Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0184
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Worms

Kirchen angeordnet ist, dessen sich menniglich zu
gebrauchen, unnd soll sich billich niemandt be-
schweren, seine Kinder anzuzeygen und darein ver-
zaichnen zulassen.
So viel aber nun die Tauff inn der Kirchen belanget,
so wirdt dieselbige allein gehalten, wann sonst of-
fentliche und gemeine Kirchen versamlungen seyen,
als bey den Predigten am Sontag und andern tägen
oder bey einleittung der Eheleut etc.
Als dann, so Kinder zu tauffen vorhanden sein,
wirdt volgende Ordnung gehalten.
Erstlich, wann die Predigt oder andere Ceremonien,
zu welchen die Christliche Gemein zusammen kom-
men, verrichtet, so bereittet der Glöckner den
Tisch, darauff man sonst auch pfleget das Abendt-
mal zu halten, Ehrlich mit Tüchern und einem Pe-
cken, darinn rein, lautter wasser, im Sommer |IIr|
kalt, im Winter aber etwas gewärmet, Mitler zeit
finden sich herbey die Ammen mit den Kindern, so
getaufft werden sollen, deßgleichen auch die Gevat-
tern oder Paten, so die Kinder sollen auß der Tauff
heben, sampt den andern, so zur Tauff als Zeugen
beruffen und erfordert worden sindt.
Wann nun diese alle beysammen, so fehet der Kir-
chendiener an und fraget die Ammen oder Paten
drey ding.
i. Weß das Kind sey.
ii. Wie es heissen soll.
iii. Ob es nicht Jahetaufft sey.
Nach dieser Erkhündigung, so das Kindt nicht
Jahetaufft ist, Liset er volgende Vermahnung. |IIv|
Vermahnung bey der Tauff.
Ihr Allerliebsten in Gott, Ich vermane unnd bitte
euch alle, die ihr allhie zugegen versamlet seidt, auß
Christlicher lieb und trew, das ihr ernstlich zu hert-
zen nehmen und mit vleiß bedencken wöllet diß tref-
fenlich werck Gottes und den grossen ernst, der da-

20 Eph 2,3.

rinnen ist und angezeigt wirt, Denn auß den worten
bey diesem werck höret ihr, sehets auch auß dem
werck selbs, wie armsälig und elend die Christliche
kirch dieses / diese Kindlein hieher treget unnd vor
Gott so bestendigklich unnd offenbar bekennet, das
dasselbige / dieselbigen Kindlein, ein Kind / Kinder
des Zorns,20 der Sünden unnd ungena- |IIIr| den
seye / seyen, und darumb so hertzlich umb hülff und
gnad bittet, das es / sie durch die Tauff ein Kind /
Kinder Gottes werden möge / mögen. Bedencket
auch mit vleiß, das es nicht ein schertz oder Kin-
derspiel ist, diß Christenliche Dapffer Werck zu
handeln, welches dem Teuffel begegnet und ihn
nicht allein von dem Kind / den Kindern treibet,
Sondern auch das Kind / die Kinder wider ihn, als
wider einen gewissen feind sein / ihr lebenlang zu
streiten verpflichtet.
Derhalben erstlich hoch von nöten ist, mit einem
starcken Glauben unnd hertzlichem vertrawen zu
Gott andechtiglich zu bitten, das Gott, der Allmech-
tige, das / die Kindlein nicht allein vonn des Teuf-
fels gewalt erledigen, Sondern auch also stercken
wölle, das es / sie dem Feind im leben unnd sterben
stattlichen widerstandt thun und Ewig erhalten
werden möge / mögen. |IIIv|
Darumb wöllet mit vleiß auff euch selbs achtung
haben, inn einem rechten glauben allhie zu stehen,
Gottes wort zu hören und andechtigklich zu Gott zu
rüffen und zu bitten, Dann wir je allhie zum Gebett
nit vergebenlich, sonder auß not vermahnet werden,
Auff das Gott unsern ernst unnd ein recht vertraw-
lich hertz erkennen möge, Auch diß Hochwürdige
Sacrament durch uns dem Teuffel nicht zum spott
gesetzet und Gott, der Allmechtige, geunehret wer-
de, Der darinnen so uberschwencklichen reichtumb
seiner Gnaden uber uns schüttet, das er die Tauff
selbs ein Newe geburt nennet,21 Also das wir durch
dieselben von allerley tyranney des Teuffels, auch
der Sünden, des Todes unnd der Hellen erlediget,
Kinder des Lebens unnd Erben aller güter Gottes
unnd miterben Christi werden. |IIIIr|

21 Vgl. Joh 3,3-5.

164
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften