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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Bergholz, Thomas [Bearb.]; Goeters, J. F. Gerhard [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (19. Band = Rheinland-Pfalz, 2, 1. Teilband): Die Reichsstädte Landau, Speyer und Worms - die Grafschaften Leiningen, Sayn und Wied - die Wild- und Rheingrafschaft - das Fürstentum Pfalz-Simmern - die Grafschaft Pfalz-Veldenz (Nachtrag) — Tübingen: Mohr Siebeck, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.30659#0523
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7. Kirchen- und Polizeiordnung 1616

rechten verpleiben,26 was aber sonsten andere
fleischliche vermischungen angehet, damit wollen
wirs nachfolgender gestalt gehalten haben.
Alsθ nemblich da sich zutrage, daß zwei miteinander
ehelich verlobte personen vor dem christlichen
kirchgangh und gewonlicher einsegnung sich zusa-
men thäten und die gemeine dadurch ergerten, so
sollen dieselbe keine schenckhochzeit halten, die
braut keinen krantz tragen, auch keine tochter oder
mägdte vor ihr gehen laßen, uber das zur kirchen-
buß und dabeneben ein jegliche 6 fl. straff zu erlegen
angewießen werden.
ιWurden aber zwo ledige personen sich miteinander
fleischlich vermischen, so soll ein jegliche 12 fl. ge-
ben oder aber mit dem thurn gezuchtiget und uber
das mit 6 fl. straff belegt werden. Dafern dan die-
selbe personen sich zum andern mahl verlauffen,
etwa abermahls miteinander oder sonsten mit an-
dern zuthun haben wurden, so solle ein jegliche dop-
pell gestrafft und entweder 24 fl. allein oder aber 12
fl. erlegen und dabeneben die thurnstraff der gebur
außtehn.κ
Wurde dan das ein oder ander theil sich zum drit-
ten mahl mit dergleichen sunden beflecken, so soll
dasselb nach beschaffenheit der sachen und personen
mit gelt gestrafft und noch daruber ein zeitlangh in
den thurn gelegt, mit waßer und brott gespeißet, for-
derß an halßeißen gestellet und des landts verwießen
und nichts weniger sowol in einem als andern fall ih-
nen die kirchenbuß, damit keiner hinfuro verschonet
werden soll, ufferlegt werden.λ
θ Da verlobte personen vor dem kirchgang sich fleischlich
vermischet, sollen selbige kein schenckhochzeit halten,
sie kein kranz tragen, keine brautmägd haben und neben
offentlicher kirchenbuß der oberkeit pro prima vice ein
jegkliche person 6 fl. straff erlegen.
ι Da zwo ledige personen miteinander unzucht getriben,
soll ein jehliche 12 fl. straff oder aber mit dem thurn
gezuchtiget und darzu jeder 6 fl. geben.
κ Pro secunda vice 24 fl. straff oder aber auch zu thurn
und darbeneben jede person 12 fl. straff.
λ Pro tertia vice mit höherer geltstraff belegt, im thurn
mit wasser und brott gespeiset, forters ans halßeysen ge-
stellt und neben der kirchenbuß des lands verwisen wer-
den.
μ Solle ein jeder kirspel-, gemeinde- oder specialnachbar

Zu welchem endt, damit sich keiner solcher straff
entzihen möge, ein jeder kirspel-, dorff- oder nach-
bar, so baldt eine solche mißhandtlung offenbar
wirdt, schuldigh sein soll, seinem schultheißen,
sundtscheffen, burgermeister oder geschwornen |22|
daselb anzuzeigen.μ Und derselb forders verbunden
sein, solche an gehörigen ortern anzupringen und
daneben zu berichten, ob die verbrechende person
zum ersten, zweiten oder dritten mahl in solchen
sunden betretten worden.
Wurde dan bei den schultheißen oder andern ob-
gemelten personen einige farleßigkeit oder verse-
umbnuß vermerckt, so sollen sie darfur geburlich
angesehen und im fall, da personen entwichen, an
statt derselben die vermerckte straff zu erlegen und
außzustehen angehalten werden.ν
Cap. 5:
Von der ehe und heyraths beredung.
Auff das auch nuhn solchem schandt und laster so
viel möglich außm grundt geholffen und denen da-
her entstehenden ungelegenheitten der gebuhr vor-
gebawt werden möchte, so wollen wir, das diejenige
personen, so sich nicht enthalten können,27 durch
erbare, ordentliche wegh verfahren, sich in standt
der h[eiligen] ehe begeben und dieselb nach Gottes
ordnung mit rath, vorwißen, willen und belieben ih-
rer eltern, freundt und verwandten ahnfangen sol-
len.

solche verbrechende personen seinem schultheissen,
sundscheffen oder geschwornen ahnzubringen und dar-
bey, ob es der erst, zweit oder dritt excess seye, zu be-
richten schuldig sein.
ν Und da mit der straff fahrlessigkeit gespüret, dardurch
die peccantes entwichen, solln ahnstatt deren die gemel-
te inspectores die straff außzustehn schuldig sein.

26 In beiden Kirchenzuchtordnungen finden sich keine Be-
stimmungen bzgl. Ehebruch; vgl. aber RPO, Art. 26,
und Carolina Art. 120. Außerdem findet sich im FWA
ein Mandat Graf Johanns vom 8. Juli 1566 gegen un-
zucht unnd uneheliche beiwohnung (FWA 44-11-5).
27 Vgl. 1Kor 7,1f.

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