42p. Ordnung der deutschen Schulen 1559
42p. Ordnung der deutschen Schulena
1559
Von Teutschen Schulen
Damit dann auch die Jugendt inn und bey unsern
teutschen Schulen mit der forcht Gottes, rechter
Lehr und gutter Zucht wol underricht und erzogen
unnd hierunder gleichheit seie, So wöllen wir, das in
solchen volgende Ordnung gehalten werde.
Von underschid der Schulkinder
Und demnach in ettlichen teutschen Schulen nit al-
lein die Knaben, sonder auch Döchterlin zur Schul
geschickt, Wöllen wir, das in solchen Schulen die
Kinder abgesündert, die Knaben allein und die
Döchterlin auch besonder gesetzt und geleert wer-
den, Und der Schulmeister keins wegs gestatte, un-
der einander zulauffen oder mit einander unorden-
liche Gemeinsame zuhaben und zusamen zuschlies-
sen.
Von der Lehr
So dann der Schulmeister die Schulkinder mit nutz
leeren will, So soll er die in drey Heufflin theilen.
Das ein, darinn die jhenigen gesetzt, so erst anfahen
zu Buchstaben, | cxciib | Das ander die, so anfahen,
die Syllaben zusamen schlahen, Das dritt, wölche
anfahen lesen und schreiben. Deßgleichen under je-
dem Heufflin sondere Rotten machen, also das die
jenigen, so einander in jedem Heufflin zum gleiches-
ten, zusamen gesetzt, darmit werden die Kinder
zum fleiß angereitzt und den Schulmeistern die ar-
beit geringert.
Die Schulmeister sollen auch die Kinder nit
übereilen oder mit inen fortfaren, sie haben dann
das jenig, so inen der Ordnung nach fürgeben, wol
und eigentlich gelernt, Auch mit fleiß darauff sehen,
das sie anfangs die Buchstaben recht lernen kennen,
Derhalben dann die Ordnung des Alphabets zuwei-
len brechen unnd mit verhebung1 der andern, un-
derschidlich ettlicher Buchstaben halb, wie die heis-
sen, das Kind fragen. Dergleich die, so Buchstaben,
gleicher gestalt mit befragung der Buchstaben Na-
men, und das sie ime dieselben im alphabet zeigen,
üben, Unnd daran sein, das sie in allweg die Buch-
staben recht nennen, die Syllaben deutlich auß-
sprechen und im letsten die Wörter syllabatim un-
derschidlich und verstentlich pronunciern, auch die
letsten Syllaben im Mund nit verschlagen.
So dann das Kind zimlich wol lesen kan, alsdann
dasselb mit schreiben underrichten und die Vor-
schrifften in ein sonder Büchlin, so das Kind darzu
haben soll, ime verzeichnen und sich befleissen, gute
teutsche Buchstaben zumachen, Und darob halten,
das die Kinder zu iren Schrifften auch sondere
Büchlin haben und dieselben inen mit fleiß exami-
nieren, was für mängel an der form der Buchstaben,
zusamen setzung und anhenckung derselben und
dergleichen inen tugentlich undersagen und freunt-
lich desselben berichten und, wie es sich darinnen
bessern soll, anzeigen und in solchem underweilen
die hand füren. | cxciiia |
Und dieweil die Kinder vor allen dingen zu der
forcht Gottes gezogen werden sollen, So wöllen wir
hiemit auch, das die Schulmeister keinem Kind ge-
statten, einige ergerliche, schandtliche, sectische
Bücher oder sonsten unnütze Fabel Schrifften in
irem lernen zugebrauchen, sonder daran sein, wa sie
a Textvorlage (Druck): unveränderter reprographischer
Nachdruck der Erstausgabe Tübingen 1559 nach einem
Exemplar aus dem Bestand des Landeskirchlichen Ar-
chivs Stuttgart, Stuttgart 1983, fol. cxciia-cxcvib. Ab-
drucke: Reyscher, Gesetze XI/1, S. 2-9; Vorm-
baum, Schulordnungen I, S. 159-165. Eingearbeitete
Version: KO Württemberg 1582: UBibl Tübingen L
XIII lb.2, p. 313-320.
