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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0133
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10. Mandat zur Errichtung eines Konsistoriums und zur Amtsführung der Pfarrer 1612

10. Mandat zur Errichtung eines Konsistoriums
und zur Amtsführung der Pfarrer
20. Juli 1612a

Eß hat ein erb[ahrer] rhat alhie nun ein gute zeit
hero im werck gespürt und befunden, das bei dem
kirchen ministerio allerhandt unordtnung und un-
gleichheit in ceremonien eingerissen, welches sonder
zweifel daher erfolget, das man bißhero kein gewisse
beschriebene kirchenordtnung, darnach sich dassel-
be richten mögen, gehabt, dahero der eine diesen,
der ander ein andern brauch in seiner anbevohlenen
kirchen seinem gutbeduncken nach eingeführet und
gehalten, welches dann bei andern ein seltzams an-
sehen, ja auch wol bei verstendigen leuten unglei-
ches nachdenken verursacht.
Dieweil dann Gott der obrigkeit nicht allein das
weltlich schwert, sondern auch und zuvorderst das
kirchenregiment, damit dieselbe zu Gottes ehr
christlich und wol reformiert und angericht werden,
ernstlich anbevolhen, wie geschrieben stehet: Die
könige sollen deiner pflegen und die fürsten deine
seugamen sein.1 |8v|
Also hat ein erb. rhat, damit in allen dreien kirchen
neben reiner, christlicher lehr auch gleichformige ce-
remonien gehalten werden und also alles, soviel
müglich, nach der lehr Pauli ordenlich zugehe,2 fur
gut angesehen, ein Consistorium antzurichten und
den hiezu deputirten herren bevohlen, mit zuzie-
hung der herrn theologen uf ein kirchenordtnung
bedacht zu sein, dieselbe zu papier zu bringen und
zu fernerer berahtschlagung zu übergeben.
Und nachdem ein erb. rhat sich bißhero, wie noch
zu der Augspurgischen Confession,3 welche a[nn]o

a Textvorlage (Handschrift): StadtA Speyer 1-A-451-2
fol. 8-10. Teilabdruck: Jung, Gottesdienst, S. 114.

1 Jes 49,23.
2 1Kor 14,40.
3 BSLK S. 33-139.

[15]30 uf dem reichstag zu Augspurg der röm[ischen]
kais[erlichen] Maj[estät] von den stenden deß he[ili-
gen] reichs exhibirt worden, derselben apologi,4 deß-
gleichen gros und kleinem Catechismo Lutheri be-
kant,5 so soll dasselbe bei abfassung angeregter ordt-
nung nachmals in acht genommen und nichts, so
nicht schrifftmessig, uf die cantzel gebracht werden.
Und weill auch ein erb. rhat sich selbß |9r| zu erin-
nern weiß, wie weit einer christlichen obrigkeit dem
ministerio maß und ordtnung zu geben gebürt, da-
ruber auch zu schreiten niemals gemeint gewesen,
auch noch nicht ist, so hette mann sich umb so viel
weniger versehen, das eines erb. rhats kirchendiener,
denen doch besser von irer obrigkeit bewüst, diesel-
ben also schimpflich uf offener cantzell anziehen
und raxiren solten, wie dannach verschinenen son-
tags vor acht tagen in der prediger kirchen gesche-
hen, alda herr Jakob Bickzahn6 aus unzeitigem eifer
die obrigkeit alhi expresse genant und beschuldigt,
das sie einen fuß uff der cantzell und den andern uf
dem rhathaus haben und dem ministerio vorschrei-
ben wolte, wie und was man predigen solte, welches
ein schreckliche, gottslesterliche sunde seie, und was
dergleichen fur grobe, unbescheidene, hitzige wortt
mehr gefallen.
Weill aber solche predigt gar nicht schrifftmessig
noch erbaulich ist, sondern nur die obrigkeit bei den
unterthanen verkleinert und verhast macht und also
das bandt der einträchtigen zusammen- |9v | setzung
zwischen der obrigkeit und unterthanen dissolviret
und uflöset, alß ist eines erb. rhats bevelch, das er-

4 BSLK S. 141-405.
5 BSLK S. 501-543.
6 Jakob Bickzahn, seit 1603 Pfr. in Speyer, ab 1631 Senior
der Speyerer Kirche, dort gest. 1635; vgl. Biundo,
Pfarrerbuch (1968) Nr. 377.

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