Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0435
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
13. Kirchenordnung 1590

abgetrieben und hiemit offentlich für den Umbste-
henden zu Schanden gemacht, sondern zuvor die
gradus admonitionum mit ihnen gehalten werden.
Dergestalt verhoffentlich, daß etliche durch Gottes
Gnade mit freundtlicher Christlicher Vermahnung
und Erinnerungen gewonnen werden.
Die aber uber alle Vermahnung sich nicht bekehren
wöllen, alsdann keine Entschüldigung haben, auch
sich nicht zubeklagen, wann dergleichen Proceß ge-
gen sie vorgenommen, Auch wie sonsten ihres ärger-
lichen Lebens halber gegen ihnen ein gebürlich Eyn-
sehen geschehen soll. Dann Unser Will und Mey-
nung ist, daß es alles mit guter Bescheidenheit da-
hin gerichtet werde, damit niemandt ubereilet noch
unordentlich wider den Befelch Christi Matthei am
achtzehenden Capit.131 |124| gehandelt und gleichwol
nothwendige Christliche Zucht in der Kirchen er-
halten werde etc.
Gleiche gestalt hat es auch mit den andern verfüh-
reten Armen irrigen Leuten, so nicht recht vom Sa-
crament glauben und gleichwol nicht muthwillig
sündigen noch lästern, sondern allein noch in ihrem
Gewissen gefangen ligen. Welche auch nicht von der
heyligen Tauff abgehalten, sondern zugleich den an-
dern, auch die gradus admonitionum mit inen vor-
genommen und so viel möglich zu unserer wahrhaff-
tigen Religion gebracht und darvon durch unordent-
liche Handlung nicht abgeschuppet werden sollen,
Weil doch die Kinder nicht auff der Gevattern Glau-
ben (dergestalt die Tauff ungewiß were), sondern
auff den Befelch und auff das Wort Christi getaufft
worden. Darumb den Kindern, so getaufft werden,
der Gevattern Unglaube im Hertzen an der Krafft
der Heyligen Tauff nichts benimpt, welche allein
auff dem Befelch und Ordnung Christi besteht und
nach seiner Verheissung mit sich bringt, was in dem
Wort deroselbigen begrieffen ist. |125|

131 Mt 18,15-17.
132 Vgl. KO Mecklenburg 1552, Sehling, EKO V, S. 161.
133 1Joh 3,8.
134 Ez 33,11.
135 Gen 3,21; 4,1.

Forma Publicae Absolutionis.
Lieben Freunde, ihr wisset, daß gewißlich der all-
mächtige Gott ihm eine ewige Kirche in dem
Menschlichen Geschlecht durchs Evangelium für
und für sammlet132 und wil, daß in diesem Leben
dieselbige Kirch angefangen werde, also daß wir in
diesem Leben ein Unterscheidt der Sünden und
Gnaden Christi und deß Gehorsams, der Gott gefäl-
lig ist, lernen, uns zu Gott bekehren, für seinem
Zorn erschrecken und mit rechtem Glauben an
Christum Vergebung der Sünden, Trost und den
heyligen Geist empfahen und in neuwem Gehorsam,
Glauben und gutem Gewissen forthin bleiben, daß
in uns der Trost zum ewigen Leben erhalten und die
ewige Seligkeit in uns angefangen werde und wir
also nach diesem sterblichen Leben ewige Seligkeit
haben, darinn Gott allein in allen seyn wirdt. Nun
hat Gott diese Ordnung allezeit in seiner Kirchen
gehalten, daß, wer offentlich sündiget, solche Sünde
soll zugleich mit Gottes Wort und mit Außstossung
auß der Kirchen gestrafft werden, auff daß sie selbst
und andere Leut Gottes Zorn wider die Sünde be-
trachten. Und erinnert inson-|126| derheit die Auß-
stossung auß der Kirchen alle Menschen von diesem
Spruch; Wer Sünde thut, der ist auß dem Teuf-
fel.133 Nun wil Gott nicht, daß zugleich in der Kir-
chen deß Herren Christi und deß Teuffels Gliedt-
massen seyen. Dagegen, so ist auch Gottes ernster
Will, daß die Sünder nicht im Zorn und ewiger
Straff stecken bleiben, sondern daß sie widerumb zu
Gott bekehret und selig werden, wie Gott spricht in
seinem Endt: So wahr ich lebe, wil ich nicht, daß der
Sünder sterbe, sondern daß er bekehret werde und
das Leben habe.134 Also hat er gnädiglich widerumb
angenommen Adam unnd Evam,135 Aaron,136 Da-
vid,137 Manasse,138 das Sündige Weib,139 Item den
Mörder am Creutz140 unnd andere viel hundert tau-
send. Diese grosse Barmhertzigkeit, uns in Christo

136 Nach dem Abfall Ex 32.
137 2Sam 12,13.
138 2Chr 33,12f.
139 Joh 8,11.
140 Lk 23,43.

415
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften