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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0048

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Die vier geistlichen Gebiete Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen. I. Merseburg.

theil sich von des andern blutfreunde enthalten.
Es werden aber nicht allein blutfreund genant,
welche von ganzer geburt, als von einem vater
und von einer mutter, sondern auch, welche von
halber geburt, als von dieser einem, ja auch welche
etwan ausserhalb der ehe gezeuget, und des ge-
blüts halben, durch das natürlich recht, mit ein-
ander verwand sind, unter welchen personen keine
eheverbindung, noch vermischung geschehen solle,
wie denn im dritten buch Mose1), am achtzehen-
den capitel, verboten wird, und welcher dieser
personen eine, so ime mit blut verwand und
verboten, berüret, der hat eine blutschande be-
gangen.
Beschlus.
Dieses sind die personen, und gelide, welche
zum theil von gott selbst, etzliche aber durch das
natürliche recht und die oberkeit bei schwerer
peenen und strafen, als der geistlichen oberkeit
des bannes und abschneidung von der gemein-
schaft der christlichen kirchen, auch solcher ver-
botener personen von einander scheidung, und
der weltlichen oberkeit straf, als des feuers und
schwerts und anderer mehr, zu ehelichen oder zu
berüren verboten seind.
Derhalben wolle sich jederman davor hüten,
das er nicht sich selbst, noch auch andere leut
mit blutschanden verunreinige, und nicht mit ver-
boten personen sich zu verehlichen oder ver-
mischung und unzucht zu treiben, unterstehe noch
einlasse, damit er ein rein christlich gewissen
haben müge, auch göttlicher maiestet und welt-
licher oberkeit zorn und ernstliche strafe nicht
auf sich lade, ja auch land und leute solcher
sunden halben nicht verunreinige, in jammer und
not füre, wie uns denn die erschrecklichen exempel
in der heiligen schritt werden vorgehalten, daran
zu sehen, wie hart gott die blutschanden und
unzucht zu allen zeiten pflege zu strafen, wie
solchs die strafe der sindflut bezeuget, der stet
Sodoma und Gomorra2), der Sichimiter, do umb
eines mannes unzucht willen eine ganze stadt
vorwüst und verhert wurden, item Numeri 25. da
umb der hurerei willen vier und zwenzig tausent,
item Judicum 20. fünf und zwenzig tausent aus
dem einigen stam Beniamin, ja auch so viel völker
im land Canaan erschlagen und aus dem land
vertrieben wurden.
Darumb (spricht gott der herr, im dritten
buch Mosi3), am achtzehenden capitel) haltet meine
satzung und rechte, und thut dieser greul keinen,
auf das euch das land nicht auch anspeie, wenn

ir es verunreiniget, gleich wie es die heiden hat
ausgespeiet, die vor euch waren, denn das ist der
wille gottes (spricht Sanct Paulus) 1) eur heiligung,
das ir meidet die hurerei, und ein iglicher unter
euch wisse sein fas (das ist seinen leib) zu be-
halten in heiligung und ehren, nicht in der lust-
seuche, wie die heiden, die von gott nichts wissen,
das helfe uns gott vater, sohn, und heiliger geist,
amen.
Wir wollen auch, das diese nachvolgende
artikel, neben der oben angezeigten erinnerung,
auch von wort zu wort auf den sontag, so jedem
quartal des jars volget, gelesen werden.
Und auf das sich ein jeder in ehesachen
wisse zu halten, damit sie sich selber nicht in
beschwer und schimpf füren, sollen sie alle wege,
so sie vorlöbnis wollen halten, sich der verwanten
freuntschaft oder schwegerschaft erstlich befragen,
und so sie merken, das sie etwas nahe, sollen sie
sich bei den pfarherrn, oder so sie die des nicht
genugsam zu entscheiden wüsten, beim consistorio
erkunden, ob die personen nach göttlicher und der
oberkeit ordnungen einander haben mügen, auf
das sie nicht hernach, nach geschehenem Verlöb-
nis, dörfen mit grosser mühe, unkost, und schimpf
von einander gesprochen werden.
Desgleichen sollen sie sich anderer hinderunge,
sonderlich, ob die personen ledig und nicht jemands
anders unentscheiden behaftet, befragen, ehe die
gelöbnis volnzogen werden.
Item, das sich niemands ane vorwissen seiner
eltern vorheiraten solle, welchs wider götliche,
natürliche, keiserliche recht, und chur und fürst-
liche ordnunge ist, und nicht zuzulassen, und wer
das mit fördert, sol hertiglichen gestraft werden,
idoch das die eltern irer gewalt nicht misbrauchen
und ob sich derhalben irrung zutrügen, sol es bei
dem consistorio geortert werden.
Desgleichen sollen die eltern vermanet sein,
ire kinder zu gebürlicher zeit zu berathen, und
do hin sie nicht neigung haben, mit gewalt nicht zu
zwingen, und wo sie des vermanet durch die pfar-
herr, auf ansuchen der kinder, neben andern
freunden, und sich daran nicht keren wollen,
sollen sie darumb vorm consistorio zu antwort
stehen.
Item das niemand sich heimlich zu einer
schlieslichen ehe verlobe, und solche heimliche
verlöbnis nicht zugelassen, sondern gestraft werden
sollen.
Item das niemand sein ehegemahl verlassen
sol, und die da weglaufen, sollen gestraft werden.
Item wo in dörfern und steten, man und weib,
unehelich bei einander woneten, das sollen die

1) A.: Leviticus 18, V. 6.
2) A.: Gen. 7, 19, 34.
3) A.: V. 25 u. 28.

1) A.: 1. Thess. 4, V. 3 ff.
 
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