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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (18. Band = Rheinland-Pfalz, 1): Herzogtum Pfalz-Zweibrücken, die Grafschaften Pfalz-Veldenz, Sponheim, Sickingen, Manderscheid, Oberstein, Falkenstein und Hohenfels-Reipoltskirchen — Tübingen: Mohr Siebeck, 2006

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https://doi.org/10.11588/diglit.30658#0698
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Hintere Grafschaft Sponheim

40. Bibliothecae privatae.
Wann auch daß officium pastoris erfordert, daß er
nicht allein mechtig seye, zu ermahnen durch die
heilsame lehre, sondern auch zu straffen die wieder-
sprecher, also soll ihnen, den pastoribus, sambtlich
hiemit befohlen sein, in locuptetanda eorum Biblio-
theca nicht allein nach didacticis, sondern auch
nach polemicis und elenchicis libris zu trachten und
solche fleißig zu lesen und daß volck in ihren predig-
ten darnach zu underweißen, sonderlich an denen
orten, da es von wegen einreißender falscher secten
die notturfft erfordert. Dann wo der arme man von
dem schulgezenck nichts höret und kein wissen hatt,
ist unnöttig, sie mitt dergleichen disputationibus
ufzuhalten und in ihrer einfalt zu perturbiren, wie
solches zu eines verstendigen seelsorgers discretion
hiemit gestelt und in acht zu nehmen befohlen
wirdt.
41. Wucherliche conträct.
Bey dem ambt Dill ist geclagt worden, daß der wol-
hendtler zu Korbach, Peter genantt, |99| frucht an
statt der pension von außgeliehenem gelt und also
uber die gebur nemmen solte. Demnach ist dem
ambtman die gebühr deßhalben furzunehmen befoh-
len worden. Wie nun dergleichen wucherliche con-
träct, alß den Reichs constitutionibus28 zuwieder
unndt verbotten, keineswegs zu gestatten, so soll
hiemit den verordtneten rhäten und allen beambten
befohlen sein, nicht allein für sich selbsten derglei-
chen wucherlich conträct sich genzlich zu enthalten,
sondern auch alles fleiß und ernst uff andere deß-
wegen gute achtung zu geben und wieder die ver-
brecher gebührende straf fürzunehmen.

η Vide Sponh. Kirchenordnung im 8vo. [d. i. der Druck
der KO Pfalz-Zweibrücken von 1600, vgl. Fußnote a S.
71] pag. 328. [KO Pfalz-Zweibrücken 1557, S. 209.]
9 Das seindt gewesen die 3 Sambstag nach den 3 hohen
festen, darahn die leut müßig gewesen und sich eingebil-
det, es konte ihres feyrens halben [kei]n [Text zerstört]

42. Frembder leut hochzeit.
Eß soll auch allen und jeden pfarrern hinfuro inhi-
birt unndt verbotten sein, keine frembde und von
andern orten herkommende personen, die sich in der
Graveschafft Sponheim zu verheuraten und heuß-
lich nieder zu schlagen vorhabens, uf der Canzel hin-
furo zu proclamiren noch zusammen zu geben, sie
bringen ihnen dan von der obrigkeit und beambten
schrifftlichen schein, daß sie in |100| die Burger-
schafft auff- unndt angenommen und in der kirchen
offentlich außgeruffen und copulirt werden sollen.
43. Rechtfertigung an sein ort zu stellen.
Mann kombt auch in erfahrung, daß etliche, wann
sie in rechtfertigung miteinander gerhaten umb sa-
chen, gelt, gut, auch ehr und leumutt betr[effend],
sich deß h. abendtmals selbsten berauben und in
dem irthumb stecken, sie können nicht zum altar
des herren gehen, so lang ihre thedigung wehren
mögt. Welches aber unchristlich und schädlich, de-
rohalben sollen die pastores solche controvertirende
personen von allen feindtseligen affecten, zorn, groll
und wiederwillen abmahnen und dahin weißen, daß
die strittige sach Gott und der obrigkeit befohlen,
die personen aber auch in wehrender rechtfertigung
zum tisch deß herrn gelassen werden.η
44. Hagelfeyertäg abzuschaffen.
An etlichen orten ist der heydnisch, päbstisch ge-
brauch in ubung, daß die arme leut ihre besondere
hagelfeyertägθ mitt müssiggang und abergleubi-
schen gedancken und wercken zupringen. |101| Do-
selbst sollen die Beambten zusehen und bei einer
straff, ins allmußen zu geben, verbieten, daß hinfuro
niemandt dergleichen heidenfest abwartten oder
mehr gedencken soll, zu welchem effect die verordt-

hagel das gantze jahr durch ke[in] schaden thun. ... [un-
leserlich] de anno 1609.

28 Wucher wird z.B. in den Reichspolizeiordnungen von
1530, 1548 und 1577 verboten, vgl. Weber, Reichspo-
lizeiordnungen, S. 154f., 188f., 237-240; 244f.

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