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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0514
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Gengenbach

Von der predicanten wandel und leben |4r |
Sovil der predicanten leben und wandel antrifft, das
doch nit wenig zur erbawung der Christen dienstlich
ist, und etwa meer auff iren wandel und der leer
gesehen wirt, wellen wir, das sy selb mit sampt iren
weyben, kinden und Haußgesind nach der regel

Pauli, inen fürgeschriben in obgemelten epis-
teln19, ain vorbild und form der hert Christi seyend,
dieweyl der allain groß im himelreich sein würt, der
wol lebt und leert. Wa aber solchs (da gott vor sey)
von inen ubersehen, sollen sy wie andre undertho-
nen gewarnet, gemant und gestrafft werden nach
gebur.

Wie man sich zur predigt fugen soll

Uber all unsere vorigen außgangen mandatten (die
wir doch gnugsam gewesen sein verhofft hetten)
werden wir gedrungen, diser grossen verachtung, die
sich mit meniglichenn eingerissen, am Sontag zu
predig- und gepettzeytten under der lauben20 mit
khauffen und verkauffen unnd andern unnottigen
geschefften, dardurch die predig in der pfarrkirchen
versaumpt wurt, auff ein news zu begegnen.
Darumb ordnen und setzen wir und wellen, das
sich yederman des Sonnentags, dem anderst die eer
gottes und seelen hayl angelegen ist, zur predig ver-
fuge und der gemaind gottes fur der kirchen anligen
pette, welchem das nottiger geschäfften halben
möglich ist. Doch mag ain yeder haußvatter auff
dem land ain solch ordnung halten, das, wo nit ye-
derman zur kirchen komen mag, das aber zum we-
nigsten ains oder zway oder so vil er auß dem hauß
emberen mag, zur kirchen abgefertiget werde unnd
nachmals, so sy haim komend, ires predighörens be-
fragt unnd die abwesenden auch darmit bericht wer-
den. |4v|
Wenn aber yemand sich der predig muttwilligc-
lich on nottwendige, glaubliche ursach auß farenles-
sigkeyt entzuge, ain Sontag oder iii oder auffs lengst
in Monatsfrist sich vor der versamelten gemaind nit
erzaygte, der soll, von den verordneten des selbigen
tals oder zingkens21 auffsehern gemerckt, gewarnet

19 Siehe vorige Anm.
20 Verschrieben: glauben. Gemeint sind die Verkaufs- bzw.
Rathauslauben, unter denen die Waren feilgehalten wur-
den, vgl. Ohm, Matthias, Das Braunschweiger Alt-
stadtrathaus. Funktion, Baugeschichte, figürlicher
Schmuck (Braunschweiger Werkstücke 106), Hannover
2002, S. 103f.; ders., „Darna geyt de rad vppe de loewe-
ne, vnde de borghermester secht to dem volke van der

werden. Wa aber er hernach noch halsstarrig und
ungehorsam erfunden, sol er den diaconen angeben
und befragt und auff das besser gewissen nachmals,
so er nit abston wolte, wie sich gepurt von ainem
Rhat gestrafft werden.
In der statt soll yederman gewarnet sein und
sich desse wissen zu halten, so man am Sontag in der
pfarrkirchen zum ersten mal zusamen geleuttet
hatt, das er sich auff die ban22 mach, den nechsten
der kirchen zu, alle kauffmanschatz und gewerb
auffgehaben oder durch den botten verkundt, bey
der besserung, vom Rhat erkhant.
Auch sol sich niemand weder uber gemelte pre-
digzeyt under der lauben, Rhathuß, wirtsheusern,
gassen, Thoren andern zur ergernuß finden lassen,
bey straff ains Rhats, daruber erkhannt.
Mittagpredig im Closter
Es ist auch ain boßer brauch bey vilen ingewachsen,
dieweyl man im Closter die mittagpredig und kin-
derbericht23 halt, das niemand seine kind darzu fu-
ret, auff den hin- und widerstand, ettlich ire ge-
schefft außrichten, zum Sauffen, Tantzen, Spilen
schicken, damit das wort gottes verachttend, den
wir solche unordenliche bruch kains wegs zu gestat-
ten gedencken.

loewene“. Das Rathaus als Ort der Kommunikation im
spätmittelalterlichen Braunschweig, in: Günthart,
Romy/Jucker, Michael (Hgg.), Kommunikation
im Spätmittelalter. Spielarten, Wahrnehmungen, Deu-
tungen, Zürich 2005, S. 53-63, bes. S. 58f.
21 Siehe oben, Anm. 12.
22 Auf die Beine, auf den Weg machen.
23 Katechismusunterricht.

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