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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0474
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Sayn

16. Kirchenordnungsmandat
18. September 1619a

Wir Wilhelm, grave zu Sayn undt Witgenstein, herr
zu Homburgh etc., entpieten allen undt jeden un-
sern amptleuthen, statt- undt landschultheisen,
richttern, geschwornen und sampttlichen unsern un-
derthanen undt angehörigen dieser unser grave-
schafft Seyn unser gnad und alles gutts.
Und fuegen den selben sampt undtt sonders hiermit
zu wissen: Wiewol wir durch götliche verleihungh
nach der einigen richttschnur seines heiligen worts
das predigampt in dieser unser graveschafft Seyn zu
bestellen uns bishero beflissen und dahero zuever-
sichtlich uns getröstet hetten, das die hin und wie-
der noch hafftende papistische, abgöttische greuel
und was denen anhengt, gemindert und diejenigen,
so mit denen noch behafftet gewesen, sich vielmehr
eines bessern underweisen sollen lassen, so müßen
wir doch mit nicht geringer befrembdung verneh-
men, das noch hin und wieder ein zeithero sich in-
sonderheitt etliche aus unsern underthanen finden,
welche, ungeachttet sie viel eines andern von ihren
vorgesetzten seelsorgern aus des götlichen worts
wahren |1vl grundt underrichtet werden, den aber-
glaubischen, abgöttischen irrthumben der päbstli-
chen meß und wahlfahrden ghen Mergenstatt,3 S.
Lenhardt,4 Mergenthal5 und anders wohin nachlauf-
fen, ihr hertz und seel an dieselbe, wie auch an die
abgöttische segensprecher und was dem anhengtt,
hangen und also ein zeitlich und ewige verdamnus
vorsätzlich stuetzen, dahero den sie ferner den segen
sprechern, zeichen deuttern, planeten lesern, wahr-
sagern, christallen sehern undt was dergleichen bö-
sen feindts instrument mehr seindtt, nachzulauffen
anlaß nehmen.

a Textvorlage: HStA Wiesbaden 340-2145 fol 1r-3v.
3 Das Kloster Marienstatt bei Hachenburg, das sich gegen
die von den Grafen Adolf, Heinrich und Hermann mehr-
fach versuchte Auflösung wehrte und vor dem Reichs-
kammergericht auf Reichsunmittelbarkeit klagte. Der
Prozess wurde nie entschieden und das Kloster erst 1803

Welches ubel nun fast so gemein werden undtt
uberall einreissen will, das, sobalt aus des allmech-
tigen gerechtten straff an leib und viehe mit kranck-
heit jemand heimgesuchtt, bey vorgedachtenn des
bösen feindts werckzeug rath und hülff gesucht, da-
hero, wo nicht mit zeitlichem ernst deme vorgebeuet
und abgewehrt, Gottes gerechtte [und] eifferige
straff, mit deren uns seine allmacht albereit dröwet,
uber land und leuth unauspleiblich gezogen wirdt.
|2r|
Hierumb so ist unser gnediger, ernster will, meinung
und befelch, das hinfuro menniglichen, jung und
altt, niemand ausgenommen, sich des auslauffens
nach Mergenstatt, S. Lenhardt, Mergendahl und
anderst wohin zu der abgöttischen, päbstlichen
meß, aberglaubischen wahlfahrden und was dem an-
hangt, endthalte und sich keiner von unsernn un-
derthanen, es sey zu welcher zeit es wolle, darbey
finden lasse, bey vermeidung unserer ernstern, un-
nachlesigen straff, so nach des ungehorsamen uber-
tretters beschaffenheitt an gutt und leib würklich
vorgenommen werden solle.
Ingleichem gepieten wir hiermit ebenmesig allen
und jeden unsern underthanen, jung und alt, das sie
hinfuro in keinerley weiß, weder selbsten oder durch
andere, der obbemelten teuffelischen werckzeugen
den segen sprechernn, zeichendeuttern, planeten le-
sern, wahrsagern, christallen sehern nachlauffen, de-
ren rath oder hülff fur menschen oder viehe nicht
suchen, dardurch [er] die heilige May[estä]t Gottes
beleidige und an desen statt den teuffel gleich- |2vl

säkularisiert. Vgl. Römheld, 400 Jahre, S. 26f;
Petry, Rheinland-Pfalz, S. 226f.
4 Vermutlich die Kirche St. Leonhard in Fussingen (heute
Verbandsgemeinde Waldbrunn, Hessen).
5 Marienthal, 1489 geweihte Wallfahrtskirche mit Gna-
denbild nördlich von Altenkirchen; vgl. Petry, Rhein-
land-Pfalz, S. 227.

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