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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (2. Band = 1. Abtheilung, 2. Hälfte): Die vier geistlichen Gebiete (Merseburg, Meissen, Naumburg-Zeitz, Wurzen), Amt Stolpen mit Stadt Bischofswerda, Herrschaft und Stadt Plauen, die Herrschaft Ronneburg, die Schwarzburgischen Herrschaften, die Reussischen Herrschaften, die Schönburgischen Herrschaften, die vier Harzgrafschaften: Mansfeld, Stolberg, Hohenstein, Regenstein, und Stift und Stadt Quedlinburg, die Grafschaft Henneberg, die Mainzischen Besitzungen (Eichsfeld, Erfurt), die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen, das Erzbisthum Magdeburg und das Bisthum Halberstadt, das Fürstentum Anhalt — Leipzig: O.R. Reisland, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.26561#0055

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8. Ordnung der öffentlichen Busse.

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geist entpfangen moge1), derwegen wollet bei dieser
handlung unvordrossen sein zuvorharren.
Darauf hebe der cantor das misere an zu
singen teutsch, und ende desselben singe der
priester den versikel und collecta.
Nach der collecta frage der superintendens,
ob sunder2) auch nach wie zuvor solche eine3)
sunde und missethat bekenne4),
Item, ob ime5) solche sunde herzlichen leid sei
und die absolution bitte6), item ob er7) auch fur-
satz und willens sein8) leben forthin zubessern, und
so er9) auf solche fragen, ja, gesagt, soll er alsdan
die vormanung thun.
Mein liebsten in Christo Jesu, wir haben ge-
hort, das dieser10) arme sunder itzund abermals vor
got und dieser heiligen gemeine sein11) sunde offent-
lichen bekant, umb die absolution gebeten, auch
zusagung gethan, hinfurt sein12) leben zu bessern, so
wollen wir nun, den bevehl unsers lieben herrn
Jesu Christi horen, welchen er Matthei am 18.
thut, und also lautet,
Sundigt dein bruder an dir, so gehe hin und
strafe ihn zwuschen dir und ihme alleine, horet
er dich, so hastu deinen bruder gewonnen, horet
er dich nicht, so nim noch einen oder zweie zu
dir, auf das alle sache bestehe, auf zweier oder
dreier zeugen munde, horet er dich nicht, so sage
es der gemeine, horet er die gemeine nicht, so
halte ihnen als einen zolner und heiden. Warlich,
ich sage euch, was ihr auf erden binden werdet, soll
auch im himmel gebunden sein, und was ihr auf
erden losen werdet, soll auch im himmel los sein.
Weiter sage ich euch, wo zwene unter euch eins
werden auf erden, warumb es ist, das sie bitten
wollen, das soll ihnen widerfaren von meinem vater
im himmel, dan wo zwene oder drei vorsamlet sint
in meinem namen, da bin ich mitten unter inen.
Da trat Petrus zu ihm und sprach, herr, wie
ofte muss ich dan meinem bruder, der an mir ge-
sundigt, vergeben? Ists gnug sieben mal? Jesus
sprach zu ihm, ich sage dir nicht sieben mal,
sondern siebenzig mal sieben mal,
Da heren wir, was wir uns kegen die un-
bussfertigen und halsstarrigen, nemlich sie als die
heiden halten, und keine gemeinschaft mit ihnen
haben sollen, widerumb aber, welche mit sunden
und den banden des todes und stricken des teufels
gebunden und gefangen sint, und von solchen
erschrecklichen banden und stricken gerne wolten
erlediget und losgemacht werden, das wir die-
selbige durch die schlussel der kirchen sollen los
und ledig machen, und wirt uns alhier eine her-
liche vorheischunge und gotliche macht gegeben,
das der herre mit hochen worten spricht und
1) mogen. 2) die zween sunder. 3) ire. 4) be-
kennen. 5) ihn. 6) bitten. 7) sie. 8) ihr. 9) er.
10) diese. 11) ire. 12) ihr.
Sehling, Kirchenordnungen, Bd. II.

uns vorheisset, ja, auch mit seinem schwur be-
stetiget und saget, warlich, ich sage euch, was
ihr auf erden binden werdet, soll auch im himel
gebunden sein, und was ihr auf erden losen
werdet, soll auch im himel los sein, wie hette
uns doch gott grosser gewalt konnen geben.
Zuletzt will Christus auch, das wir unserm
bruder, so gesundigt, und seine sunde erkennet,
so oft er die absolution oder die losbindunge be-
geret, so oft sollen wir auch inen von den er-
schrecklichen banden und stricken der sunden,
des ewigen tods und des teufels, darein er ge-
fallen, durch die absolution los und ledig machen,
dan Christus spricht, das wir unserm bruder, so
gesundiget, nicht allein sieben mal, sondern sieben-
zig mal siebenmal, seine sunde erlassen sollen.
So spricht auch S. Paulus zu den Galatern
am sechsten, also:
Lieben bruder, so ein mensch etwo von einem
fehl ubereilet wurde, so helft im wider zu recht
mit sanftmutigem geist, die ir geistlich seit, und
sie auf dich selbst, das du nicht auch vorsuchet
werdest; einer trage des andern last, so werdet
ihr das gesetz Christi erfullen.
Wan diese wort gelesen, so fordere der
coadjutor den superintendenten und die andern
kirchendiener zu sich, das sie neben ihme stehen,
und spreche alsdan die volgenden wort:
Aus craft des bevehlichs unsers lieben herrn
Jesu Christi, und durch das vordinst seines heiligen
leidens und sterbens, und nach vormahnung des
lieben S. Pauli wollen wir an gotts stat diesen
armen sunder N.1) von iren begangenen offentlichen
sunden absolviren und loszehlen, und von den
stricken des teufels und des ewigen tods, darein
er2) gefallen, erledigen und losmachen.
Darnach frage er den3) penitenten:
Gleubstu4), das Jesus Christus gotts sohn in
die welt kommen sei, die sunder selig zumachen?
Wan er5) nun, ja, darauf geantwortet, so spreche
er ferner:
Gleubstu6) auch, das Jesus Christus gotts
sohn vor dich7) gelidden habe, und gestorben sei,
uf das du8) durch solch sein leiden und sterben,
vorgebunge dieser deiner9) offentlichen sunden und
missethat, und aller anderer sunden, und darnach
das ewige leben haben mugest10)?
Da er antwortet11), ja,
So frage er dan weiter:
Gleubstu12) auch, das ich und die gemeine
gotts aus diesem bevehl unsers herrn Christi
Jesu, was ihr auf erden losen werdet, soll auch
1) diese armen sunder Jacob und Katharina.
2) sie. 3) die. 4) Gleubt ihr. 5) sie. 6) Gleubt ihr.
7) euch. 8) ir. 9) euer. 10) moget. 11) sie
antworten. 12) Gleubt ihr.
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