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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0247
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2. Kirchenzuchtordnung 1566

sorn ir ampt als ein Verrhäterey von den andern
nicht gedeut werden, So wöllen Wir, daß es alweg
von einer Visitation zur andern ordenlich herumb
gehe. |B1r|
VII. Vom Sauffen, zutrincken und Füllerey.
Weil Trunckenheit so ein schröcklich unnd greuw-
lich laster, daß leib unnd Seel höchlich beschwehrt
und aller anderer laster ein zunder ist, auch nit der
geringsten ursachen eine, wölche den menschen Gott
zu lestern anreitzt, Und aber solch laster so ge-
preuchlich unnd so gemein ist, daß mans schier für
keine Sünde mehr wil gehalten haben, So gebieten
Wir ernstlich, daß man sich der Füllerey, Volsauf-
fens unnd schwelgens an keinem Ort Unser Herr-
schafft gebrauche. Erfordern unnd wöllen auch, daß
man in den Wirtsheusern zu Sommers zeiten nicht
uber acht und Winters zeiten nicht uber siben
(frembde Gäst außgenommen) uhren sitzen bleibe.
Es sollen aber Unsere Glöckner zu obbemelter zeit
die Weinglocken leuten und, wo jemandts drüber
inn Wirtsheusern erfunden würt, sollen beyde, Wirt
unnd Gäst, Unsers gefallens gestrafft werden. |B1v |
VIII. Von Warsagern.
Wir gebieten allen und jeden Unsern Unterthanen
ernstlich, daß sie keinen Warsager oder Warsagerin,
es sey in was sachen es wölle, umb rhat fragen und
denen nicht nachlauffen, dann es nicht allein wider

5 Ex 20,3.
6 Lev 19,26(!).
7 Dtn 18,9-11.
8 2Kön 23,5.
9 Das Umziehen der jungen Leute, mit dem Erbetteln von
Speisen verbunden.
10 Sich verputzen = sich verkleiden.
11 Aus den Generalartikeln der Hinteren Grafschaft Spon-
heim 1608, vgl. Sehling, EKO XVIII, S. 683: Das
nemlich die junge gesellen einen könig järlich unter ihnen
erwehlen und derselbig einem jeden erwachsenen knaben ein
mägdlein zue lehe gibt und ernennet, die [er] sontäglich zum
tantz und ins wirtshauß führen muß und derselben ein kirb,
so etwa eines gulden oder mehr werth ist, kauffen.
12 Maibäume oder Maisträuße aufrichten bzw. aufstecken.
13 Bestimmte Bitt- und Abwehrzeremonien, meist das Ab-
brennen von Feuern, zur Verhinderung von Unwetter

das erste Gebot Gottes ist,5 sonder auch Gott, der
[herr], verbeuts an vielen orten der Heiligen Göttli-
chen Schrifft mehr, als im 3. Buch Moysi 9. cap.6
und Deuter. 18,7 2. Reg. 23. cap.8 Wo aber jemandts
solches uberschreitten würde, sol dieselbige Person
unnachleßlich umb einen gulde gestrafft werden.
IX. Von Sanct Peters Brunnen bey Bockenhaim.
Weil noch viel Leut ihre Kinder an solche ort tragen,
da man sie wiget unnd soviel oder schwer Korns, als
die Kind wiegen, dem Götzen gibt, wölches frembde
Götter suchen, ehrn und anbetten heist, So wöllen
Wir |B2r| solchs hinfürters bey zehen gulde peen ver-
botten haben, daß niemandts an obgenanten ort
sein Kind trag oder tragen lasse, dann es zur unehr
und lesterung des Hochwürdigen Heiligen Sacra-
ment des Tauffs geschicht.
X. Von Faßnacht spielen.
So dannoch der Haidnisch wandel getrieben und ge-
halten würt, nemlich mit pratten heischen,9 Butzen
gehn,10 Lehen außruffen,11 Mayen stecken,12 Hagel
baum brennen,13 Johans feuwer machen unnd
drüber springen,14 auch andere Gottlose narren-
werck, Fahnen tragen,15 Kirchen blümen16 unnd ge-
gen dem Wetter leutten17 ubet, So wöllen Wir, daß
solch ergerlich unnd unGöttlich wesen unnd werck
abgeschafft und bey peen eins gulde, ein jeder ver-
brechenden Person abzunemen, verbotten sey.18

und Hagelschlag, vgl. Stegemann, Hagel, HWDA 3,
Sp. 1313ff.
14 Das Springen der jungen Burschen und Mädchen über
das Johannisfeuer sollte Erfolg, Fruchtbarkeit und
glückliche Geburt verleihen, vgl. Sartori, Johannis-
feuer, HWDA 4, Sp. 735.
15 Das Umtragen der geweihten Fahnen über die Felder als
Segenshandlung, vgl. Müller-Bergström, Fahne,
HDWA 2, Sp. 1122.
16 Wohl: Mit Blumen schmücken, vgl. Grimm, DWb 2,
Sp. 160.
17 Das Läuten der Glocken zur Abwehr eines drohenden
Gewitters.
18 Die genannten Volksbräuche wurden nicht nur wegen ih-
res z.T. vorchristlichen Ursprungs und der abergläubi-
schen Praktiken abgelehnt, sondern meist auch wegen
der dabei mitlaufenden Volksfeste, Gelage und Tänze.

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