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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0028

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Die vier geistlichen Gebiete Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen. I. Merseburg.

findet , (die izlicher pfarher billich haben solt)
auch mit vleis uberlesen, und testimonia aus dem
alten und neuen testament fassen , dan sie des
artikels halben in künftiger vorheer vleissig sollen
examinirt werden, und welche in dem nicht christ-
lich antwort geben konnen, sollen im pfarambt
nicht geduldet werden.
Weiter befinden wir auch, das etliche nicht
wissen den unterscheid des gesetz und evangelii,
des glaubens und guter werk, mengen eins in das
ander, verstehen auch nicht den rechten gebrauch,
ader nutz der hochwirdigen sacrament, ader was
christliche freiheit, unchristliche ader christliche
ceremonien sein, und wie man der gebrauchen
moge, daraus aller irsal entstanden. Darumb
sollen sie aus den schriften der lieben, von got
erleuchten lehrern, d. Martini und anderer, so zu
unser zeit solch artikel aus der gotlichen schrift
wider an tag gebracht, dasselbige vleissig lesen,
und zum wenigsten die locos communes domini
Philippi, auch confessionem und apologiam, sampt
den grossen und kleinen catechismo, und ob-
berurten betbuchlein d. Martini inen ganz gemein
machen, in welchen dan obbemelte artikel zum
mehrern theil berurt, darvon sie dan auch in
künftiger vorheer unterschiedlich antwort zugeben,
sollen gefast sein.
Als auch viel von solchen hochwichtigen
artikeln unbedechtig, unbescheiden, rohe und
ergerlich reden, und wan sie falsche lehr ader
missbreuch strafen wenden sie sich nur auf bloss
unartig schelten des babsts, monch, und pfaffen,
welche dan auch billich zu strafen, aber darneben
vorlegen sie aus der gotlichen schrift die irthumb
nicht, lehren also das volk nichts, daraus sie ge-
bessert , sondern an den ortern, do die leute des
evangelii noch nicht notturftig berichtet, ergern
und stossen sie damit zurücke, wie wir das in er-
farung haben, auch namhaftige leute darüber
klagen.
Hierumb ist auch unser begehr, sie wollen
sich solches unmessigen scheltens eussern, sondern
do es die noth fodert, mit mass strafen, und viel-
mehr die leute aus grunt gotlicher schrift unter-
weisen, was irthumb ist, und wurumb es irthumb
ist, und welchs die reine lahr ist, damit man die
leute gewinne und nicht abwendig mache.
Es sollen sich auch die pfarher bevleissigen,
das sie bekommen mogen das buchlein Urbani
Regii, da er guten unterricht gibt, von den artikeln
fursichtiglich und ane ergerniss zureden, dan do
wir glaublich berichtet, das etliche mit solchen
unbescheiden worten die leute ergern, ader vor-
irren wurden, die sollen darfur rechenschaft zu-
geben fürgefodert, und nach befindunge gestrafet
werden.
Zuvorderst aber sollen die pfarher den cate-

| chismum mit vleis uben mit der jugent, darzu sie
eine gewisse zeit, iderm ort gelegen, nehmen sollen,
wie dan in der visitation weiter soll vorordenet
werden, und in dem einerlei und keine andere
form und weise der wort, dan doctoris Martini,
gebrauchen, damit es an einen ort wie an dem
andern gelehret und soviel bass gefasset, und die
leute durch mancherlei form, nicht vorwirret
werden1) .
Darneben sollen sie2) das gotlich gesetz, in
den zehen geboten gefasset, bei dem volk vleissig
treiben, und stückweis auslegen, wie got derselben
haltung von uns fodert, auch wie die innerlich
und eusserlich ubertreten werden, und daraus ihnen
gottes zorn wider die sunde zeigen, und sie zu
rechter gottesfurcht führen, und zu rechter buess
fodern.
Und das man darbei das volk wol unterrichte,
wie wir solche schult und sunde nicht durch unser
werk und wirdickeit tilgen noch bezalen mogen,
und die ursach anzeige, wie wir durch die erb-
sunde vorterbt, und unser werk zugeringe, zu
schwach, und unvolkommen sein.
Als sich auch darneben gepurt, mit vleis zu-
predigen den erschreckten gewissen die gnade
und vorgebung der sünde, so wir aus lautern
gnaden allein, durch den glauben, auf die er-
loesung und blutvorgissung unsers herren Christi
erlangen, so sollen sie auch die leute vleissig
unterrichten, welchs der wahre glaube sei, damit
nicht die leut die blosse wissenschaft der historien
ader kalten wahn im herzen vorstehen und auf-
nehmen fur den lebendigen glauben, durch den
wir solcher hohen gnad empfenglich werden, durch
welchen misvorstand viel leut sich selber ver-
fueren und andere ergern.
Das sie auch die exclusivam allein der glaube,
ader gratis u. s. w. wol deuten, das es die leut
nicht dohin vorstehen, als solten die guten werk
also darmit ausgeschlossen sein, das man die nicht
thun dorfe, sondern das sie fur gottes gericht zu-
geringe und nicht bestehen mogen, darumb die
vergebung der sunde und unser selickeit allein
auf gnade und barmherzickeit stehe, der wir allein
empfenglich werden durch den glauben, welcher
nicht auf eigne wirdickeit stehet und gegründet,
sondern auf gottes barmherzickeit und gnedige
zusage.
Darbei auch die ursachen anzuzeigen, das
damit gott die ehre gegeben, als der warhaftig
und es allein thue, erkant und gegleubt wirt, und
wir unserer selickeit dadurch gewisser werden,
weil sie nicht auf uns, sondern gottes warhaftige
zusage gegrundet ad Röm. 4. So aber die selickeit

1) und 2) B.: vorwirret werden und das gotliche
gesetz, in den zehen geboten u. s. w.
 
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