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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0439
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13. Kirchenordnung 1590

Caput X.
Von der Copulation oder Einleitung der Ehe.

kEs ist wol und Christlich bedacht, daß die neuwen
Eheleut in der Kirchen offentlich für der Gemein
verkündiget und eingesegnet werden. Dann wiewol
der eheliche Contract gleich wie sonst andere Welt-
liche Contract möchte auch wol auff den Rahtheu-
sern oder andern gemeinen offentlichen, ehrlichen
und Bürger- |137| lichen Versamlungen verrichtet
werden, Jedoch, dieweil in der ersten Außbreitung
deß heyligen Evangelii Christi nach der Apostel Zeit
sich viel funden haben, so den Ehestand für einen
unehrlichen Standt, mit welchem die Christliche
Kirch nichts zu schaffen haben solte, gehal-
ten,160 auch durch Anrichtung deß Satans, der aller
Göttlichen Ordnung feind ist, den Eheleuten in ih-
rem Stand allerley Unrichtigkeit begegnet, darin die
Vorgewissigung ihrer Göttlichen Zusammenfügung
ihnen zu ihrem Gewissen nötig, So ist es zur Besse-
rung der Kirchen fast nützlich, daß die neuwen Ehe-
leut in offentlicher Versamlung der Kirchen einge-
segnet werden, darmit menniglich darauß verwarnet
werde, daß der Ehestandt an ihm selbert ein ehrli-
cher unnd Gottseliger Standt sey unnd daß die Ehe-
leut betrachten, daß Gott Richter ist unnd straffet
alle Menschen, die den Ehestandt nicht recht halten
oder die sonst Ehebruch und Grausamkeit treiben
oder den Ehestand verlassen, daß auch die Eheleu-
te, so ihnen oder den Kindern etwas Unglücks be-
gegnet, dardurch zur Gedult und Anruffung Gottes
mögen bewegt werden.k
Dieweil sich aber mehrmals grosse Unordnung zu-
trägt, wann man auff einen uberschickten Zedel |138|
oder eines einigen Menschens anzeigen neuwe Ehe-
leut vor der Kirchen außgeruffen und nachmals da-
rauff copulirt werden, Sollen, allerley Gefahr und
der darauß erfolgenden Beschwerungen deß Gewis-
sens, Blutschande, Leichtfertigkeit und Unzucht zu

k-k Aus KO Pfalz-Zweibrücken 1557, Sehling, EKO
XVIII, S. 213f.
160 1Tim 4,3.
161 Lev 18,6-18.

verhüten, die Kirchendiener nachfolgender Ordnung
jederzeit unnachlässig und gehorsamlich sich ver-
halten.
Erstlich, wann sich neuwe Eheleut bey dem Pfarr-
herren jedes Orts anmelden, soll der Pfarrherr sie
eigner Person und, da sie noch im Jungfrauwen
Stande, auch ihre Eltern, Vormünder oder nächste
Verwandten, so bey dem Verlöbniß gewesen, zu sich
fordern und sie befragen, ob diß Verlöbniß mit der
Eltern oder Vormündern wissen und Verwilligung
geschehen. Dann Unser ernster Will und Befelch ist,
daß in diesen Ehelichen Contractibus den Eltern
ihre Ehre nicht soll entzogen werden und die Verlöb-
niß, so ohn der Eltern consensu geschehen, sollen
unbündig seyn. Ob sich keins unter ihnen beyden
zuvor mit einem andern Ehelich verlobet, ob sie ein-
ander nicht mit Blutfreundschafft und Schwäger-
schafft verwandt, daß sie nach Göttlichen161 und
Keyserlichen162 Rechten, auch unsers Landes Con-
stitution und Eheordnung163 |139| einander nicht
Ehelich beiwohnen köndten und da zwischen ihnen
ein Freundtschafft und in welchem gradu, soll der
Pfarrherr mit Fleiß erkündigen. Ob sie auch offent-
lich in der Kirchen mit der Gemeine Gottes das
Hochwirdige Sacrament deß Leibs und Bluts Christi
entpfangen haben, Und da es Junge Leut, ob sie
auch ihren Catechismum gelernet, ohn dessen Er-
kändtniß sie nit auffgeruffen werden sollen.
So dann die neuwe Eheleut, sie seyn Jung oder Alt,
welche sich außzuruffen begeren, nicht in einer Statt
oder in einem Kirchspiel wohnen, soll der Mann oder
Junge Gesell von dem Pfarrherrn, in deß Kirchspiel
die Frauw oder Jungfrauw wohnet, so im verlobt ist,
ein Zeugniß nemmen an seinem Pfarrhern, da er ge-
boren und erzogen, unnd sich daselbsten, als da er

162 ClCiv Inst 1,10,1-8.
163 Eine Landesordnung ist aus dem Jahr 1465 erhalten, die
1627 noch einmal erneuert wurde (HStA Wiesbaden
340-1376g und 340-348b). Eine Eheordnung ist bisher
nicht nachgewiesen.

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