Evangelische Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts

4. Agendbüchlein 1560

Ordnung der begrebnuß.
Soll demnach, Wann die Leich zur begrebnuß ge-
tragen ist, damit das Volck nicht ohne unterricht
und trost abtrette, der Kirchendiener dem Volck ein
Text auß der Heiligen Schrifft, so zur sachen dienst-
lich ist, fürlesen und inn der erklerung desselbigen
sonderlich diese drey stück vleissig treiben und an-
zeygen.
Erstlich, Die schwere der Sünden und des Göttli-
chen zorns, daher denn der Tode kombt.
Zum Andern, Die herrliche macht und krafft der
Erlösung Christi, Der die Sünde hingenommen, den
Tode gewürget und uns das Newe Himlische Leben
durch seine Heilige Aufferstehung und Himelfart er-
worben und gewißlich bereittet hat, mit trost des
abgestorbenen halben, das er gewißlich auch durch
den Glauben an Christum vom Tode zum Leben
hindurch gedrungen hab und lebe nun schon mit
dem Herrn Christo Ewigklich, da er dann unser
auch mit frewden erwartet. |LXVIIr|
Zum Dritten, Eine vermahnung zur Busse an die
beystender, das sie den Sünden täglich mehr abster-
ben und sich zu dem künfftigen leben richten und
den Herrn umb ein Säligs Ende bitten. Und mögen
hierzu sonderlich gebraucht werden volgende Text.
[Etliche Text, so man beim Begrebnuß zu
Leichpredigten brauchen mag.]w
I. Thessal. IIII.
Wir wöllen euch, lieben Brüder, nicht verhalten
von denen, die da schlaffen, auff das ihr nicht traw-
rig seidt wie die andern, die kein hoffnung haben,
Dann so wir glauben, das Jhesus Christus gestorben
und aufferstanden ist, So wirdt Gott auch die da
entschlaffen sind, durch Jhesum Christum mit ihme
führen, Denn das sagen wir euch als ein wort des
Herrn, das wir, die wir leben und uberbleiben inn
w Diese Überschrift fehlt hier, steht aber im Inhaltsver-
zeichnis.

der zukunfft des Herrn, werden denen nicht vor-
kommen, die da schlaffen, Denn Er selbs, der Herr,
wirdt mit einem Feldtgeschrey und stimb des Ertz-
engels und mit der Posaunen Gottes hernider kom-
men von Himel und die todten inn Christo werden
aufferstehen zu erst, Darnach wir, die wir leben und
uberbleiben, werden zugleich mit denselben hinge-
zuckt werden inn den Wolcken, dem Herrn entgegen
inn der Lufft und werden also bey dem Herrn sein
alle zeit, So tröstet euch nun mit diesen worten un-
tereinander.167 |LXVIIv|
Johannis XI.
Martha sprach zu Jhesu: Herr werestu hie ge-
wesen, mein Bruder were nicht gestorben, Aber ich
weiß auch noch, das, was du bittest von Gott, das
wirdt dir Gott geben. Jhesus spricht zu ihr: dein
Bruder soll aufferstehen, Martha spricht zu ihme:
Ich weiß wol, das er aufferstehen wirdt inn der auff-
erstehung am Jüngsten tage, Jesus spricht zu ihr:
Ich bin die Aufferstehung und das Leben, Wer an
mich glaubet, der wirdt leben, ob er gleich stürbe
und wer da lebet und glaubet an mich, der wirdt
nimmer mehr sterben. Glaubestu das? Sie spricht zu
ihme: Herr, ja ich glaube, das du bist Christus, der
Son Gottes, der inn die Welt kommen ist.168
Philip. III.
Unser wandel aber ist im Himel,von dannen wir
auch warten des Heilandts Jhesu Christi, des Herrn,
welcher denn unsern nichtigen leib verkleren wirdt,
das er ehnlich werde dem leib seiner klarheit nach
der würckung, damit er kan auch alle ding ihme un-
terthenig machen.169
Roman. VI.
Sind wir aber mit Christo gestorben, so glauben
wir, das wir auch mit ihme |LXVIII| leben werden
und wissen, das Christus, von den todten aufferwe-
cket, hinfort nicht stirbet, der Tode wirdt hinfort
uber ihn nicht herrschen, Denn das Er gestorben ist,
das ist Er der Sünden gestorben zu einem mal, Das
167 1Thess 4,13-18.
168 Joh 11,21-27.
169 Phil 3,20f.

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