1 Verrückung, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 542.
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Von Teutschen Schulen
Damit dann auch die Jugendt inn und bey unsern
teutschen Schulen mit der forcht Gottes, rechter
Lehr und gutter Zucht wol underricht und erzogen
unnd hierunder gleichheit seie, So wöllen wir, das in
solchen volgende Ordnung gehalten werde.
Von underschid der Schulkinder
Und demnach in ettlichen teutschen Schulen nit al-
lein die Knaben, sonder auch Döchterlin zur Schul
geschickt, Wöllen wir, das in solchen Schulen die
Kinder abgesündert, die Knaben allein und die
Döchterlin auch besonder gesetzt und geleert wer-
den, Und der Schulmeister keins wegs gestatte, un-
der einander zulauffen oder mit einander unorden-
liche Gemeinsame zuhaben und zusamen zuschlies-
sen.
Von der Lehr
So dann der Schulmeister die Schulkinder mit nutz
leeren will, So soll er die in drey Heufflin theilen.
Das ein, darinn die jhenigen gesetzt, so erst anfahen
zu Buchstaben, | cxciib | Das ander die, so anfahen,
die Syllaben zusamen schlahen, Das dritt, wölche
anfahen lesen und schreiben. Deßgleichen under je-
dem Heufflin sondere Rotten machen, also das die
jenigen, so einander in jedem Heufflin zum gleiches-
ten, zusamen gesetzt, darmit werden die Kinder
zum fleiß angereitzt und den Schulmeistern die ar-
beit geringert.
Die Schulmeister sollen auch die Kinder nit
übereilen oder mit inen fortfaren, sie haben dann
das jenig, so inen der Ordnung nach fürgeben, wol
und eigentlich gelernt, Auch mit fleiß darauff sehen,
das sie anfangs die Buchstaben recht lernen kennen,
Derhalben dann die Ordnung des Alphabets zuwei-
len brechen unnd mit verhebung1 der andern, un-
derschidlich ettlicher Buchstaben halb, wie die heis-
sen, das Kind fragen. Dergleich die, so Buchstaben,
gleicher gestalt mit befragung der Buchstaben Na-
men, und das sie ime dieselben im alphabet zeigen,
üben, Unnd daran sein, das sie in allweg die Buch-
staben recht nennen, die Syllaben deutlich auß-
sprechen und im letsten die Wörter syllabatim un-
derschidlich und verstentlich pronunciern, auch die
letsten Syllaben im Mund nit verschlagen.
So dann das Kind zimlich wol lesen kan, alsdann
dasselb mit schreiben underrichten und die Vor-
schrifften in ein sonder Büchlin, so das Kind darzu
haben soll, ime verzeichnen und sich befleissen, gute
teutsche Buchstaben zumachen, Und darob halten,
das die Kinder zu iren Schrifften auch sondere
Büchlin haben und dieselben inen mit fleiß exami-
nieren, was für mängel an der form der Buchstaben,
zusamen setzung und anhenckung derselben und
dergleichen inen tugentlich undersagen und freunt-
lich desselben berichten und, wie es sich darinnen
bessern soll, anzeigen und in solchem underweilen
die hand füren. | cxciiia |
Und dieweil die Kinder vor allen dingen zu der
forcht Gottes gezogen werden sollen, So wöllen wir
hiemit auch, das die Schulmeister keinem Kind ge-
statten, einige ergerliche, schandtliche, sectische
Bücher oder sonsten unnütze Fabel Schrifften in
irem lernen zugebrauchen, sonder daran sein, wa sie
a Textvorlage (Druck): unveränderter reprographischer
Nachdruck der Erstausgabe Tübingen 1559 nach einem
Exemplar aus dem Bestand des Landeskirchlichen Ar-
chivs Stuttgart, Stuttgart 1983, fol. cxciia-cxcvib. Ab-
drucke: Reyscher, Gesetze XI/1, S. 2-9; Vorm-
baum, Schulordnungen I, S. 159-165. Eingearbeitete
Version: KO Württemberg 1582: UBibl Tübingen L
XIII lb.2, p. 313-320.
1 Verrückung, vgl. Grimm, DWb 25, Sp. 542.
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