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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0447
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13. Kirchenordnung 1590

Caput XII.
vWie man Gefangene und zum Todt verurtheilete unterrichten und trösten soll.

Zum aller ersten mag man fragen, warumb die Ge-
fangene liegen, da wirt man dann bald an der Ant-
wort mercken, wie es umb ihr Hertz stehe.
Etlicher wirdt schweigen, nichts bekennen oder
sich anheben zu entschuldigen, wie daß er unschul-
dig darein komme. Etlicher wirdt bekennen, aber
doch mit einem Trotz. Etlicher wirdt bekennen, daß
man an Worten und Geberden sehen muß, daß er
sehr bekümmert, voll Leyd und Jammers ist. In
Summa, es lasse sich einer alhier sehen, wie er wolle,
so kan man darauß Ursach nemmen mit ihm zu-
handlen.
Alle Handlung aber, er antworte, wie er wolle, muß
darauff bestehen, ist er blödt oder furchtsam, so
muß man ihn mit Gottes Güte und Barmhertzigkeit
trösten, ist er aber Verwegen und trötzig, |163| so
muß man ihm die Sünde wol einreiben und einen
Schrecken in ihn jagen, daß er sich erkennen und
uber seiner Mißhandlung Rew und Leyd lerne ha-
ben.
Wie nun solche zwey Stück anzugreiffen und zu-
handlen seyn, wirdt einfaltig hernach berichtet wer-
den, dann mit solchen Leuten und an solchem Ort
wil sich scharpffe Kunst und Subtiligkeit nicht lei-
den.
Von dem Schrecken.
Weil nun die Sünde, welche von Weltlicher Obrig-
keit mit dem Schwerdt oder Todte gestrafft werden,
ohn alles mittel wider die zehen Gebott seyn, soll
man mit den zehen Gebotten anfahen, wann man
solche Arme Leut zum Erkändtniß ihrer Sünden
bringen wil, nemlich ob er auch je zur Predigt gan-
gen und die zehen Gebott Gottes gelernet und ge-
höret habe. Sagt er, er habe es nie gehört, so weiß
man, wie solch Gottloß Leben zu straffen ist, wo

ν Von hier bis Fußnote w S. 427 aus KO Pfalz-Zweibrük-
ken 1557, Sehling, EKO XVIII, S. 225f.
w Von Fußnote v S. 427 bis hierher aus KO Pfalz-Zwei-
brücken 1557, Sehling, EKO XVIII, S. 225f.

man nach Gott und seinem Wort bey gesundem Leib
so gar nichts gefragt hatt. Derohalben solche rohe
Leut Gott widerumb |164| verachtet und in solche
Sünd und Schand fallen läst. Sagt er aber, er habe es
gewust, so folget, daß die Sünde desto grösser sey,
weil er sich nicht dafür gehütet und dem Wort Got-
tes nit gefolget hat.
Zum andern ist solche Sünde nicht allein wider
Gott und sein Wort, sondern auch wider die Obrig-
keit und den Nächsten, daß ein solcher Mensch zu-
gleich wider Gott und die Weltliche Obrigkeit ge-
sündiget hat, da mag man ihn vermahnen, was er
mit einem Knecht oder Kinde thun wolt, so seines
Willens nicht geleben wolte, wie er wider Gottes und
seiner Obrigkeit willen muhtwillig gethan hat, da er
gewust, daß es Gott verbotten, auch manchmal ge-
sehen habe an andern, so dergleichen wider Gott
und die Obrigkeit gethan, was es für ein Endt mit
demselbigen genommen habe.w
xAlso soll man ihm die Sünde grob einreiben und
dermassen fürbilden, daß ers greiffen und dieselbige
nit mehr läugnen noch beschönen mag. So ihme nun
das Hertz zu brechen begönnet, soll man mit dem
Trost auff Gottes Güt und deß zukünfftigen Lebens
weiter fahren.
Wo er aber solches noch verachten und im Trotz
noch unbußfertig bleiben würde, da kan man nicht
|165| besser, dann daß man bey ime anhalte und die
vorstehende Gefahr wol eynbilde.
Zum ersten, er sey jetzunder im Gericht Weltli-
cher Obrigkeit, dem werde er nit entlauffen. Dar-
nach werde er für Gottes Gericht auch kommen, da
sey kein Mittel mehr, werde er seine Sünde nit er-
kennen und Vergebung von Gott begeren, so muß
auff solchen zeitlichen Todt der ewige Todt folgen,
welcher doch viel schwehrlicher und unleidlicher ist

x Von hier bis Fußnote y S. 428 aus KO Pfalz-Zweibrücken
1557, Sehling, EKO XVIII, S. 226f.

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