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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0037

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3. Der Merseburger Synodalunterricht 1544, mit den Abänderungen etc. 1545.

stehet, auch zum theil leichtfertig angesehen.
Nach dem dan der heilige Petrus und Paulus
wollen, das die weiber christliche erbare tracht
gebrauchen sollen, so sich zimet denen, die do got-
selickeit beweisen, mit guten werken, wil sich solches
vielmehr gebüren den pastoren und ihren ehe-
genossen, welche die andern umb leichtfertige,
ergerliche kleidung strafen sollen. Demnach,
wollen sie hinfurder pristerliche, erbare cleidung
und tracht gebrauchen, nicht zerschnitten, vor-
bremet, ader bunt, dergleichen auch nicht aus-
geschnitten, breite, hornige schuch, sonderlich in
kirchen ampten.
Dergleichen1) so je erliche berte zeugen,
wollen, das sie die nicht wie landesknechte auf
den seiten tragen breit ausgezogen, und unden
schentlich vorschnitten, sondern wie die natur die
wachsen lesset, auch das sie die uber den munt
abnehmen lassen. Dan so sie die in den kelch
des bluts Christi hengen, machen sie den andern
ein grauen und vielen ergernis. Welchs sie auch
solten den leien nicht gestatten, dan ich selbs von
dr. Martino mit meinen ohren habe gehört, das
doktor Martinus solche grobe leute offentlich und
heftiglich gestrafet2). Begehren auch3) das die
prister in kirchen ampten der gewonlichen ornat
gebrauchen, wie der fast allenthalben ublich,4) und
in predigen und reichung der sacrament, auch bei
den kranken des chorrocks5), wie dan die hern
theologi zu Leipzick vor gut angesehn,
auch andern viel ortern, do das evangelium ge-
predigt, in ubung und gebrauch ist, und es noch
diser orter am mehrern theil gehalten wirdet. Dan
dieweil es res adiaphora ist, so ist uns je so wil-
korig ane beschwerung der gewissen zu behalten
und6) zugebrauchen, als das man es abthue
1) Der Passus „Dergleichen so — nicht gestatten“
steht in A. hinter dem Passus „Sondern das die prie-
ster — gebreuchlich nicht argern sollten“. Diese Um-
stellung ist im Merseburger Exemplar durch die Buch-
staben A und B erfolgt.
2) Dieser Passus „Dan ich selbs von dr. Martino
mit meinen ohren habe gehört, das doktor Martinus
solche grobe leute, offentlich und heftiglich gestrafet“,
ist im Merseburger Grundtext und in A. durchstrichen,
und dafür in A. gesetzt: „Und was all hie von wandel
der pfarhern gesagt, sol auch von den diaconis oder
caplan verstanden werden, welche auch in allwege irem
pfarhernsollen gehorsam sein und one ire wissen in der
kirchen mit predigen singen und lesen nichts sonder-
lichs furnehmen und den kranken dienstlich sein.“
3) Merseburger Grundtext „Begehren auch“ ver-
bessert in „Sondern“. So A. im Text.
4) „wie dann“ u. s. w. Zusatz im Merseburger Ex.
A. im Text. •
5) B.: gestrichen, dafür: gebrauchen doch mit der-
massen wie die hern theologi zu Leipzig sampt etlichen
superattendenten im colloquio zu Leipzig anno 44 fur
gut angesehen wie den an.
6) „ane beschwerung — behalten und“ im Merse-
burger Zusatz, in A. im Text.

ader1) unterlasse. Ane allein weil es zum wol-
stand dinet, auch die prister zugleich nicht wol
bekleidet, und2) vielfeltig furgebracht, wie etlich
in handlung der gotlichen ampt solcher bekleidung
gebrauchen fur die gemeine fraue und junkfraue,
das sich die leute nicht wenig daran ergern. So
ist im besten bedacht, solche gewonliche cleidung
unvorbintlich3) zubehalten. Und ist auch der
fürsten gemüth, 4) das in irem lande in dem gleich-
formickeit so wol moglich gehalten werde. Doch
das sie in allewege die leute unterrichten, das an
dem die selickeit nicht gelegen noch darumb als
notig gebraucht werde, auch das sie sich an den
ortern, do es nicht gebreuchlich, nicht ergern
sollen5).
Was aber sunst weiter die gelegenheit geben
wirdet, den pfarhern ferner an zu zeigen, werden
sie in künftigen visitationen und synodis vor-
nehmen, und sich geschickt machen dan zum
examen. wie sie sich in der lahr gebessert, und
sich in christlichem wandel halden, und sollen
wissen, welche, wie sichs nicht geburt, befunden,
sollen nichts anders dan geburlicher straf zu-
gewerten haben.
Und6) damit sie auch der strafen halben
wissenschaft tragen, sollen die nach gelegenheit
der vorwirkung und erkentnus des consistorium in
1) „abthue und“ ebenso.
2) Der folgende Satz — „daran ergern“ ebenso.
3) „unvorbintlich“ desgleichen.
4) Der Merseburger Grundtext „so auch des fürsten
gemüth das in dem gleichformickeit gehalten werde“ ist
verbessert in „wolten die fürsten gerne“.
5) Hier wird in dem Merseburger Exemplar durch
das Zeichen O ein Zusatz angedeutet, welcher sich in
A. auf einem besonderen Blatt findet:
In stedten ader flecken, do schulen seint, sollen
die pfarher auf dieselbigen auch gut anfachtung haben,
das die schuldiener die jugent in guten kunsten treu-
lich instituiren auch zu gottesfurcht und guten sitten
halten und erziehen.
Es sollen auch die schuldiener zuchtigen und ehe-
lichen wandel fuhren und erbare kleidung tragen.
Die pfarhern sollen auch die leut mit vleis vor-
mahnen, ihre kinder zur schulen zu halten, mit an-
zeigung des grossen nutzes und frucht, so es geschicht,
und schaden, so es vorbleibet.
Wan auch schuldiener mangeln, dieweil der leb-
liche landesfurst ezliche stipendia fur studenten, so zu
solchen dinsten zugebrauchen, vorordnen, sollen zu
Leipzik bei dem hern rektor und anderen, so des be-
fehlich haben, gesucht und fur frombde, so die vor-
handen, angenommen werden.
Die custer sollen auch ihren pfarhern gehorsam
sein und ane ihr wissen und willen nichts in der kirchen
furnehmen, auch die leute von den pfarhern nicht
abwenden, auch fur schreiben, so zu feuden*) ader
sonsten weiterung gereichen mochten, sich hueten und
sonst ein christlichen und ehrlichen wandel und han-
tirung treiben bei vormeidung geburlicher strafe.
6) B. Uberschrift: Strafe der kirchendiener.

*

*) feuden wohl = feiden = Fehden, Streitigkeiten.
 
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