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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0118
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Speyer

forcht des hern, sagt Salomon, ist ain anfang aller
weißhait.χ So werden aber in dem Catechismo als in
ainer summa ordenlich und fein verfaßt, die hoptar-
ticul unserer gantzen christlichen religion, darbey
dan die jugendt (will sy anders die zeit irs gantzen
lebens erkantnus gottlichs willens haben) sol und
muß auferzogen werden. Und darmit solchs möcht
angericht werden, so sein geneigt und willig, uff er-
melte stund des sontags |5r| den selben catechismum
ain jarlang zu versehen her Johan Reissenzan12 und
her Clemens13 und so vil inen möglich, in das werck
zu pringen, allain das sy baide möchten durch e. e.
w. der predig bey den gutleutten14 und im spital ent-
haben und erledigt werden, dan inen solche in die
läng und also bald uff die gethone predig an dem
sontag zu versehen onmüglich, darumb sy auch e. e.
w. umb erlassung derselben gantz underthönig wöl-
len gebetten haben. Und wo nun e. w. inen, wie oben
gemeltt, daran sy nit zweiflen, die hand bietten wer-
den, verhoffen sy auch, an solchen sabattagen mit
der hilf des allmächtigen vil auffzerichten und zu
erbawen.
Von dem kirchen gesang.
Es ermant der h. apostel Paulus, wie wir sollen ge-
sinnet sein under einander, wan wir zesamen komen,
nit mit gleißnerischen gepräng, sonder under ainan-
der reden von psalmen, lobgesangen und geistlichen
liedern, dem hern spilen und singen in unserm hert-
zen.ψ Und die erste kirch hat mit fleiß jederman er-
manet, das sy die hertzen (sursum corda)15 erheben
sollen. Wan nun die kirchen zusamen komen, sollen
all gesang und psalmen der schrifft gemäß, so vil
imer möglich, der Zeit nach uff die materiam, so der
kirchendiener will handlen, gericht werden und mitt
gleichmäßigen stimmen nach der mensur gesungen,
χ Proverb 1 [7].
ψ Ephe 5 [19].
ω Joh 4 [24].

12 Mag. Johann Reissenzahn aus Würzburg, 1541 Mag.
prom. Heidelberg, Augustinereremit, (ev.) Pfr. in Gun-
delfingen, 1553 Münsterprediger in Ulm, 1559 Pfr. in
Pforzheim, 1565 Kircherat und Hofprediger in Durlach,
1569 Senior der Speyerer Kirche, dort gest. 1573; vgl.
Biundo, Pfarrerbuch (1968) Nr. 4252.

darmit auch das volck möge die psalmen lernen und
den hern von hertzen loben, dan got ist ain gaist und
will im gaist und warhaitt angebetten sein.ω Es sol-
len aber, wa es die materi gibt, alle zuherer ermant
werden, das sy mit fleiß die psalmen und kirchen
gesang lernen, auch sich fleißigen mit zu singen, die-
weil die kirch ain ainiger leib, des höpt christus ist,
das auch got durch Christum durch die selb gepreißt
werdt.
Von der wochenpredig.
Allain die sontag und feirtag und sonst kain tag pre-
dig haltten, ist bey verstendigen christen nitt allain
schimpflich, sonder auch der statt und burgerschafft
(als ob sy nichtz nach gott fragte) verweißlich. Were
derhalben ehrlich und nutzlich, auch der kirchen er-
beulich, das alle deinstag uff viii ur, sonderlich aber
umb der hochzeitten willen ain predig gehalten
wurd und kain ehe eingesegnet wurd auf selbigen
tag der predig, sy besuchten dan sampt irem hoch-
zeit volck die predig götlichs worts. Und nach ange-
hörttem wortt gotes soll in beisein christlicher ver-
samlung der kirchendiener sy einsegnen und für ain
glückseligen eingang der newen ehleut alle menschen
ermanen. Dan wer jemant dienen will, sonderlich zu
dissem ehlichen standt, wa der christlich und got-
selig gesinnet, der würt nitt umb essens und trin-
ckens willen erscheinen, sonder vil mehr umb der
ehr gottes und der newen ehleut hail und wolfartt
willen, darumb er auch onbeschwärtt sein würt, sein
hochzeitlichen ehrentag mit christlicher zucht und
erbarkait zu volpringen.
Es were auch christlich und wol geordnet, wan zu
der kirchthür ain sonder böcket16 gesteltt und die
hochzeit leut zum almußen der armen mitt zetailen
13 Clemens Schubert, seit 1559 als Diakon an der Augu-
stinerkirche belegt, gest. 1575; vgl. Biundo, Pfarrer-
buch (1968) Nr. 4932.
14 Das Aussätzigen- oder Armenspital, vgl. DRW 4,
Sp.1337.
15 Ruf des Priesters zu Beginn der Eucharistiefeier.
16 Becken, Sammelteller.

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