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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (17. Band, 1. Teilband = Baden-Württemberg, 3): Schwäbisch Hall, Heilbronn, Konstanz, Isny und Gengenbach — Tübingen: Mohr Siebeck, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.30656#0566
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Nachtrag zu Band XVI

vor Gott schuldig, ob inen halten wurden, Die sollen
von den Schulmeistern ermanet und ires Ampts
fleissig erinnert, und, da es nit hilff, in der Visitation
demm Superattendenten und Magistrat angezeigt
werden, Damit dieselben dargegen ir Ampt auch ge-
brauchen und verrichten mögen.
Und damit die Eltern der Schulen nutz unnd
notturfft mit den Kindern bericht und zu desto
mehrer liebe, fleiß und eifer gereitzt werden, Sollen
die Pfarrern unnd Kirchendiener dem Volck auff das
wenigest im Jar zwey mal, das erst im Früling, das
ander gegen dem Winter, in offentlicher Predig ein
ernstliche Vermanung thun, das sie die Kinder fleis-
sig zür Schul schicken, in bedencken0, das der meh-
rerteil irer Arbeit und Handtierungen halben diesel-
ben nit selbs lehren und underrichten mögen. Und
doch zu irer zeitlichen und ewigen Wolfart in den
Schulen, als dem rechten Mittel, gelert zuwerden,
inen hoch von nöten unnd nutzlich, Und sie, die El-
tern, ire Kinder selbs auch under der Rütten halten
und inen nit zu leißp und milt seien oder under den
Schulen zu andern arbeiten gebrauchen und an iren
Studiis verhindern, Und wa sie ab den Schulmei-
stern klagen, nit leichtlich glauben geben und beifal
thun, Dann die Schulmeister hierinn ires Ampts nit
vergessen, sonder wissen und darfür halten sollen,
das inen die Kinder nit als | cxxxiiiib | dem Hirten
das unvernünfftig Vihe, sondern als Himlische
Kleinat83 vertrawet und bevolhen seien84, Wölche
auch unser Herr und Gott so lieb hat, das er mit
allem ernst gebotten und bevolhen, das niemands
eins auß denselben ergern, dann wer das thue, das
dem besser wer, es wurde ime ein Mülstein an Hals
gehänckt und in das Meer, da es am tieffesten ist,
versenckt85.
Damit aber die Kinder zu wolfart der Kirchen
und der Gemein Christi aufferzogen werden, soll der
Schulmeister ungefahrlich auff nachvolgende Sta-
tuta zuhalten gut acht haben.

m KO Württemberg 1582: den.
n Separatdruck 1559: Pfarrherrn.
o Separatdruck 1559: bedenckung.
p Separatdruck 1559: leinß [=zurückhaltend].

Statuta
I. Erstlich, das alle Knaben Gottsförchtig, From
und züchtig seien, fleissig in die Schul gehn und ler-
nen.
II. Das sie iren Eltern, Vormündern, Pfarrherrn und
Schulmeistern gehorsam seien unnd alle die jhenige,
denen Ehr gebürt, in ehren halten.
III. Sie sollen in der Schul under den Lectionibus,
auch in der Kirchen still sein und nit schwätzen, In
und ausserhalb der Schulen nit Teutsch, sonder La-
teinisch miteinander reden, darob dann die Schul-
meister mit fleiß halten sollen und fürnämlich auch
gute, fleissige fürsehung thun, das einer mit dem an-
dern fridsam und fridfertig sey und zu keinem
Zanck, Hader unnd Schlahen einiche Ursach gebe,
sonder, im fall, sich solches zütrüge, irem Praecep-
tori anzeigen.
IIII. Es sollen auch die Kinder nit one Röck weder
zur Schul oder in die Kirchen gehn. | cxxxva |
V. Sie sollen auch daheim oder anderstwo nichts auß
der Schul schwetzen noch ire Praeceptores oder
Condiscipulos und Mitgesellen gegen iren Eltern
verunglimpffen.
VI. Es sollen auch die Knaben sich mit Büchern
unnd anderm, wann sie zur Schul geen, nach not-
turfft versehen und gefaßt machen, das sie zwischen
den Stunden der Lectionen nit auß der Schul lauffen
dörffen oder sich sonst absentiern, wölches dann die
Schulmeister inen one sondere bewegliche Ursachen
und irer notturfft nach mit nichten und keins wegs
gestatten sollen.
VII. Es soll zu jeder Stund nach volendung der Lec-
tion in jetweder Classe insonderheit ein Register
oder Catalogus, darinn ein jetlicher Paedagogus sei-
ne Knaben verzeichnet, fleissig gelesen und die ab-
sentes mit Puncten vermerckt und nachmals, so die-
selben nit rechtmessig Ursach unnd Kundtschafft
irer Versaumnuß darthun künden, zimlicher massen
und der gebür nach gestrafft werden.
Zum Beschluß soll der Schulmeister erst erzölte Le-
83 Kleinodien.
84 Vgl. Mt 18,1-5; 19,13-15; Mk 10,13-16; Lk 18,15-17.
85 Vgl. Mt 18,6; Mk 9,42; Lk 17,2.

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