
seiner sellen zum getrewlichisten fürhalten, ob vil-
leicht der parmhertzig got ine mit ainem rewigen
gaist begaben unnd er von hertzen mit der kirchen
gotes versent zuwerden begern welt, welches, so ers
thut, sol man in widerumb als ain versents glid der
kirchen annemen. Beharte er aber über solche war-
nung in seinem verstockten willen, sol dannocht er
zu der versenung nit gezwungen, Er sol aber, wie
gehört, zum tisch des herren nit zugelasen unnd
sonnst als ain haid oder nitcrist geacht werden.
Es sol aber dise strenckhait der außschliesung
von der cristenlichen gemainschafft oder tisch des
herren über die obgeschriben mindern schwern las-
ter, nemlich unverdacht schweren, spilen, nach-
unnd nachtzechen, zuetrincken und dergeleichen nit
gebraucht, besonnder allain in den schwern, groben
unnd ergerlichen sünden, als Ehebrechen, Junck-
fraw schwechen, offne Hurery, wucher, kupplen
unnd dergeleichen gehalten werden. |104r|
Doch auch der Hurerei halb zwischen ledigen
unnd ledigin18 verlofen dergestalt, das die selbigen,
soß nach erster, annderer, auch dritter straf zum
viertenmal durch unns in teglichem Rath lauth ge-
setzter Stattuten gestrafft worden, dannocht nit als
18 Ledigen Männern und Frauen.
19 Schwächer, Jungfrauschwächer, jemand, der eine Jung-
frau entehrt, vgl. Grimm, DWb 15, Sp. 2157.

ausgeschlosne ofenpar verkündt werden sollen, es
werde dann von uns auf anzaigen der verordneten
Kirchenpfleger für nothürfftig angesehen, das das
beschehen solle.
Welcher lediger aber zum drittenmal [als] ain
Junckfraw schweher19 gestrafft wurde, gegen dem-
selbigen sol wie gegen aim prichigen20 oder ainem
anndern schuldigen der schwern laster der auschlie-
sung halb gehanndlet werden zu gleicher weyß, ob
ettwar in den ringen lastern gar unverschaumpt
unnd gwon sich halten unnd unachtig der im ausge-
legten straffen für unnd für sein wesen beharn wurd,
so sollen die verordnete gwalthaber der kirchen da-
rumb rathschlagen, volgentz uns im teglichen Rath
anzaigen unnd, so es dann uns für gut unnd notürff-
tig ansehen, die ausschliesung auch gegen im thun
unnd hanndlen lassen.
Es sollen auch die kirchenpfleger all predicanten
in unnser Statt unnd gerichten sampt |104v| unnd
sonders, wie es fuegclich ist, an ir ler unnd leben
rechtvertigen, straffen und underweysen, so offt sy
fel an inen finden, welches die predicannten von in
zu dannckh annemen und irm bevelch trewlich
nachkomen sollen, den sy an statt unnd namen der
kirchen und nit in selbs verhanndlen, under welche
die dienner des worts als mitgenosen auch sein under
ainem haupt Cristi Jesu gleich wie ander von der
gmaind, seytmal sy nit herschen, sonder der herd
ain gut fürbild sein sollen.
Wa ain oder mer predicannten gegen anndern
lewthen, es sey gegen sein mitpredicannten oder
sonnst gemainen personnen der kirchen baide, ober-
kaiten oder unnderthannen, etwaß fel unnd deßhalb
an sein gegentail anvordrung zu thun gedechte, das
sol er vor den kirchenpflegern zuthun macht haben,
welche darinn erkennen unnd fürter hanndlung nach
gelegenhait der sachen pflegen sollen. Wa sy aber
befünden, das die clag purgerlichen ist unnd ains
zeitlichen gerichtzwangs erfordert, alßdann so sollen
sy die partheyen unentschaiden sampt der sachen
für uns als die oberkait weysen.
20 Ehebrüchigen.

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