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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0619
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11. Kirchenordnung Lützelstein 1605

Nach dem Gesang wird die gemein Collect ge-
lesen. Darnach singt man das Bekandtnuß deß
Glaubens68 unnd geht der Pfarherr auff die Can-
tzel. |Hiiiir|
Nach vollendter Predig singt man: Esaia, dem
Propheten, das geschah etc.69
Dann tritt der Pfarherr vor den Altar unnd
spricht, wie volget:
kVermahnung vor dem heiligen Abendmal.
Ihr geliebten in dem Herrn, Euch als Christen ist
auß Gottes Wort und täglicher Erfahrung wol be-
wußt, daß wir allesampt in Sünden empfangen unnd
geboren, auch noch täglich immerdar sündigen unnd
Gottes Gebott ubertretten und daß wir dardurch
dem schweren Zorn Gottes und Ewiger Verdamnuß
underworffen sein. Nun hat uns auß dieser so gross-
en Noth anderst nicht können geholffen werden,
dann allein durch den bittern unnd allerheiligsten
Todt unnd fröliche Aufferstehung unsers Herrn und
Heilands Jesu Christi, deß Ewigen unnd Einigen
Sohns Gottes.
Dieser hat auß Unermeßlicher Liebe und Er-
bärmnuß den schweren Last unserer Sünden auff
sich geladen, an das Creutz gehefftet und in die Er-
den begraben unnd also durch Vergiessung seines
thewren, unschuldigen Bluts die sünd bezahlt und
das Menschlich Geschlecht von sünden und ewiger
Verdamnuß erlöset. |Hiiiiv|
Solch sein thewres Verdienst unnd alles, was er da-
mit erlangt und erworben hat, gibt und schenckt er
uns armen Sündern umbsonst, auß lauter Gnad und
Barmhertzigkeit, wir seind sein nicht werth, kön-
nens auch nicht verdienen noch etwas darzu thun,
allein sollen wir uns dessen hertzlich annemmen,
frewen unnd trösten, mit vestem Glauben und gant-
zem Vertrawen, der das thut, der geneusset und
wird theilhafftig deß Verdiensts Christi, ist von Sün-
den und Todt gefreyet unnd ein Erbe deß Ewigen
Lebens.

k Von hier bis Fußnote m S. 607 aus KO PfalzVeldenz
1574, vgl. oben S. 500.

Dieweil es aber Menschlicher Natur, bevorab da der
Mensch seine Sünde recht erkennet und fühlet, sehr
schwer ist, dises zu glauben, daß der eingeborne
Sohn Gottes für uns arme Sünder solchen schmäh-
lichen, bittern Todt gelitten habe und daß der
Himmlische Vatter allein umb desselbigen willen
auß lautter Gnad unnd Barmhertzigkeit uns alle
Sünde vergeben unnd das ewige Leben schencken
wölle, So hat unser getrewer Heiland Jesus Christus
uns solche grosse Gnad nicht allein in seinem heili-
gen Wort versprochen unnd zugesagt, sondern auch
mit eusserlichen, sichtbaren Zeichen bekräfftigt und
versigelt unnd sonderlich hierzu diß heilig Sacra-
ment seines Leibs unnd |Iir| Bluts eingesetzt, daß
dardurch unser schwacher Glaub gestärcket, unsere
verzagte Gewissen getröstet und seiner verheissenen
Gnaden gentzlich versichert werden sollen, Sintemal
er selbs hie zugegen ist und in der Niessung dieser
eusserlichen sichtbaren dingen Brods unnd Weins
unns seinen warhafftigen Leib unnd Blut zur Speiß
unnd Tranck gibt als gewisse Pfand unnd Sigel, uns
damit zuversichern, daß er so gewiß und warhafftig
seinen heiligen Leib für uns hingegeben und sein un-
schuldiges Blut für unsere Sünde vergossen hab
unnd uns die Sünden gewißlich umb seines Leidens
unnd Sterbens willen vergeben werden, daß Er auch
bey uns sein, in uns wohnen unnd würcken unnd uns
als Lebendige Glider seines Leibs endtlich vom Todt
aufferwecken unnd das ewige Leben geben wölle.
Solchen hertzlichen süssen Trost haben wir in die-
sem heiligen Abendmal. Derohalben, so offt wir füh-
len, das wir im Glauben schwach und kleinmühtig,
in dem Leben sündig und gebrechlich seind, sollen
wir uns zu diesem Tröstlichen, Himmlischen Tisch
und Abendmal verfügen, auff daß wir unserer Ver-
söhnung mit Gott unnd der Vergebung unserer Sün-
den durch den Todt Christi vergwis- | liv | set und also
im Glauben an den Herrn Christum gestärcket und
getröstet werden.

68 Luthers Wir glauben all an einen Gott, vgl. AWA 4 Nr. 24.
69 AWA 4 Nr. 26.

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