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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0324
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Leiningen-Hardenburg

So sollen usie, viel besagtte visitatores, auch dieu
weylandt Emichs, Graven zu Leiningen etc. christ-
milter |49v| gedächtnus, vor etlich jaren gefertigte
visitationsordnung unndt generalarticull10 bey der
harttenburgischen cantzley erfordern und under an-
derem fleißige nachfrage gebrauchenn, ob derselben
in allen unndt jeden darin begriffenen puncten biß
dato gebürliche volg beschehen oder ob und ahn
wehm deswegen mangell erschienen.
Letzlich und in genere soll bei ihme, dem pfarrer,
erkundigung gebraucht werden, ob er einige mängell
des kirchenn- unnd schulwesens halben in gemein
oder sonderbahre personen betreffend anzuzeigenn
weiß, dieselbe sie ordentliche von ihme vernemmen
und umb fernerer berathschlagung oder verbeße-
rung willen verzeichnen.
Gleichmessiges examen soll auch mit den diaconis
und schuldhienern, |50r| wo selbige sein, furgenom-
men, auch bei ihnen der andern kirch- und schuld-
hiener halben fleißige und ernstliche nachfragk bey
ihren pflichten angestelt werden.
Wie sie dann auch die schulen sonderbar besu-
chen, von den praeceptoribus underschiedliche ver-
zeichnußen ihrer lectionum und discipulorum erfor-
dern, der knaben profectum selbsten auß einem ex-
amine und nach gelegenheit derselben exercitio
studiv explorirn, zuvorderst aber mitt allem fleiß er-
fahren sollen, ob der catechismus Lutheri und an-
dere reine pietatis exercitia mit vleiß getrieben und
nichts verdächtiges der jugendt eingeschoben werde.
Nach verrichtung dessen soll[en] sie, die visitatores,
jedes orts ober- unndt underambtleuth, alß auch in
stätten und märcken |50v| die des raths, so dann die
kirchencensores, desgleichen die glöckner unnder-
schiedlich vor sich erfordern, einen jeden insonder-
heitt und absonderlich mit erinnerung seiner pflich-
tenn wegen des pfarrers oder auch nach gelegenheit
des orts seiner collegarum lehr, fleiß, nicht weniger

u u Konjektur für: sie auch die viel besagte visitatores.
v Sic!

sein oder der seinigen lebens halbenn mit ernst be-
fragen, zugleich auch anderer obangedeuter, das ge-
meine wesen und sonderbahre personen betreffende
mängell halben erkundigung einziehen.
Im fall, sich bei ein[em] pfarrer, diacono oder
schuldhiener lehr oder lebens halben einiger gefahr-
licher oder ärgerlicher mangel befindet, sollen sie
ihme nicht allein mit gegrundter underweyßung und
ernstlicher vermahnung zusprechen, sein erklärung
und erbietung von ihme ver- |51r| nemmen, sondern
auch dasselbig umb fernerer verordnung willen in
ihre relation mit notwendigem bericht und umb-
ständen.
Da sich sonsten geringer fell und mängell an einem
oder dem andern ort befinden, die keiner sonderbah-
ren importanz oder wichtigkeitt, werden sie, die
visitatores, dieselbe ihrer discretion nach zu verbe-
ßern unnd alles in gutte ordnung und richtigkeitt zu
bringen, nichts destoweniger, wo von nöthen, deßen
in der relation kürtzlich zu gedencken wißen. Was
aber wichtige sachen sein, die fernere berathschla-
gung erfordern, sollen sie unnß davon mit notwen-
digen umbstenden und ihrem guttachten schrifftli-
che relation thun.
Nach verrichter bemelter inquisition sollen sie, die
visitatores, bei jeder pfarr einen sonderbahren kir-
chenactum |51v| ahnstellen, alle und jede pfarrkin-
der, junge und alte, darzu erfordern, den besteltenn
pfarrer ein predigt thun lassen, daruff einer der vi-
sitatorum theologorum mit vorhergehender erinne-
runng von vorhabendem negocio unnd deßenn fine,
wie und zu was enndt solche visitation von unnß
fürgenommen und angeordnet, ein examen mit undt
neben dem pfarrer mit der jugend fürnemmen, dero-
selben profectum in exercitio catechetico mit fleiß
explorirn, nach verrichtung dessen von vorgefalle-
nen mängeln, wohl- und ubellstandt bei jungen und
alten ein ernstliche vermahnung ihrem beiwohnen-
den vorstanndt und discretion nach verrichten.

10 Vgl. oben Text Nr. 8, S. 284.

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