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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]; Bergholz, Thomas [Oth.]; Goeters, J. F. Gerhard [Oth.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0451
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13. Kirchenordnung 1590

Ihr allerliebsten, ihr sehet, wie wir durch tägli-
che Exempel erinnert werden, daß |175| wir hie keine
bleibende stat haben,199 sondern alle Stunde deß
Todts gewarten müssen. Derhalben sollen wir in ste-
ter Bereitschafft sitzen, von den Sünden ablassen,
unser leben bessern und frömmer werden, auff daß,
wann Gott uber uns gebieten würde, er uns in seiner
Furcht in einem rechten Glauben und wahrer Lieb
gegen den Nächsten finde. Weil aber der böse Feinde
und unser Fleisch uns immerdar zur Sünde treibet
und von der Furcht Gottes abführet, ist es hoch von
nöhten, daß wir erstlich von Hertzen bitten, Gott
wölle uns gnädig seyn und alle unsere Sünde verge-
ben, darnach daß er wölle durch seinen heyligen
Geist unsere Hertzen erleuchten, daß wir in Gottes
Furcht und dem Glauben und in der Lieb gegen dem
Nächsten zunemmen und wachsen und seiner herr-
lichen Zukunfft in gutem Gewissen erwarten mögen,
auff daß wir den Breutgam nicht versäumen wie die
törechtigen Jungfrauwen, sondern mit unseren
Lampen und Oel, das ist mit rechtem Glauben und
gutem Gewissen dem Herren Christo entgegen kom-
men und durch ihn das ewige Leben ererben
mögen.200 Darnach bette man weiter. |176|
Collect.
Allmächtiger Gott, der du durch den Todt deines
Sohns die Sünde und Todt zu nicht gemacht und
durch seine Aufferstehung Unschuld und ewiges Le-
ben widerbracht hast, auff daß wir von der Gewalt
deß Teuffels erlöset und durch die Krafft deroselbi-
gen Aufferstehung auch unsere sterbliche Leiber von
den Todten aufferwecket sollen werden, Verleyhe
uns, daß wir solches festiglich und von gantzem
Hertzen gläuben und die fröliche Aufferstehung un-
sers Leibes mit allen Seligen erlangen mögen durch
denselben deinen lieben Sohn Jesum Christum, un-
sern Herrn. Amen.
Hierbey ist zu mercken, wie hieroben ist angezeigt
worden, wo einer auff vorgehende Erinnerung der
Kirchen in offentlichem Laster halstarriger und ge-
führlicher Weise beharret und also ohne Buß und
199 Hebr 13,14.
200 Mt 25,1-13.

Bekehrung stirbet, denselbigen soll mann ohne Ce-
remonien zur Begräbniß bestatten auß Ursach, wie
oben vermeldet in dem achten Capitel vom Christ-
lichen Bann.
Dieweil auch grosse Ungleichheit mit dem Begräb-
niß der Ungetaufften Kinder oder, da sie in Mutter
Leib gelebt, aber Todt auff die Welt kom-l177| men,
gehalten, daß etliche Pfarrherrn dieselbigen nicht
wollen auff den Kirchhoff bey andere Christgläubi-
ge begraben lassen, dadurch dann Christlichen El-
tern nicht allein groß Betrübniß gemacht, sondern
offtermals die Mütter als schwache Werckzeuge in
grosse Anfechtung gerahten, Und aber der Christen
Seligkeit nicht also in die heylige Tauff gebunden,
wann die Christliche Mütter an den Kindern nichts
versäumet noch an deroselbigen Unzeitigen Todt
schuldig, sie aber durch das Gebett dem Allmüchti-
gen vermöge seiner Verheissung befohlen, da er sa-
get: Ich bin dein Gott unnd deines Samens nach
dir,201 daß sie darumb verdampt werden solten, wie
dann ohne zweiffel viel Kinder im alten Testament
für dem achten Tag gestorben, die nicht beschnitten
und gleichwol ungezweiffelt seynd selig worden.
Der ursachen dann auch an solcher Kinder Selig-
keit, die also durch das gläubige Gebett Gott befoh-
len, nit zu zweiffeln, So sollen hinfort die Pfarrherrn
und Kirchendiener solche Kinder nicht weniger als
die andern mit Christlichen Ceremonien nach jedes
Orts Gebrauch zur Begräbniß beleiten und bey an-
dere Christen zur Erden bestatten.
Nach dem auch zur Zeit der Pestilentz sich hin |178|
und wieder gantz beschwerliche und erschreckliche
Felle zutragen, daß denen, welche diese Kranckheit
angestossen, kein Raht noch Hülff geschaffet, son-
dern wider den Glauben und Christliche Lieb ver-
lassen, daß sie ubereinander verderben und trostloß
sterben müssen, welcher Cörper auch etliche Tage in
den häusern unbegraben liegen, umb welcher Un-
menschlichen Unbarmhertzigkeit willen Gott noch
zum grosseren Zorn und Straff kan bewegt werden.
201 Gen 17,7.

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