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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0293
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3. Kirchenordnung 1566

Ordinatio ist ein offentlich zeugnuß bey der Kir-
chen, daß diese Person beruffen sey unnd den be-
felch habe, das Evangelion zu predigen und die Sa-
crament zu reichen, und ist recht, daß die gantze
versamlung im anfang dieses wercks Gott anruffe
und für diese Person und in gemein umb erhaltung
des ministerii und der Kirchen ernstlich bitte. Die-
ses haben die Apostel auch also gehalten und ist ohn
zweiffel bey den ersten Vättern auch gewesen. Die
Bäpst haben andere neuwe unrechte pflichten und
Ceremonien angehenckt, die sollen unsere Kirchen
nichts irren. |94r|
Forma der Ordination.
Erstlich sing man das Veni sancte etc.
Teutsch,189 und würt die Collect gelesen, darnach
list der Superintendens diesen Text:
So schreibt Sanct Paulus, 1. Timoth. 3:
Das ist je gewißlich war, so jemand ein Bischoff
ampt begeret, der begeret ein köstlich werck. Es sol
aber ein Bischoff unsträfflich sein, eins Weibes
Mann, nüchtern, messig, sittig, gastfrey, Lehrhaff-
tig, nicht ein Weinsauffer, nicht beissig, nicht unehr-
liche handtierung treiben, sonder gelinde, |94v| nicht
haderhafftig, nicht geitzig, der seinem eignen hauß
wol fürstehe, der gehorsame Kinder habe mit aller
erbarkeit (so aber jemand seinem eignen hause nit
weiß für zustehen, wie würt er die gemein Gottes
versorgen?), nit ein Neuling, auff daß er sich nit
auffblase und dem Lesterer ins urtheil falle, er muß
aber auch ein gut zeugnuß haben von denen, die
draussen sind, auff daß er nicht falle dem Lesterer in
die schmach und stricke.190
So ermahnet Paulus die Eltisten zu Epheso:
So habt nun acht auff euch selbst unnd auff die
gantz Herd, unter wölche euch der Heilige Geist ge-
setzt hat zu Bischoffen, zu waiden die ge- |95r| meine
Gottes, wölche er durch sein eigen Blut erworben
hat, dann das weiß ich, daß nach meinem abschied
werden unter euch kommen greuwliche Wölffe, die
189 Luther, AWA 4, Nr. 15.
190 1Tim 3,1-7.

der Herde nicht verschonen werden, auch auß euch
selbst werden auffstehen Männer, die da verkehrte
Lehr reden, die jünger an sich zu ziehen, darumb
seid wacker unnd dencket daran, daß ich nicht ab-
gelassen habe drey jar, tag und nacht, einen jegli-
chen mit treuwen zu ermahnen.191
Hie höret ir, daß uns, so Bischoffe, das ist Prediger
unnd Pfarherrn, beruffen sein unnd sein sollen,
nicht Gense oder Küwe zu hüten, sonder die Ge-
mein, so Gott durch sein eigen Blut erworben hat,
daß wir die waiden sollen mit dem reinen wort Got-
|95v| tes, auch wachen unnd zusehen, daß nicht Wölf-
fe unnd Rotten unter die armen Schaf einreissen,
darumb nennet ers ein köstlich werck.
Auch für unser person sollen wir züchtig und
ehrlich leben, unser Hauß, Weib und Kind und Ge-
sind ernstlich halten und erziehen.
Seid ir nun solches zuthun bereit, so sprecht: Ja.
Da leget der Superintendens, oder an stat desselbi-
gen der Pfarherr und die andern Diener des worts,
so dabey seind, dem Ordinando die hend auff das
haupt, darnach spreche er:
Last uns betten.
Vatter unser, der du bist im Himmel, Geheiliget
werde dein Nam, |96r| Zukomme dein Reich, Dein
will geschehe, auff Erden wie im Himmel, Unser
teglich brot gib uns heut, Unnd vergib uns unsere
schuld, als wir vergeben unsern Schuldigern, Und
führe uns nicht in versuchung, Sonder erlöß uns
vom ubel, Dann dein ist das Reich unnd die Krafft
unnd die Herrligkeit inn Ewigkeit, Amen.
Ein Ander Gebet.
Barmhertziger Gott, Himlischer Vatter, du hast
durch den mund deines Sons, unsers Herrn Jesu
Christi, zu uns gesagt: Die Erndte, die ist groß, aber
der Arbeiter seind wenig, bittet den Herrn der Ernd-
te, daß er Arbeiter in seine Erndte sende.192 |96v|
Auff solchen deinen Göttlichen befehl bitten wir von
hertzen, du wöllest diesen deinen Diener, sampt uns
191 Apg 20,28-31.
192 Mt 9,37f.

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