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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0108
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Speyer

der an ortten noch nit anderst gehausett unnd ge-
regiret werden muß, dan nach irem vermainten, ires
gefallens verruckten evangelium. Das |3v | doch nit
weniger Criste, der selbst sein reich nit von diser
welt sein bezeuget,1 auch ein konig zu sein waigert
und entpflohe,2 dan das irdisch babstthumb zuwider
auch vor got gar nit besten mag.
Daraus dan eynem rath weder vor got noch der
oberkait noch zu erhaltung irer stadt zue friden
unnd einhelligkait keins wegs fuglich sein wil noch
zur zeit eynn sonderliche predicatur oder predican-
ten an ein sonder ortt uffzurichten oder zu bestel-
lenn.
Nun wil aber das, so zu dy kayserlichen Mt. getra-
gen und eynem rath zu sollichen zu entschulden uff-
geleget werden möcht, dergleichen das geendert
recht, uffrichtung der predicaturen belangend, unnd
der unrath, so von vilen predicanten an mehr dan
eynem ort bißanhero gestifft worden, so hoch nit zu
wegen noch zu achten sein, das darumb das gotlich
wort in Speyer lauter und rayn, beschaidenlich mit
rue und friden zu erhaltung menschlicher tugentt
und der seelen hail nit solt geprediget werden, son-
der vilmer weg zu suchen, das es zum stilsten |4r|
gefurdert werden möcht.
Sollichem nach haben die verordenten bedacht,
nach dem der prior3 zu den augustinern eyn gelert-
ter und der hailligen schrifft erfarener man, derglei-
chen der pfarher zu sandt Gilgen4 sich bißanhero
dermassen in seynem predigen und thun gehalten,
das sy bede den weg der seligkait uff Cristum, der
welte hailandt, zuchtig, beschaidenlich und unver-
weißlich lerende, von meniglichen vernomen wer-
den, daß dieselben zwen in der geheym durch etliche
vom rath verordente ersucht werden soltenn, nem-
lich der prior, das er alle sontag, auch fest unser
ε Diller hat 2 jar zu S. Georgen gepredigt vor ao. 1538.
ζ Hat viel mühe mit den wiedertauffern gehabt.
η Warumb und auß waß ursachen ein Rhat daß predigen
dem Prior ufgetragen.
b Unleserlich.
1 Joh 18,36.

lieben frawen und der hailligen apostel morgest um
vii horen biß uff achte in seynnem closter zu den
augustinern, und der pfarher zu sandt Gilgen in sei-
ner pfar wy bißhero predige, welche bede prediger
dem volck nutz unnd gnugsam sein möchten.
Und dieweyl sich dannoch gepüren will, das sy da-
gegen irer muhe, arbeit unnd vleis belonet wurden,
unnd doch nit fuglichen, sy offentlichen zu predigen
zu bestellen oder zu versolden, das der schonste
unnd unverweißlichste weg sein solt, das man den
prior zu den augustinern also, wy gemelt und auch
sein recht ampt ist, zu predigen bitte unnd uff key-
nen bestendigen solt noch jare mit im abrede, sonder
allein uff erpieten, das es ein rhat, umb ine zu be-
schulden, zu keinem vergeß stellen woltt, und doch
ime damit |4v | ein fl. gulden oder drey auß dem ge-
meynen nutz verorte, nit umb solcher kunfftger pre-
digen willen, sonder auß furgegebenen ursachenn,
das er hievor eynem rhat zugutten die pfar zu sandt
Georgen bey zweyen jaren versehen,ε wenig davon
empfangen (wy auch alles dy warheit), und dan mit
den widertauffern merckliche arbeit gehapt, dy ime
bißanhero unvergolten plieben.ζ Und so das also mit
ime gehandelt, das verhoffenlich, er werde, wy ob-
stedt, zu predigen eynem rath zu [...]b dester williger
sein der zuversicht, dyweil ine ein rath vorgethaner
arbeit so gutwilliglichen belonet, ime werd das
kunfftig (wy dan auch billich bescheen soll) nit un-
vergoltten pleiben.
Wie auch sich gedachter prior der predig beschwe-
ren unnd verweiß, so ime darauß entsten möcht, als
das er ein neu wesen in seynem closter, das vor nit
gepreuchlich gewesen, fürneme, zu suchen oder zu
schewen furwenden weltt, das ime dagegen dy ur-
sach, so eynen rath zu sollichem beweget, anzuzei-
gen,η nemlich das sollichs allein beschehe, erschreck-
2 Joh 6,15.
3 Michael Diller, vgl. oben S. 77.
4 Offizieller Inhaber der Pfarrstelle an St. Ägidien war
zwar der Karmeliterprior Anton Eberhard, wozu aber
die Bezeichnung Mietling am Ende des Textes nicht
passt (vgl. S. 89). Engels, Pfarrkirchen, S. 31, vermu-
tet deshalb, dass hier ein von Eberhard besoldeter Hilfs-
prediger gemeint sein könnte.
 
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