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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0070
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Pfalz-Zweibrücken

2. Ordnung des Katechismuswesensa
1538

Unterricht von übung des Catechismi.

Dieweil uns zweyen1 das Predigamt und die Kinder
zu lehren befohlen ist und doch keine Ordnung ge-
stellt, wie beydes geschehen soll, hats uns, die Kin-
der belangend, auff volgende weise zu Erbawung der
Christlichen Kirchen nutzlich angesehen.
Zum Ersten, Daß die Kinder in der Schul neben der
Lehr löblicher Künsten |322| fürnemlich auch lernen,
was ein Christ wissen soll, auff daß die heilsame
Lehr zu Lob Gottes und fürderung der Seelen Heyl
den Jungen werde eingepflantzet, damit die Christ-
liche Kirch, so in mercklichen abgang kommen ist,
widerumb erbawet werde.
Zum Andern, ob wol das gemeine Volck in offenen
Predigen nicht wird underwisen und angehalten zu
Christlicher Lehr und Leben für sie und Ihre Kin-
der, befinds sich doch, daß die Eltern fahrlässig,
auch etwan ungeschickt sind, Ihre Kinder zu lehren,
deßhalben haben wir uns underwunden, die Kinder,
so nicht mögen zur Schul gehalten werden, die für-
nemme stück Christlicher Lehre zu berichten und
Ihnen zum Exempel die Kinder lassen fürbetten,
was sie in der Schul gelernet haben.
Zum Dritten, Daß es in der Kirchen geschicht, ist
darumb angesehen, daß allen |323| Argwohn vermit-
ten bleibe, als ob man an besonderen orthen weyß
nit was fürnehmen wolte, so ist die Kirch ein offen-
licher platz die Christen zu lehren verordnet, darbey
ist bedacht, daß die Alten, so dise stück nicht wissen
und sich doch schämen zu lernen, an der Kinder Ex-
empel lerneten, was Ihnen noth ist zu wissen.
Zum Vierdten Ist solche weise, die Kinder zu fragen,

gehalten worden von den Weybischoffen, wann sie
die Kinder gefirmt haben, doch, wie man weiß, fahr-
lässig, und ist darumb geschehen, daß man sehe, ob
beyde, Junge und Alte, fleissig seyen in Christlicher
Zucht und Lehr.
Zum Fünfften Sind Catechismi, wie es an vilen or-
then diser Zeit mit den Kindern gehalten wird, auß-
gangen, welches uns ein werck Christlicher Liebe
und hoch von nöthen bedunckt, haben |324| wirs
demnach getrewer meynung angefangen.
Zum Sechsten Sollen die Weiber in der Kirchen
nicht reden, sonder daheymen ihre Männer fra-
gen,2 ob man aber ein erwachsen Weibsbild tauffen
wolt und frage sie zuvor in der Kirchen bey dem
Tauff, ob sie wisse und bekenne, was einem Christen
gebühret, deßgleichen, so man die getauffte Mägd-
lin und Knaben, ehe sie zu des Herrn Nachtmal ge-
lassen werden, zuvor gefordert, Antwort ihres Glau-
bens und Lebens zu geben, ist unsers bedunckens
der Lehr S. Pauli nicht zu wider; uns ist aber leyd,
daß Junge und Alte in vilen stücken zu vil frech
sind, begeren darumb durch unser fürnehmen, sie
dahin zu weisen, daß sie mehr eingezogener wurden
und in Gottesforcht lebten.
Dieweil es uns aber, also mit den Kinderen zu han-
deln, von unserer ordenlichen Oberkeit nicht befoh-
len ist und mag wol durch verständige und Gotts-
förchtige auff |325| füglichere Mittel furgenommen
werden, gebühret auch vileicht andern zu, wollen
wir es fürhin lassen beruhen, biß auff weittern Be-
felch und Ordnung und unsers Predig und Schul-
amts, so vil unsers vermögens, fleissig warten.

Textvorlage (Druck): Schwebel, Deutsche Schriften 1 Gemeint sind Johann Schwebel und Michael Hilsbach,
2, S. 321-325. vgl. Einleitung, S. 24f.
2 1 Kor 14,35.

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