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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0473
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4. Ordnung des Ehegerichts [1600]

villeicht beschehen möchte, so sollen die Richter
von ihme selbst von ampts wegen den Partheyen,
solche beweisung zuethun oder zeugen verhören zue-
lassen, mit urttel auflegen und darzue zwingen,
dann die Partheyen könden oder mögen in solchen
sachen, der seelen seeligkait betreffende, zue nach-
thail derselben und der warhait zuewider, ainandern
nichts nachgeben oder zuelassen, wie sonst in an-
dern sachen wol beschehen mag.
Zeugen zuverhören: |26r|
So sollen die Zeugen durch den Stattamman oder
ainen Richter und dem Gerichtschreiber mit ge-
wohnlicher beaydigung angenommen und verhört
und alles hierinn gehandelt werden, was recht ist.
Öffnung der Khundtschafften:
Volgendts, wann die zeugen verhört worden und ihre
wissenschafft7 gesagt haben, mögen sie, Partheyen,
sampt oder sonders begehren, ihnen die gelaissten
khundtschafften zueöffnen, welches alß beschehen
und ihnen abschrifft darvon mitgehailt, auch zeith

und zihl darauff gegen und sonst verrner zuehandlen
gegeben werden solle und hernach mit excipierung
und anderm, wie sich gepüert, verfahren werden.
Beschluß der sachen: |26v |
Darauff dann auch sie, die Partheyen, endtlich inn
der sachen beschliessen und einen gegenhail darinn
aufhalten woltt, soll ihme dasselb zuethun mit recht
aufgelegt, und wo er sich alßdann noch sperren wur-
de, so sollen die richter mit der andern Parthey auß
richterlichem ampt beschliessen.
Die richter sollen nach beschluß der sachen
darinnen erkhennen und urthailen:
Und alßdann nach zeitlicher und reifflicher erwe-
gung der gantzen handlung sollen sie, die richter,
inn gegenwerttigkait beeder Partheyen oder, wo ain
thail nicht erschiene, auff sein ungehorsamb auß-
bleiben und deß gegenthails anrueffen inn sachen
erkhennen unnd urthailen, wie ihro geschworener
Aydt außweißet unnd innhält. |27r |

Wie sich die Eherichter inn zweiffeligen fählen zueverhalten

Solten sich aber inn ainigen Ehesachen, handlungen
oder fählen (die inn berüerter unser gemachter Ehe-
ordnung8 nit lauter begriffen und ußgefüehrt) zue-
tragen, darinnen ihnen, den Eherichtern, zuerkhen-
nen und zue urthailen schwer und bedenckhlich fal-
len wolte, sollen sie hierunter unsers bestelten Ad-
vocaten und, uff den fahl, anderer erfahrnen Rechts-
gelehrten Rhatt pflegen und alßdann demselbigen,
ihrem Rhattschlag nach, mit urttel zue recht er-
khennen, bey welcher erkhanntnuß es auch endtlich
ohne verrner appellieren verbleiben solle.
Güettliche Handlung
Und wo aber sie, die Eherichter, jederzeit ver-|27v |
hoffen, etwas guets zwischen den Partheyen inn der
7 Ihr Wissen, das, was sie zu sagen haben.

Güetti zuehandlen, so mögen sie mit wissen beeder
Partheyen güettliche underhandlung pflegen, und
wo sie dann mitainandern vertragen werden im Na-
men deß herren, so solle doch das mit angehenckhter
ermahnung und betrawung beschehen, das sie sich
wie frommen Eheleuthen gezimpt halten, dann wel-
che solches nit theten und käme es von ihnen zue
clag, so wurde E. E. rhatt wider dieselb beclagte
Parthey mit der straff nach gepüer verfahren, wo sie
aber nit vertragen wurden, alßdann solle der Recht-
vertigung ihr gang gelassen werden.
Betrug und gefahr
So dann auch Partheyen fürkämen, da die Eherich-
ter bedunckht, das beed thail, umb was ursachen ja
8 Vgl. Ehegerichtsordnung von 1566/1600, siehe oben,
S. 439, Nr. 3.

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